90 Gerade — Gerichtsärzte.
gewöhlte Schriften v. G., Stuttg. 1886—38, n. Aufl. 1841. — Aus dem Nachlasse Friedrichs
v. G., 1867. — Mendelssohn= — F. v. G., 1867. — Zischr. f. d. ges. Staats-
rnt“es 1870, Bd. XXVI. S. 65—79. — Glintenstrom. Aus der alten Registratur
der Staatskanzlei, Wien 1870. — Zur Gesch2 . ortent Frage, Briefe aus dem Nachlasse von
v. G., von A. v. Prokesch-Osten, Wien 1877. — Schmidt-Weißenfels, Fr. v. G.,
Prag 1859. — Beer in d. Allg. Deutsch. Ve tr. VIII. 577—593. — Tagebücher aus dem
Nochlasse #arnhaßen's v. Ense, 3geipg. 1873, 1874. v o G. u. d. heut. Politik, v. Nosep)h
Gen#z, Wien 1861. — Ueber die Tagebücher von Fr v. Voobb Gent, Wien 1861. —
Sgoe Ztschr. I 12. XVIII. 182, 184; XXIV. 431. — ournier, G. u. Vel. 1..
Gesch. d. Oesterr. Diplom. in d. J. 1801—1805, Wien 1880. Teichmann.
Gerade (d. i. Geräthe) war im Mittelalter Alles, was nach Landessitte
die Aussteuer eines Mädchens bei der Verheirathung zu bilden pflegte, also weib-
liche Rleidungsstücke, Hausrath und dgl. m. Nach dem Rechte des Sachsenspiegels
und des Magdeburger Stadtrechts wurde das gesammte Mobiliarvermögen der Ehe-
gatten ohne Rücksicht auf die Herkunft der einzelnen Stücke nach den Kategorien
Gerade und Nichtgerade unterschieden: was seiner Natur nach unter den Begriff der
G. fiel, war Eigenthum der Frau, alles Uebrige Eigenthum des Mannes. Während
der Ehe bildete die G. einen wandelbaren Vermögensinbegriff, der erst bei Auflösung
der Ehe eine konkrete Gestalt annahm; bis dahin hatte der Mann freie Verfügung
über die einzelnen Stücke (nur nicht von Todes wegen), nun aber wurde die G.
freies Eigenthum der Frau oder vererbte sich auf ihre Töchter oder die nächste weib-
liche Verwandte. Noch im Mittelalter verlor die G. diese grundlegende Bedeutung
für das Sächsische eheliche Güterrecht und nahm den Charakter eines bloßen Voraus
(Vortheil) bei der Vermögensauseinandersetzung nach Auflösung der Ehe an, und
zwar als Voraus für die Wittwe (Wittwen-G.), oder als besonderer Erbtheil für
die Tochter oder nächste weibliche Verwandte (Niftel, Niftel-G.). In dieser
Gestalt erscheint die G. schon im Mittelalter in zahlreichen Gebieten außerhalb des
Sachsenspiegelrechts, als ein überwiegend erbrechtliches Institut, das deshalb mit
den verschiedensten Systemen des ehelichen Güterrechts vereinbar war. In größerem
oder geringerem Umfange, zuweilen auf das beste Kleid der Frau beschränkt, hat
sich die G. in einer Reihe von Partikularrechten und im Gebiete des Gemeinen
Sachsenrechts bis auf die Gegenwart erhalten. Eigenthümlich war der G. von
jeher, daß sie an eine auswärtige Erbin nur unter der Voraussetzung der Reziprozität
verabfolgt wurde. Dies deutet das Rechtssprüchwort „Gerade geht nicht über die
Brücke“ an; das Preuß. LR. hat diesen Standpunkt festgehalten.
Lit.: K. Schröder, Geschichte d. ehel. Güterrechts in Deutschlands, Th. II. Abth. 3. —
Martitz, Das ehel. Güterrecht des Sachsenspiegels. — Agricola, Die Gewere zu rechter
Vormundschret als Prinzip des Sächs. ehel. Güterrcchis. — Barth Bericht v. d. Gerade. —
Koffmang, Beschreibung der Gerade. — Frkehrbücher des Deutschen Priv. R. — Preuß. LR.
1 §§ 502—539. — Sächs. BGB. § 1 RN. Schröder.
Gerichtsärzte sind ärztliche Techniker, die vom Gericht als solche dauernd
bestellt, oder von in einer Rechtssache Betheiligten ad hoc berufen, vor Gericht eine
sachverständige Aufklärung über für die Thatfrage wesentliche biologische oder thanato-
logische Thatsachen geben.
Die Oualifikation eines Gerichtsarztes umfaßt zunächst die bürgerliche eines
Zeugen, dann den durch Staatsprüfung ausgewiesenen Besitz fachwissenschaftlicher
Kenntnisse. Da die gerichtliche Medizin, wenn gleich angewandte Medizin, in ihrer
praktischen Stellung, Zwecken, Normen und Technik eine Missenschaft für sich ist,
zudem gewisse wissenschaftliche Fächer, z. B. Psychopathologie, nicht obligate
Wissens= und Prüfungsgegenstände für den Heilarzt sind, erscheint nicht jeder prak-
tische Arzt an und für sich schon als Gerichtsarzt befähigt. Die neuere Gesetzgebung
und Praxis strebt deshalb nach besonderer Ausbildung von Aerzten für Zwecke des
Forum (Physikatsprüfung in Deutschland und Oesterreich) und perwendet in erster
Linie solche (Oesterr. StrafP O. § 119, Deutsche StrafPp O. § 73 und CPO. § 369),