946 Okkupation.
4) Die O. von res derelictac, d. h. von solchen Sachen, an welchen der
bisherige Eigenthümer den Besitz absichtlich ausgegeben hatte mit dem Willen, das
Eigenthum aufzugeben. Waren die Sachen nur verloren, also war der Besitz daran
eingebüßt ohne eine hierauf gerichtete Thätigkeit und ohne Aufgabe des Eigenthums,
so erwarb der Okkupant (Finder) kein Eigenthum, sondern höchstens Ersitzungsbesitz,
wenn er nämlich die Sache für derelinquirt hielt und in gutem Glauben war. Be-
hielt er sonst die gefundene Sache, so machte er sich eines furtum schuldig (I. 48
5 4-D. de furtis 47, 2). Auch wenn sich kein Eigenthümer meldete, war ja noch
nicht erwiesen, daß überhaupt keiner vorhanden sei, der Finder wurde lediglich
negotiorum gestor des Eigenthümers.
Abgesehen von einer antiquirten Bestimmung des Codex über O. von unbebauten
steuerpflichtigen Grundstücken, die der Bebauer nach zwei Jahren erwerben sollte, ist
noch zu erwähnen.
5) der Schatz. Dieser ist nach der Definition des Paulus in 1. 31 § 1
D. de A. R. D. 41, 1 eine werthvolle bewegliche Sache, welche so lange verborgen
gewesen, daß der wahre Eigenthümer nicht mehr ermittelt werden kann. An sich
ändert zwar das Moment des Alters das Eigenthumsverhältniß nicht, aber die
Auffindung des Eigenthümers und die Legitimation der Erben wird mit der Zeit
so schwierig, daß es praktisch so ist, als ob die Sache herrenlos wäre. Die Zeit-
bestimmung ist relativ, es kommt nur auf die Unmöglichkeit der Ermittelung des
Eigenthums an. Gleichgültig ist, ob der Schatz absichtlich oder zufällig an seinen
Ort gebracht ist, ob er in einer unbeweglichen oder beweglichen Sache gefunden ist.
Wenn nun Jemand in seiner eigenen Sache oder in loco sacro einen Schatz
findet, so gehört ihm der ganze Schatz. Der in einem locus religiosus (sepulcrum)
gefundene Schatz gehört zur Hälfte dem Finder, zur Hälfte dem Fiskus. Geschah
die Hebung durch Zauberkünste, so fällt er ganz an den Fiskus.
Wer in fremder Sache einen Schatz findet, muß, wenn er absichtlich danach
gesucht hat, Alles dem Eigenthümer der Sache lassen; wenn er ihn zufällig gefunden
hat, so erhält er die Hälfte jure occupationis, der Eigenthümer die andere Hälfte
iure accessionis (dieser hat nicht nur einen Anspruch darauf).
Uebrigens ist, wie Bruns bemerkt, nicht eigentlich eine O. (Besitzergreifung)
erforderlich, sondern nur ein Finden, Entdecken. S. Th. I. S. 386 ff.
Ueber Fossilien s. den Art. Finderrecht.
II. Nach Deutschem Recht ist die O. wesentlich beschränkt dadurch, daß sie viel-
fach Regal ist, d. h. nur dem Staate zusteht, oder dadurch, daß sie doch nur einzelnen
Privaten freisteht. So bei herrenlosen Sachen überhaupt, oder nur bei gewissen, als
gefundenen Sachen, erblosem Gut, Bernstein, Salpetererde, Fossilien (Salz), Schätzen;
ferner die Jagd und die Fischerei.
Bei gefundenen Sachen gilt gemeinrechtlich eine Anzeigepflicht des Finders,
damit nicht eine Fundverhehlung oder der Verdacht einer solchen entstehe. Die
Obrigkeit erläßt sodann eine öffentliche Bekanntmachung. Meldet sich der Verlierer
binnen der bestimmten Frist, so erhält der Finder seine Auslagen (z. B. Fütterungs-
kosten) und bisweilen noch einen Finderlohn (s. d. Art. Finderrecht). Erhebt da-
gegen Niemand einen Anspruch, so erhält entweder die Obrigkeit (der Richter, die Kirche)
oder der Finder die Sache, bzw. nur die Nutzung derselben und nach Ablauf der
Verjährungszeit das Eigenthum. Ersteres wird von Delbrück als gemeinrechtlich
behauptet und auf die O. zurückgeführt („Die Lehre vom Funde ist eine selbständige
Schöpfung des modernen Geistes“); für das Gemeine Recht erscheint mir die letztere
von Gimmerthal vertretene Ansicht richtig. Der Eigenthumserwerb erfolgt im
ersten Falle meines Erachtens kraft Rechtssatzes.
Den Schatz betreffend ist die Bedeutung der bekannten Stelle des Sachsen-
spiegels (I. 35) bestritten, wonach der königlichen Gewalt zugesprochen wird aller
Schatz unter der Erde tiefer, denn ein Pflug geht, ob darunter nämlich thesaurus