956 Oralfideikommiß — Orden.
Dagegen sind die Verhandlungen des Deutschen Reichstages vom 6. März 1878
(Sten. Ber. S. 352 —371, auch als Broschüre gesondert publizirt unter dem Titel:
Die Optantenfrage vor dem Deutschen Reichstag, Berlin 1878) für die staats-
rechtliche Beurtheilung der Frage von Wichtigkeit (speziell die Reden der Abg.
Grad, Nessel und v. Stauffeuberg, sowie besonders des Staatssekretärs
Herzog). Die neuerdings auf Grund Kaiserlicher Ordre niedergesetzte Spezial-
kommission zu Straßburg wird für die praktische Erledigung der einzelnen Kon-
troversen unzweifelhaft ein reiches Material zu Tage fördern, dessen zweckmäßige
Publikation erwünscht wäre.
Lit.: Störk, Option und Plebiscit (1879) (hier auch S. 35 N. 22, Das offizielle
Optionsformular für Elsaßt othringen auf Grund von Art. II. E Frantfurter Friedens-
vertrages vom 10. Mai 1871). — Löning, Die Verwaltung des Generalgouvernements im
Elsaß (1874) S. 197—230. — Lasson, Prinzip und Zukunft ves Völkerrechtes, S. 83.
v. Holtzendorff, Eroberungen und Eroberungsrecht. — Hep Iu droit Toption des
Alsaciens- Lorrains. — Mitscher in Preuß. Jahrbb. Bd. 3 S. 401 ff. — Zeller
ebenda, Bd. 26 S. 627 ff. — Zorn im Neuen Reich, 1881, I. 55—63. Zorn.
Oralfideikommiß (Th. I. S. 460) oder fideic. heredi (onerato) praesenti
injunctum neunt ungenau die neuere Schulsprache das eigenthümliche Rechtsinstitut,
in welchem Justinian das alte formlose Fideikommiß des Augustischen Zeitalters
wiederzubeleben suchte: ein Vermächtniß, spezielles oder universales, welches vom
Erblasser durch formlose aber direkte Mittheilung an den Onerirten diesem auferlegt
worden, und dessen Existenz der angeblich Honorirte, bereit zu vorgängigem Ka-
lumnieneide, dem angeblich Onerirten zur Eideshand verstellt. Voraussetzung ist
also nicht die Behauptung mündlicher, oder in Gegenwart des Onerirten erfolgter
Auflage, sondern die Behauptung 1) der vom Erblasser an den Onerirten selbst,
gleichviel ob mündlich, schriftlich oder wie sonst immer geschehenen Auflage, 2) des
nach Inhalt und Gegenstand bestimmten oder doch bestimmbaren, dem Petenten zu-
gewendeten Vermächtnisses. Die bloße Behauptung der Existenz eines Vermächtnisses
genügt nicht, da die Inhaltsbestimmung weder dem Onerirten zugemuthet, noch vom
Richter ermessen werden kann. Die Verstellung zum Wahrheitseide ist das einzig
zulässige Beweismittel; der Onerirte kann den Eid weder zurückschieben, noch sein
Gewissen mit Beweis vertreten. Schwört er, so ist die Wahrheit seiner Ableugnung
festgestellt, das Vermächtniß nicht vorhanden; weigert er den Eid oder gar die Er-
klärung über das Petitum, so muß er das Verlangte entrichten, soweit es seine
Honorirung nicht übersteigt. — Diese Mißgeburt, obgleich kaum lebensfähig, wurde
vom Gem. Recht zwar rezipirt, und in Doktrin und Praxis verschieden gedeutet, in
Partikularrechten aber vielfach umgebildet, wobei immer einzelne der gemeinrecht-
lichen Mißdeutungen sich forterbten. Das Preuß. LR. kennt ein vom Erblasser
dem gegenwärtigen Erben (oder einem der Miterben) mündlich aufgetragenes, indeß
durch jedes zulässige Mittel beweisbares Vermächtniß, jedoch beschränkt auf den
zwanzigsten Theil der Erbportion bez. des Nachlasses. In Sachsen war die Be-
schränkung auf den Eidesantrag bereits früher gesetzlich beseitigt; das B#B. läßt daher
die Beweisfrage unerwähnt, und verfügt: der Erblasser könne auch ohne alle Form
in Gegenwart seiner Erben oder Vermächtnißnehmer denselben mündlich oder in über-
gebener Schrift Vermächtnisse auflegen; bei Onerirung Mehrerer mit Einem Ver-
mächtnisse genüge schon die Erklärung an einen derselben. Den übrigen neueren
Gesetzbüchern, so dem Oesterr. und dem Code civ., blieb das sog. O. fremd.
Lit. u. Quellen: Arndts in Glück's Komm. Bd. 47 S.341 ff.— Windscheid Lehrb.,
III. § 629. — I. ult. C. 6, 42. — § 12 Unst. 2, 23. — Preußb. Allg. LR. I. 12 §§ 172 ff. —
Zachn BGB. 88 2384 ff. — Bgl. Decis. 11 v. J. 1746. — Mommsen, Sä Enkwur,
rern geistliche (Jesuiten, Brüderschaften, Th. I. S. 669).
I. O. 1) Geschichtliche Uebersicht. Der Drang nach Askese rief zunächst
in Aegypten im vierten Jahrhundert das Mönchsthum hervor. Nachdem es bald