Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Postumi. 105 
fügt entweder die Zurücklegung der Akten unter Benachrichtigung des Angeschuldigten, 
oder erläßt den Strafbescheid, oder giebt endlich die Sache behufs gerichtlicher Ver- 
folgung des Beschuldigten an die Staatsanwaltschaft ab, wenn sie nämlich die 
eidliche Vernehmung von Zeugen für nothwendig hält oder die Schuldfrage als 
zweifelhaft ansieht. Der Strafbescheid ist an diejenigen Erfordernisse nicht gebunden, 
welche der § 459 der StrafP O. aufzählt; es genügt, wenn er neben der festgesetzten 
Strafe die Entscheidungsgründe enthält. Dagegen sollen in ihn ausgenommen werden 
die Belehrung über die dem Angeschuldigten zustehenden Rechtsmittel und über die 
bei einem Rückfalle eintretende Strasschärfung. Er wird dem Beschuldigten durch 
die Postanstalt, welche oder bei welcher die Untersuchung geführt worden, verkündet 
oder zugestellt. 
Als Hintergrund dieses administrativen Verfahrens dient das gerichtliche. So- 
wol die Postbehörde, wie der Beschuldigte können dasselbe anrufen, erstere jedoch 
nur, so lange noch kein Strafbescheid von ihr erlassen worden. Nach vergeblichem 
Verlauf des Submissionsverfahrens ist sie befugt, sowol vor der Einleitung der 
Untersuchung, wie während und nach derselben die Sache zum gerichtlichen Verfahren 
zu verweisen. Gegen einen ablehnenden Beschluß der nunmehr mit der Verfolgung 
des Beschuldigten befaßten Staatsanwaltschaft steht ihr nur das Recht der Beschwerde 
an die dienstvorgesetzten Behörden derselben zu, nicht auch kann sie gemäß § 170 
der StrasP O. auf gerichtliche Entscheidung antragen, noch nach § 464 ibid. nun- 
mehr selbständig Anklage bei dem Gerichte erheben. Auch der Beschuldigte kann 
zu jeder Zeit auf gerichtliches Gehör antragen, war jedoch der Strafbescheid schon 
erlassen, nur innerhalb 10 Tagen nach der Verkündigung oder der Zustellung des- 
selben. Der Antrag ist bei der Postanstalt anzubringen, bei welcher die Unter- 
suchung geführt wird, oder die den Strafbescheid verkündet hat, und gilt als an- 
gebracht, wenn während der Untersuchung der Angeschuldigte einer Ladung der Ver- 
waltungsbehörde nicht folgt oder seine Auslassung vor ihr verweigert. Er hat zur 
Folge, daß ein etwa schon ergangener Strafbescheid als nicht ergangen angesehen 
wird, somit nicht Grundlage des gerichtlichen Verfahrens sein kann. 
Neben diesem Antragsrecht hat der Angeschuldigte gegen einen Strafbescheid 
nach seiner Wahl, aber ohne jus variandi noch das mit dem beneficium no- 
vorum ausgestattete Rechtsmittel des Rekurses an die der Oberpostdirektion vorgesetzte 
Dienstbehörde. Es muß, wie der Antrag innerhalb zehntägiger Präklusivfrist nach 
Zustellung des Bescheides bei einer Postbehörde angemeldet werden. Mit der An- 
meldung kann eine Rechtfertigung verbunden werden: fehlt sie, so setzt die Postanstalt 
dem Beschuldigten eine Frist bis zu vier Wochen, binnen welcher er die Recht- 
fertigung schriftlich einreichen oder bei ihr zu Protokoll erklären soll, ohne daß jedoch 
die Wirkung des Rechtsmittels von ihrem Eingange abhängt. Die Rekursinstanz 
entscheidet, nöthigenfalls nach vorgängiger Beweisaufnahme endgültig durch ein Re- 
solut, welchem ein mündliches Verfahren oder ein Verhandlungstermin nicht voran- 
geht, nur auf Grund der Akten. 
Die Entscheidung der Verwaltungsbehörde darf nur eine Geldstrafe, nicht auch 
eine zu substituirende Freiheitsstrafe aussprechen. Ist ihre verurtheilende Entscheidung 
rechtskräftig geworden, so liegt ihr auch die Pflicht der Strafvollstreckung ob, welche 
sich in Preußen nach der Verordnung vom 7. September 1879, betreffend das Ver- 
waltungszwangsverfahren wegen Beitreibung von Geldbeträgen, zu richten hat. Bei 
fruchtlosem Ausfall derselben hat die Oberpostdirektion durch Vermittlung der Staats- 
anwaltschaft die Umwandlung der Geld= in eine Haftstrafe bei dem Gerichte zu 
beantragen. Meves. 
Postumi. Der Begriff der P., d. i. der Nachgeborenen, hat seine Bedeutung 
im Röm. Erbrecht erlangt (Einfluß aus Widerruflichkeit der Schenkung s. Wind- 
scheid, II. § 367, 22). Früher, als die Frage, ob solche Personen zu Erben ein- 
gesetzt werden könnten, da sie doch personae incertae seien, wird die Frage auf-
	        
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