Postverwaltung. 111
nur wenn er dies nicht thäte, was an sich denkbar wäre, käme das Handels-
recht in Anwendung, wie dies auch der Fall ist, wo jenes Spezialrecht Lücken läßt.
Da aber der Staat kein gewöhnlicher Gewerbetreibender, so hat er hier ein ab-
weichendes Recht aufsgestellt, das theils bevorzugend, indem es der P. gewisse Vor-
rechte einräumt, um den Betrieb rc. zu erleichtern, theils benachtheiligend, indem es
die P. zum Kontrahiren zwingt. In dreifacher Weise ist dies Recht der P. kodi-
fizirt: in Gesetz, in Reglement, in Instruktion; das Gesetz enthält das Allgemeine,
bezeichnet die Peripherie, das Reglement ist für das Publikum, die Instruktion für die
Beamten. 1) Gesetzlich geregelt sind die grundsätzlichen Rechte und Pflichten der
P., der Postzwang, die Haftpflicht, die Pflicht zur Wahrung des Briefgeheimnisses,
der Schutz gegenüber Kontraventionen, die Taxen, die Portofreiheiten, die Vorrechte
der P. gegenüber den Eisenbahnen 2c. Hervorhebenswerth sind von geltenden Reichs-
postgesetzen: Verf.Urk. 4 Nr. 10. 48 ff., Postgesetz und Posttaxges. vom 28. Oktbr.
1871, Posttaxnovelle vom 17. Mai 1873, Portofreiheitsges. vom 5. Juni 1869,
Eisenbahnpostgef. vom 20. Dezember 1875. 2) Die Postordnungen, welche
vom Reichskanzler erlassen werden, enthalten die allgemeinen bei Benutzung der
Postanstalt zu beobachtenden Vorschriften, welche als Bestandtheil des Vertrages
zwischen P. und Publikum gelten (vgl. allgemeine Inhaltsregeln derselben, Postgef.
§ 50): an Stelle der Reglements vom 30. Novbr. 1871 und 18. Dezbr. 1874
ist, besonders zur Herbeiführung möglichster Uebereinstimmung der im internen Ver-
kehr bestehenden Vorschriften mit denen des Weltpostvertrages, die jetzt gültige Post-
ordnung vom 8. März 1879 erlassen worden. 3) Die allgemeine Dienst-
anweisung endlich (A. D. A. f. P. u. T.), welche vom Staatssekretär des Reichs-
postamts gegeben wird, bezieht sich auf die Einzelheiten der eigentlichen P. und
des Betriebes, Vertheilung und Erledigung der Geschäfte 2c. Die erste Preußische
Postdienstanweisung wurde 1854 ausgearbeitet, zahllose Cirkulare, Refkripte 2c. zu
ersetzen, und 1863 neu aufgelegt. Seit den letzten Jahren wird eine neue Dienst-
anweisung, — da viele Einzelheiten sich noch im Flusse befinden, unvermeidlicher-
weise in Bruchstücken, — herausgegeben.
Nach dieser Skizzirung des Bildungsganges der Reichs-P., des rechtlichen
Charakters dieses Verwaltungszweiges wie seiner Normen, haben wir zunächst einen,
selbstredend hier nur flüchtigen, Blick auf die Thätigkeit der P. zu werfen. Der
Umfang dieser Thätigkeit ist in keiner Weise gesetzlich direkt bestimmt; implicite aber
liegt in den verschiedenen Paragraphen der Taxgesetze, Verträge rc. eine Fixirung der
Geschäfte, zu deren Uebernahme die P. verbunden, während man eine direkte Ver-
pflichtung zur Uebernahme des Transportes der dem Postzwange unterworfenen
Gegenstände als Korrelat derselben aufstellen kann. Der Geschäftskreis der Deutschen
P. ist ein sehr umfangreicher: während in den meisten Staaten Beförderung von
Personen und Packeten Privatgefellschaften überlassen, befaßt sich die Reichspost mit
dem Transporte von Gütern (Briefen, Packeten 2c.), Personen und mit der Ver-
mittlung des Geldverkehrs, Postbankgeschäft (Geldauszahlungs= und Geld-
einziehungsgeschäfte). Nach fortwährender Erweiterung des Geschäftskreises befördert
die Deutsche P. jetzt (abgesehen von der Personenpost): Briefe (Einschreibsendungen,
mit Behändigungsschein, durch Eilboten), Postkarten, Zeitungen, Drucksachen, Ge-
schäftspapiere, Waarenproben, Packete mit und ohne Werthangabe, Postanweifungen,
telegraphische Postanweisungen, Postaufträge wie Nachnahmesendungen, welche letztere
am 1. Oktober 1878 an Stelle der viele Nachtheile mit sich führenden und zu
häufigen Betrügereien veranlassenden „Postvorschüsse“ eingeführt wurden (vgl. Amts-
blatt 1878 S. 269; Postarchiv S. 591). In allen diesen Richtungen haben im
letzten Jahrzehnt theils völlige Neugestaltungen, theils erleichternde Bestimmungen,
theils Portoermäßigungen Platz gegriffen: man denke an die Erleichterungen in der
Beförderung von Zeitungsbeilagen, die vielen Vergünstigungen bei Versendung von
Drucksachen (Postarchiv 1880, S. 280; Amtsblatt 1881, S. 125), die Erhöhung