Präterition. 127
tum (nullum) gesetzlicher Erbe wird, eben weil derselbe übergangen ist. Den
Gegensatz solcher Uebergehung bildet also das bloße Gedenken (Gehörig-Nennen)
im Testament, sei es durch Erbeinsetzung, sei es durch Enterbung, wodurch dem
strengen Recht genügt wird. Doch darf die Exheredation (emancipatio mortis causa)
des Haussohnes, ganz analog der erschwerten Emanzipation unter Lebenden, nur
nominatim erfolgen (Titius exheres esto), die von Haustöchtern und Hausenkeln
dagegen inter ceteros (ceteri exheredes sunto). Stillschweigende Uebergehung oder
nichtnamentliche Enterbung (beides ist P.) des Haussohnes hat Nichtigkeit des
Testaments zur Folge, P. der Uebrigen nur, daß diese neben den Eingesetzten Erben
werden, neben suis auf einen Kopftheil, neben extraneis auf die Hälfte. Dazu
gesellte sich später die Rücksicht theils auf solche übergangene Notherben, deren
Existenz dem Testator nicht bewußt gewesen, theils auf den nach der Testaments-
errichtung irgendwie entstandenen suus (postumus), welcher, wenn nicht im Voraus
eingesetzt oder enterbt, das Testament rumpirt. Weiter ging der Prätor; er verhieß
allen Denen, welche die bon. poss. intestati unde liberi haben würden, eine bon.
poss. contra tabulas, d. h. gegen die Testamentsurkunde, wenn jene liberi darin
übergangen oder nicht gehörig enterbt worden, aber mit der Wirkung, daß nur
die Erbeinsetzungen vorläufig verdrängt, dagegen andere Verfügungen, namentlich zu
Gunsten kognatischer Descendenten und Ascendenten, bis zum Betrage eines Kopf-
theils aufrechterhalten werden. Nachdem Justinian noch im Codex die Voraus-
setzung des civilen bzw. prätorischen Notherbrechts in das Erforderniß der Einsetzung
oder namentlichen Enterbung aller sui und postumi bzw. aller liberi umgestaltet
hatte, schritt er später in der Nov. 115 fort zur Verschmelzung des formellen Noth-
erbrechts mit dem Pflichttheilsrecht: Descendenten und Ascendenten haben einen ge-
setzlichen Anspruch nicht blos auf Pflichttheilshinterlassung, sondern schlechthin auf
Erbeinsetzung, welcher Anspruch ihnen nur zur Strafe, und zwar unter Anführung
eines novellengemäßen und wahren Ausschließungsgrundes, sei es durch Uebergehung
sei es durch Enterbung entzogen werden kann.
II. Nunmehr ist P. nicht mehr Verletzung einer unabweislichen Formvorschrift,
sondern gleich der unmotivirten Enterbung: eine unverdiente Kränkung des gesetzlichen
nur aus bestimmtem Grunde entziehbaren Anspruchs auf die Ehre der Erbeinsetzung,
und zwar der Ascendenten wie der Descendenten. Zwar ist das Recht der Nov. 115
von jeher und durchweg bestritten; allein nach richtiger Ansicht war es mit dem
zeitherigen formellen Notherbrecht fortan unvereinbar. Der Uebergangene, gleichwie
der grundlos Enterbte, stellt nach wie vor die hereditatis petitio ab intestato an,
nunmehr aber unter Berufung auf Verletzung jener Novellenvorschrift (antizipirte
Replik). — Auf ganz anderer Grundlage fußt die Fortentwickelung des P.rechts in
den Gesetzgebungen der Neuzeit. Gemäß der antirömischen Auffassung: die Erbfolge
vermittelt nicht persönliche Repräsentation, sondern lediglich Vermögensübergang,
folglich ist auch die Erbeinsetzung keine Ehrensache mehr, sondern Verwirklichung eines
gesetzlichen Anrechts auf materielle Güter, sichern sie den nächsten Angehörigen nur
den Anspruch auf Hinterlassung einer Nachlaßquote (Pflichttheil), nicht aber auf
Erbeinsetzung als solche; was um so unabweislicher war, als der letzte Wille eine
Erbeinsetzung überall nicht mehr erfordert, als gesetzliche und letztwillige Nachfolge
neben einander bestehen können. So brach die an sich morsche Ruine des Justin.
Notherbrechts zusammen. Nur Pflichttheilserbrecht giebt es, bald schlechthin unent-
ziehbares (Code civil), bald nur aus Gründen von beschränkterer Anzahl entziehbares
(Preuß. Allg. LR. und Sächs. BG.). Der Code civil gestattet überall keine
Exheredation, erwähnt auch der P. nicht, sondern giebt, wenn die disponible Portion
überschritten ist, dem héritier légitimaire eine einfache Reduktionsklage (s. d. Art.
Querela inofficiosi).
III. Dagegen kennt mit dem Preuß. Allg. LR. und Oesterr. BGB. das Sächs.
Be. sowol Enterbung als Uebergehung der Pflichttheilsberechtigten, versteht aber