Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Prävention. 129 
bei einem Servitutenstreit, wenn der Eine die actio confessoria, der Andere die 
negatoria anstellt. Hier ist die P. wichtig, weil mit der Entscheidung über diese 
gleichzeitig die bedeutenden Fragen über Beweislast rc. geregelt werden. Das Röm. 
Recht läßt den ersten Anruf die Parteirolle fixiren (I. 13 § 29 D. 5, 1) und spricht 
damit wol indirekt aus, daß das mit der Klage befaßte Gericht zuständig wird und 
bleibt. Das Kan. Recht und die Reichsgesetze knüpfen jedoch diese Wirkungen erst 
an die Insinuation des ersten Dekretes an den Beklagten (Glosse zu C. 59 X. 2, 28; 
RHO. II. 8), dasselbe ist auch der Standpunkt der RPO. 8§ 230, 235 Nr. 1. 
2) Sehr häufig sind mehrere Gerichtsstände des Beklagten vorhanden, unter 
welchen dem Kläger die Wahl zusteht. Hier liegt die Bedeutung der P. in der 
Frage, wie lange der Kläger von der einmal getroffenen Wahl wieder abgehen kann 
oder mit anderen Worten, wann für den Beklagten der Einwand dieser Rechts- 
hängigkeit begründet ist. Die Römischen Vorschriften erwähnen als Zeitpunkt dieser 
P. die Antwort des Beklagten auf die Klage (1. 1 § 3 C. 7, 17; I. 4 §1 C. 2,2, 
welche jedoch nicht glossirt ist). Deswegen wollen Einige die P. erst mit der Litis- 
kontestation eintreten lassen, während Andere mit Recht und gestützt auf Nov. 112 
c. 3; 2. CI. 2, 5, sowie auf die erwähnten Res. schon der Insinuation in der 
gehörigen Form diese Wirkung beilegen. Im Falle mehrerer gleichzeitiger In- 
sinuationen entscheidet das Loos (I. 14 D. 5, 1). — Hier liegt gleichzeitig in der 
P. eine billige Rücksichtnahme auf den Beklagten, auch verhütet sie, daß derselbe 
Rechtsstreit doppelt verhandelt werde. Man hat deshalb in neuerer Zeit insoweit 
den Begriff der P. überhaupt in Abrede gestellt, weil in diesem Falle von einem 
„Zuvorkommen“ nicht die Rede sein kann. 
Doktrinell wurde die P. aus einem doppelten Gesichtspunkte gerechtfertigt. In 
älterer Zeit (Pütter) vindizirte man den Gerichten ein Recht auf P. unter An- 
wendung der Besitzgrundsätze (I. 10 D. 20, 1), was namentlich für die mit der 
Gerichtsbarkeit verbundenen pekuniären Vortheile von Bedeutung war. Dieser Ansicht 
schließt sich in neuerer Zeit noch Linde an, während die heut herrschende Ansicht 
nur für den Beklagten aus der P. das Recht herleitet, vor dem einmal angerufenen 
Gericht auch sein Endurtheil zu erlangen. Praktisch ist dieser Streit deswegen, weil 
nach der ersten Erklärungsweise ein Kompromiß der Parteien über die P. unzulässig 
ist, das andere Gericht auch über die ihm bekannt gewordene Litispendenz von Amts- 
wegen Rücksicht nehmen muß (Präj. des Preuß. OTrib. vom 12. April 1833 — 
Schles. Arch. II. S. 214). 
Von den Partikularrechten befand sich nur die Allg. Ger. Ordn. auf dem Stand- 
punkt der alten Ansicht, während die übrigen der neuen folgten. Die C. 
für das Deutsche Reich fixirt die P. an die Erhebung der Klage, d. h. an die Zu- 
stellung (§§ 230, 235); sie begründet die Einrede der Rechtshängigkeit und wird 
durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt (Motive, 
S. 467). Eine P. kann selbstverständlich nur stattfinden, wenn eine Wahl mehrerer 
Gerichtsstände vorliegt, wie dies nach § 35 gestattet ist. 
II. Im Strasprtz. soll die P. ebenfalls den Gerichtsstand im Fall eines 
Zusammentreffens oder einer Kollision regeln. Dergleichen findet statt, wenn ent- 
weder mehrere Gerichte verschiedener oder desselben Staates die Zuständigkeit für sich 
in Anspruch nehmen, jene, wenn z. B. ein Verbrechen auf der Grenze begangen 
wurde oder während einer Eisenbahnfahrt durch verschiedene Territorien; diese wenn 
gleichzeitig mehrere fkora begründet sein können (del. commiss., deprehensionis, 
domicilit) oder Konnexität vorhanden ist. Schon im Gem. Stras#rz. gilt die P. 
als ein Recht des Gerichts, über welches im Zweifel nicht durch das Loos, sondern 
durch das gemeinsame Obergericht entschieden wurde. Die P. wurde jedoch nur 
durch Handlungen begründet, welche gegen die Person des Beschuldigten, als solchen, 
gerichtet waren, also nicht durch die bloße Feststellung des objektiven Thatbestandes. 
Dies ist auch im Ganzen der Standpunkt der Partikulargesetze, welche sich nur da- 
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon III. 3. Aufl. 9
	        
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