Papstwahl. 7
Organisation des Kollegiums rührt von Sixtus V. (1587): er bestimmte die
Zahl der Kardinäle auf 70 in maximo, darunter 6 Bischöfe (von Ostia, Porto,
Sabina, Tusculum, Albano, Präneste) und 14 Diakonen; Diakone und Priester
sind geweiht auf die Titel Römischer Kirchen (z. B. N. N. cardinalis ad S. Mariam
Majorem). Die Kardinäle werden vom Papst ernannt, herkömmlich unter gewisser
Berücksichtigung der katholischen Mächte; nicht selten erhalten Bischöfe oder Erz-
bischöfe auswärtiger Diöcesen die Kardinalswürde. Die Ernennung kann auch in
petto erfolgen, d. h. der Papst behält sich vor, den Namen des Ernannten zu einer
ihm gut scheinenden Zeit zu publiziren. Die Zeichen der Würde sind der rothe
Hut (cappa magna), Purpurkleider (welche nur die Ordensgeistlichen nicht tragen)
und der Kardinalsring; neu ernannte Kardinäle werden feierlich in einem Konsistorium
eingeführt und empfangen durch die symbolische Ceremonie des Schließens und
Oeffnens des Mundes das Recht, an den Berathungen Theil zu nehmen. Die
Kardinäle führen den Titel Eminenz und haben den Rang Römischer Fürsten. Im
Kollegium sollen ausgezeichnete Doktoren der Rechte und Magistri der Theologie,
vornehmlich aus den Bettelorden, sein. Während der Vakanz des päpstlichen Stuhles
wird die Regierung durch das Kardinalskollegium, und zwar in erster Linie durch
den Kardinalkammerlengo geführt. Doch dürfen während der Vakanz nur die laufen-
den Geschäfte erledigt werden. Daß der Papst aus der Mitte des Kollegiums ge-
wählt werde, ist ein seit Jahrhunderten (seit 1378) feststehendes Herkommen, eine
ausdrückliche Vorschrift dieses Inhaltes besteht jedoch nicht und das offizielle Cere-
moniale Gregor's XV. setzt auch die Möglichkeit einer Wahl extra collegium voraus.
Seit Alexander III. ist Zweidrittelmehrheit der Kardinäle zu einer gültigen P.
nothwendig und ausreichend. Das Recht, an der Wahl theilzunehmen, kann keinem
Kardinal entzogen werden, auch nicht durch die schwersten kirchlichen Censuren.
Martin V. ist der einzige allgemein anerkannte Papst der nicht vom Kardinals-
kollegium, sondern von einem Konzil, dem von Konstanz, erwählt wurde.
Stirbt der Papst während eines ökumenischen Konziles, so steht doch die Neu-
wahl nicht diesem, sondern dem Kardinalskollegium zu; das Konzil ist durch den
Tod des Papstes ipso jure suspendirt, bis der Nachfolger über die Fortsetzung ent-
scheidet. Diese Sätze wurden durch die Const. Cum Romanis Pontificibus Pius' IX.
vom 4. Dezember 1869 dauernd dem Kirchenrecht eingefügt. Kein dritter Faktor
hat ein Recht der Mitwirkung an der P.; ohne Widerspruch statuirte Alexander im
Sinn Pseudoisidor's die „Kanonische Freiheit" der Wahl. So das Kirchenrecht.
Wir begegnen jedoch in späterer Zeit unter dem Namen Exclusiva doch wieder
einer Theilnahme weltlicher Mächte an der Wahl. Die Exclusiva steht in keinem
historischen Zusammenhang mit den staatlichen Rechten der früheren Zeit. Eine
rechtliche Formulirung hat die Exklusiva niemals gefunden, weder durch Gesetz noch
durch ein den Erfordernissen des Gewohnheitsrechtes entsprechendes Herkommen.
Vielmehr besteht dieselbe lediglich in einer gewissen Berücksichtigung der Wünsche
einzelner Staaten, deren Maß jedoch völlig von dem Belieben des Wahlkollegiums
abhängt. Ob die Erklusiva den Staaten oder den monarchischen Staatsoberhäuptern
zustehe, wird bestritten. Die Erklusiva wird zugeschrieben: Oesterreich als dem
Rechtsnachfolger (7) des alten Deutschen Reiches; daß Italien Rechtsnachfolger
Neapels, ist juristisch jedenfalls unbedenklicher als die vorbezeichnete Rechtsnachfolge
Oesterreichs, Italien hat jedoch durch das Garantiegesetz verzichtet; Frankreich und
Spanien; endlich beansprucht Portugal dieselbe. Die Erklusiva kann sich nur auf
einen einzigen Kardinal beziehen. Dieselbe wurde im Laufe der Zeiten vom Wahl-
körper wiederholt berücksichtigt (so Oesterreichs 1828, Spaniens 1830), zu anderen
Zeiten mißachtet (so die Spanische unter Carl V. und Philipp II.). Daß eine gegen
die eingelegte Exklusiva vollzogene P. rechtlich vollkommen gültig, ist unzweifelhaft.
Die Exklusiva dürfte sich im Zusammenhang mit dem nachreformatorischen Staats-
kirchenthum entwickelt haben: ihre prinzipielle Voraussetzung wäre alsdann der staats-