Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Preßpolizei. 141 
Ges. vom 26. Dezember 1865) oder Unterhaltungslektüre enthalten. — Mit der 
Besteuerung der Preßgewerbe hat der Spielkartenstempel schon darum nichts 
zu thun, weil Spielkarten nicht als Druckschriften im Sinne des Preßges. betrachtet 
werden können (vgl. übrigens auch Reichsges. betr. den Spielkartenstempel vom 
3. Juli 1878). 
b) In Bezug auf eine andere finanzielle Belastung der P. hat die Reichsgesetz- 
gebung den Muth nicht gehabt ihre Aufhebung zu dekretiren. Es sind die Frei- 
exemplare, die (regelmäßig von dem Verleger) an Behörden und Bibliotheken 
abgeliefert werden müssen. Sie erscheinen lediglich als eine billige Bereicherung 
gewisser Büchersammlungen, die überdieß nur zum Theil der Benutzung durch das 
Publikum offen stehen. Für diese Art der Bereicherung von Bibliotheken spricht 
nur ihre Billigkeit, gegen sie, ganz abgesehen davon, daß sie der Staatsgewalt wenig 
würdig ist, die schwere Last, die sie gewissen P. aufbürdet (im Jahre 1874 haben 
die einzelnen Oesterr. Verlagshandlungen je 300—1500 Gulden in Freiexemplaren 
abgeliefert). 
Bei der Berathung des ReichsP. konnte man sich über die Beseitigung der 
Freiexemplare nicht einigen; die Klagen der Deutschen Buchhändler hatten zwar lautes 
Echo im Deutschen Parlamente gefunden, aber andererseits betonte man die Interessen 
der akademischen Institute und wies auf den unersetzlichen Werth hin, den voll- 
ständige Sammlungen aller im Lande erschienenen literarischen Erzeugnisse für die 
künftige Geschichtschreibung hätten. Da eine Versöhnung der Gegensätze nicht zu 
erzielen war, beschloß man, die Landesgesetze in Hraft zu lassen, soweit diese die 
Abgabe von Freiexemplaren an Bibliotheken und öffentliche Sammlungen anordnen. 
Von den einzelnen Deutschen Staaten hatten das Königreich Sachsen, Sachsen-Weimar, 
die Sächsischen Herzogthümer, Baden, Oldenburg, Reuß, Braunschweig, Bremen, 
Lippe-Detmold auf die Abgabe schon vor 1874 verzichtet; die übrigen Staaten 
halten an derselben fest (vgl. Zusammenstellung von Bertram im Börsenblatt für 
den Deutschen Buchhandel vom 6. April 1870, Nr. 78). 
Nach Oesterr. Recht (Preßges. § 18) müssen von allen zum Verkaufe bestimmten 
Druckschriften, welche im Inlande verlegt oder gedruckt werden, und nicht lediglich 
den Bedürfnissen des Gewerbes und Verkehrs oder des häuslichen und geselligen 
Lebens gewidmet sind, vier bez. (bei periodischen Druckschriften) fünf Freiexemplare 
an bestimmte Behörden und Bibliotheken abgeliefert werden. Bei Druckschriften 
von besonders kostspieliger Ausstattung werden die wirklich bezogenen Exemplare mit 
50 % des ursprünglichen Pränumerations= oder Ladenpreises, aber nur auf Ver- 
langen der Partei vergütet. Für die Ablieferung haftet zunächst der Verleger, der 
Drucker aber bei jenen Druckschriften, bei welchen ein Verleger nicht oder fälschlich 
genannt ist. oder welche im Auslande verlegt werden. 
Lit.: S. zu Art. zegese gebung. — Val. die Art. Herausgeber. K 
polär, Prefßstrafre „Redakteur. 
Preßpolizei. I. P. ist der Inbegriff jener Rechtsregeln, durch welche dem 
Mißbrauche der Preßfreiheit vorbeugend entgegengewirkt und die künftige strafrechtliche 
Verfolgung etwa begangener Preßdelikte gesichert werden soll. Zahl und Charakter 
dieser Rechtsregeln wechselt nach der mehr oder weniger polizeilichen Tendenz der 
Gesammtgesetzgebung. Unmittelbares Objekt der P. sind die Druckschriften, als 
die Mittel zur Begehung von Preßdelikten; unter ihnen nimmt die periodische 
Presse auch durch die Zahl der ausschließlich an sie gerichteten Normen die erste 
Stelle ein. Durch die Uebertretung der preßpolizeilichen Anordnungen entstehen die 
P.delikte (auch unpassend „eigentliche Preßdelikte“ genannt), die von den durch 
den Mißbrauch der Preßfreiheit begangenen Preßdelikten („uneigentliche Preßdelikte“; 
die außerdeutsche Literatur gebraucht viel richtiger die entgegengesetzten Bezeichnungen) 
wesentlich verschieden sind (s. d. Art. Preßstrafrecht).
	        
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