Prioritätsaktien. 161
Ausgabe gleichberechtigter Aktien verbot sich durch den niedrigen Kurs. Man hätte
sofort zur Anleihe schreiten können, man gelangte aber dahin erst auf einem unklaren
Umwege. Das Grundkapital wurde erhöht und über den betreffenden Betrag er-
folgte die Ausgabe von P. auf den Inhaber (Preuß. Ges. Samml. 1840 S. 376).
Diese P. erhielten einen festen Zins, nahmen an Dividende keinen Theil, gewährten
kein Stimmrecht in den Generalversammlungen, wurden zur Rückzahlung amortisirt,
und mußten zum Nennwerth unter gewissen Voraussetzungen sofort zurückgezahlt
werden. Wegen der Zinsen und des Kapitals wurde ein Vorzugsrecht vor dem
„Grundaktienkapital“ zugesichert. Das Pikkapital lediglich als eine Anleihe anzusehen,
ist dadurch verschränkt, daß ausdrücklich das Grundkapital erhöht ward, und daß
die Inhaber der P. als Mitglieder der Gesellschaft bezeichnet sind. Bei einem Kon-
kurse würden also die P. den Gläubigern nachgestanden haben, wonächst ihnen das
Vorrecht vor den Stammaktien blieb. Es findet sich die Gegenüberstellung von P.
und Dividendenaktien (Preuß. Ges. Samml. 1842 S. 77) bis von „so genannten“
P. die Rede ist (Preuß. Ges. Samml. 1843 S. 17; 1844 S. 61). Gleichzeitig
vollzieht sich der Uebergang zur Anleihe, es werden über den Anleihebetrag verzins-
liche Eisenbahnobligationen auf den Inhaber ausgestellt (Preuß. Ges. Samml. 1843
S. 96). Mit 1845 verschwinden die P. und in Zusammenziehung von P. und
Eisenbahnobligationen werden über die Anleihe Prioritätsobligationen ausgestellt
(Preuß. Ges. Samml. 1845 S. 572). Die Bezeichnung als Mitglieder der Gesell-
schaft, die Erwähnung, daß eine Theilnahme an der Dividende nicht zustehe, ist
nicht mehr vorfindlich, die Inhaber der Prioritätsobligationen werden ausdrücklich
als Gläubiger der Gesellschaft bezeichnet; dagegen wird bis in die neueste Zeit fort-
geführt die Zusicherung, daß dieselben ein unbedingtes Vorzugsrecht vor den Stamm-
aktien und den dazu gehörigen Dividendenscheinen haben (Preuß. Ges. Samml. 1870).
Auf dieses selbstverständliche Vorzugsrecht beschränkt sich zunächst die Priorität. Gegen
fernere Anleihen ist dann häufig ausbedungen, daß die Priorität auch diesen gegen-
über zustehen soll (Preuß. Ges. Samml. 1872 S. 606), was dann später durch den
Vermerk „vorbehaltlich der Vorzugsrechte der bereits früher für das Unternehmen
emittirten Prioritätsobligationen“ erfüllt ist. Für den Konkursfall stellt sich die
Sache dahin, daß sämmtliche Prioritätsobligationen mit den übrigen nicht bevor-
rechteten Gläubigern in gleichen Rechten stehen, daß aber die späteren Emissionen
der Prioritätsobligationen ihre Perzipienden an die früheren bis zu deren voller
Befriedigung abzutreten haben. Für eine Anzahl Prioritätsobligationen ist die
Zusicherung gemacht: „Zur Sicherheit für Kapital und Zinsen wird den Inhabern
der Obligationen das gesammte unbewegliche Vermögen der Gesellschaft verpfändet“
(Preuß. Ges. Samml. 1856 S. 766; 1870 S. 575). Hierdurch ist einstweilen nur
ein Pfandrecht versprochen, welches erst durch Eintragung in das Grundbuch ver-
wirklicht wird. Die Bildung eines einzigen Grundbuchblattes für den gesammten
Bahnkörper ist durch §§ 2, 25 der Preuß. Grundbuchordn. vom 5. Mai 1872
ermöglicht. Eine solche hat bisher ebensowenig wie eine Eintragung der Anleihe
überhaupt stattgetunden. (Vgl. das Oesterr. Gesetz vom 24. April 1874, betr. die
gemeinsame Vertretung der Rechte der Besitzer von auf Inhaber lautenden oder
durch Indossament übertragbaren Schuldverschreibungen und die bücherliche Be-
handlung der für solche Theilschuldverschreibungen eingeräumten Hypothekarrechte;
Oesterr. R.G.Bl. 1874, XV. S. 95; Zeitschr. f. d. ges. Handelsr. XX. 509 und
das Gesetz vom 19. Mai 1874, betr. die Anlegung von Eisenbahnbüchern, die
Wirkung der von einer Eisenbahn eingeräumten Hypothekarrechte und der bücher-
lichen Sicherung der Pfandrechte der Besitzer von Eisenbahnprioritätsobligationen;
Oesterr. R.G.Bl. 1874, XXIII. S. 163; Instrukt. dazu XXX. 275 ff.; Zeitschr.
f. d. ges. Handelsrecht XX. 509 [Ausgaben von Kaserer, Wien, Alfred
Hölderl Das Schweizerische Bundesgesetz vom 24. Juni 1874 über die Ver-
pfändung der Eisenbahnen auf dem Gebiete der Schweizerischen Eidgenoffenschaft sieht
v. Holtzendorff, Ene. II. Rechtslexikon II. 3. Aufl.