Privatverzeihung — Privilegien. 185
Zu III.: Motive zur StrafPO. S. 222—240, Anlage 4 zu den Motiven (Hahn,
S. 422 ff.). — Kommentare von v. Schwarze, S. 313—323, 560—580; Löwe, 511
bis 518, 833—846; A. Keller, S. 160—176, 455— 482; Voitus, S. 711— 217, 428 bis
446; Dalcke, S. 114—116, 254— 266; E. v. Bomhard ud W. Koller, S. 122—125,
2½. 323. — 27 dei Ntrasrz. Z. Aufl. 1880), S. 89 ff., 264 ff. — Puchelt,
S. 685 ff “es 3 Handbuch n½ Straf#rz., I. 450, 457. —
PvP 3# 5 S 355 — Geyer, Lehrbuch des gemeinen Deutschen Strafprozeß=
rechts, S. — Freudenstein, Das System des Aechts der Ehrenkränkungen,
S. 138 ff. — anke: Das Strafverfahren (2. Aufl. 1330,5 178 ff. — v. Schwarze,
Erörterung prakt. wichtiger Materien I. Heft (Leipz. 1880), S 20 ff.; Derselbe im Gerichts-
saal XXXI. (1879) S. 335. — Scherer, ebenda, S. 69 ff., 336 ff. — Menzel, Die Privat-
klage nach dem MiSaesfashrrgeloiche 1880. Glaser.
Privatverzeihung, s. Verzicht im strafrechtlichen Sinne.
Privilegien heißen die durch einen Akt der Staatsgewalt unter Abweichung
von allgemeinen Rechtsregeln begründeten Rechte bestimmter Individuen dem Staat
oder anderen Staatsbürgern gegenüber. Die Grundlage eines jeden Privilegs ist
ein gesetzgeberischer Akt, lex specialis, privilegium im objektiven Sinn. Wie solcher
Akt rechtswirksam zu Stande kommt, ist eine Frage des öffentlichen Rechts. Die
Verleihung eines einzelnen Privilegs kann unmittelbar durch Gesetz bewirkt werden;
es kann aber auch öffentliches Recht des Staats sein, daß auf Grund eines Gesetzes
nach gewissen Richtungen hin die Verleihung von Sonderrechten anderen als den
gesetzgeberischen Organen anvertraut ist. Gemeinrechtlich wird der unvordenklichen
Zeit auch bei P. die Bedeutung beigelegt, daß dadurch der Nachweis rechtlicher Ent-
stehung ersetzt wird. Als wirkliches durch die Staatsgewalt begründetes Recht
steht das Privileg im Gegensatz zu jederzeit widerruflichen Konzessionen. Die Ver-
fassungsurkunden der einzelnen Deutschen Staaten erkennen es zum Theil ausdrück-
lich an, daß neue P. wenigstens insoweit, als sie Beschränkungen der Freiheit oder
des Eigenthums enthalten, nur im Wege der Gesetzgebung, also unter Zustimmung
der Landesvertretung oder auf Grund von Gesetzen, welche die Gewährung regeln,
bewilligt werden dürfen. Allerdings hat die Entwickelung des Staatsrechts die Er-
theilung vieler P. zur Verwaltungssache gemacht, dies gilt in den meisten Deutschen
Staaten von der Verleihung von Korporationsrechten, Genehmigung der Ausgabe
von Inhaberpapieren, sofern es dazu einer Ermächtigung bedarf, Genehmigung der
Eisenbahnunternehmungen. Reichsgesetzlich ist die Dispensation von gewissen Ehe-
hindernissen und vom Aufgebot den Landesregierungen zugewiesen.
Die Eintheilungen der P. in konventionelle und nicht konventionelle, privilegia
onerosa und gratuita, beziehen sich nicht auf den juristischen Entstehungsgrund,
sondern auf den Anlaß, der die rechtliche Entstehung herbeigeführt hat. Dieser An-
laß kann, je nachdem er sich als ein Vertrag mit oder ohne Gegenleistung auffassen
läßt, die Interpretation der Verleihungsakte selbst verschieden beeinflussen. — Affir-
mative P. im Gegensatz von negativen erzeugen die Befugniß etwas wirksam zu
thun, was sonst nicht erlaubt oder unwirksam ist. Hierhin gehören verliehene
Hoheitsrechte, Patente, Monopole, während als hauptsächliche Arten negativer P.
Immunität von Steuern und die Exemtion vom ordentlichen Gerichtsstand, vom
Pfarrzwang und von gewissen Rechtsregeln, z. B. des ehelichen Güterrechts, zu nennen
sind. — Ein anderer Gegensatz ist der von privilegia personalia und realia, je nach-
dem das Sonderrecht einem bestimmten Individuum oder dem Besitzer einer be-
stimmten Sache zusteht; man spricht daneben auch noch von privilegiis mixtis, die
bestimmten Personen als Besitzern einer Sache zustehen, z. B. die Steuerfreiheit der
Kirchengrundstücke. Privilegia personae und causae sind eine nur für den Konkurs
erhebliche, jetzt nicht mehr praktische Unterscheidung der privilegia exigendi, je nachdem
dieselben lediglich auf der Person des Berechtigten oder auf der Natur der Forderung be-
ruhen und also im letzteren Fall auch mit dem Forderungsrecht übertragen werden können.
Die auf P. beruhenden Sonderrechte können in derselben Weise wie andere
Rechte untergehen. Es kann auch an und für sich nicht als eine Besonderheit der