Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

188 Prodominium. 
setzt, welche von da ab in die Verwaltung der Agnaten kamen (Ulp. XII. 2, 3). 
Die Entmündigungsformel (ob eam rem tibi ea re commercioque interdico) bei 
Paul. Sent. III. 4a § 7. Dabei war nicht sowol der Schutz des Verschwenders, 
als die Zusammenhaltung des Familienvermögens beabsichtigt. Später wurde nach 
Analogie des Geisteskranken überhaupt jeder, der sein Vermögen, gleichviel wie er 
es erworben (nicht blos die Zinfen desselben), durch unzeitgemäße und übertriebene 
Ausgaben verschleuderte und verthat (I. 1 pr. D. de cur. fur. 27, 10), vom Prätor 
entmündigt und ihm ein nach freiem Ermessen erwählter Kurator bestellt. Bestimmter 
sind die Voraussetzungen der P. auch im Gem. Recht nicht festgestellt. Festzuhalten 
ist jedenfalls, daß die Analogie des Wahnsinnigen auf das Erforderniß einer geistigen 
Schwäche, welche „die Sorge für die Zukunft dem Eindruck des Augenblicks opfert“, 
hinweist (Sintenis, Gem. Civilrecht, III. § 155 A. 16). Leichter nimmt es mit 
den Voraussetzungen § 30 des Allg.LR. I. 1. Der Entmündigungsbeschluß tritt schon 
mit der Zustellung an den Entmündigten, nicht erst mit der Veröffentlichung in 
Kraft (RCPO. 8§8 623, 627). Die Wirkungen der P. bestehen nach Gem. und 
Preuß. Recht im Wesentlichen darin, daß der Entmündigte für Rechtsgeschäfte nur 
noch die Handlungsfähigkeit des impubes infantia maior hat. Er erhält einen Vor- 
mund, und seine Veräußerungs= und Verpflichtungsgeschäfte sind nur bei Zustimmung 
desselben bzw. des Obervormundschaftsgerichts wirksam (I. 6 D. d. V. 0. 45, 1; 
1. 10 pr. D. de cur. fur. 27, 10; § 31 Allg. LR. I. 1). Auch zur Errichtung 
eines Testaments und zur Betheiligung als Zeuge bei einem solchen ist er unfähig 
(I. 18 pr. D. qui test. 28, 1; nach § 27 Allg. LR. I. 12 freilich nur beschränkt). 
Ebenso ist er von der selbständigen Prozeßführung ausgeschlossen (Entscheid. des 
RO . Bd. 14 S. 353); ja nach § 256 Allg. LR. II. 2 verliert er sogar die väter- 
liche Gewalt. Im Uebrigen bleibt er fähig, Erwerbsakte und andere als vermögens- 
rechtliche Geschäfte, z. B. eine Eheschließung, vorzunehmen (§§ 29, 39 des RGef. vom 
6. Febr. 1875, wodurch landesgesetzliche Abweichungen beseitigt sind). Auch durch 
Delikte, z. B. betrügliche Vorspiegelung, daß er selbständig sei, macht er sich haftbar. 
P. durch privaten Vertrag ist unwirksam (Seuffert, Arch. XV. 136; XVIII. 125). 
Lit- Ubbelohde in Grünhut' 3 Ztschr. IV. S. 671— 666. — Windscheid, Lehr- 
buch, 1 8 71 Nr. 5; II. § 446 A. 4. — Dernburg, Lehrbuch, I. 8 76. Eck. 
Prodominium. Die Ausübung der in der Lehnsherrlichkeit enthaltenen 
Rechte kann geschehen durch den Lehnsherrn selbst, durch einen Bevollmächtigten, 
dessen Stellung nach den civilrechtlichen Grundsätzen vom Mandat zu beurtheilen 
ist, und in den geeigneten Fällen durch einen Prodominus: — einen Vertreter, 
welcher die Befugnisse des Lehnsherrn, ohne von diesem beauftragt zu sein, kraft 
eigenen Rechts auszuüben berufen ist. Dieses Recht gründet sich auf Gesetz, nament- 
lich Verfassungsgesetze, Herkommen, Familienverträge oder sonstige autonomische An- 
ordnungen, und dadurch wird zugleich der Umfang der Befugnisse des Prodominus 
bestimmt: im Allgemeinen übt er alle Rechte des Lehnsherrn. Das P. findet sich 
nur bei Lehen, in Beziehung auf welche die Lehnsherrlichkeit einer juristischen Person 
oder einer Mehrheit von Berechtigten zusteht. Vom sog. prod. simplex insbesondere 
ist in drei Fällen die Rede: bei Lehen eines geistlichen Instituts steht es den 
Prälaten, bei denen der Städte den Magistraten, bei solchen, die sich im Miteigen- 
thum aller Mitglieder einer Familie befinden, einem durch Verträge, Hausgesetze 
oder Observanz bestimmten Repräsentanten, meist wol dem Senior zu. Ist ein 
Lehn an Kammergütern bestellt, so ist der Landesherr, dem in Ermangelung 
abweichender Rechtsbestimmungen das Eigenthum an denselben zusteht, Lehnsherr 
und nicht Prodominus; in Beziehung auf Lehen aus eigentlichem Staatsgute 
dagegen soll der Landesherr nach der Ansicht der meisten Schriftsteller nur ein prod. 
sublime und nicht die Lehnsherrlichkeit selbst haben, obwol auch für die entgegen- 
stehende Ansicht mancherlei Gründe angeführt werden könnten. Die ganze, früher
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.