194 Propst — Prostitution.
niederdeutsch hr, haur, nicht blos erwerben durch Miethe, sondern erwerben, ge-
winnen überhaupt auch durch Kauf bedeutet; s. Grimm, Gramm., I. 532 und
Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, I. 157. Die richtige Auffassung als
Hoffnungskauf s. Bender, §5 99; vgl. Endemann und Thöl, a. a. O.
Lit.: Bender, Verkehr mit Staatspapieren, §§96—99. — Brinkmann, H.R., § 51.—
Thöl, H.R., 6. Aufl. 1879, §§ 308, 103. — Endemann, H.N., § 122. — Wolff in
Zeitschr. für H. R. Bd. XI. S. 297. — Ueber Aktienpromessenscheine s. v. HKahn, Komment.
am 2. Aufl., S. 545, 592. — Strey, Das Deutsche Handelsgese chafterecht, 1873,
. . areis.
Propfst (praepositus), im weiteren Sinne soviel wie Vorgesetzter, hieß ursprünglich
der dem obersten Leiter eines Klosters untergebene Vorsteher einer einzelnen Zelle, bei
den Benediktinermönchen der nächste Obere des Klosters nach dem Abt. In Folge
der Ausbildung der Dom= und Kollegiatstiftsverfassung und der dabei stattgehabten
Herübernahme von klösterlichen Einrichtungen kommt der praepositus oder P. auch
noch bis auf den heutigen Tag in den einzelnen Kapiteln vor. Er ist in der
Regel der erste Würdenträger und Vorsteher in demselben, hat also gewöhnlich die
erste Dignität inne. Im Mittelalter war meistens die Stelle des Archidiakonus an
der bischöflichen Kirche mit der des P. verbunden und so erlangte derselbe eine
große Bedeutung für die Verwaltung sowol der Temporalien des Stiftes, wie auch
der bischöflichen Jurisdiktion überhaupt, welche ihm neben der Vorstandschaft im
Kapitel zukam. Mit der Bedeutungslosigkeit des Archidiakonats ist ihm heute nur
die letztere, sowie ein gewisser Kreis von Rechten innerhalb des Kapitels geblieben,
welcher freilich in den einzelnen Statuten verschieden bestimmt ist. — In der evan-
gelischen Kirche kommt der Ausdruck P. gleichfalls noch in den wenigen vorhandenen
Domkirchen vor, ferner aber auch für die Beamten, welche die Aufsicht über die sog.
evangelischen Klöster, d. h. Fräuleinstifter führen, so in Holstein, endlich aber auch
in einzelnen Provinzen (z. B. Schleswig und Holstein) für die Superintendenten. —
In beiden Kirchen dient er ferner zur Bezeichnung der höheren, an der Spitze der
Militärseelsorge stehenden Geistlichen (so in Preußen, wo der evangelische Feldpropst
die Stellung eines Generalsuperintendenten inne hat). Endlich führen in beiden Kirchen
auch Geistliche, welche an bedeutenden Kirchen angestellt sind, so in Berlin die ersten
Geistlichen an der Nikolai= und Petrikirche, der katholische Pfarrer an St. Hedwig,
welcher zugleich Subdelegat des Bischofs von Breslau ist, den Titel: P.
Lit.: P. Hinschius, Kirchenrecht, II. 88 ff., 114 ff., 317. P. Hinschius.
Prostitution. Mit diesem, wol am richtigsten von pro und statuere (sich
darbieten, hingeben) abzuleitenden Worte bezeichnet man die gewerbsmäßige Hingabe
meist weiblicher Personen zur Befriedigung geschlechtlicher Triebe, — ein soziales
Uebel, welches bei allen Völkern und zu allen Zeiten genau so lange bestanden hat,
wie es Ansammlungen von Menschen in größerer Anzahl an gemeinsamen Wohn-
orten gab. Schon im Alten Testamente (Genesf. XXXIV. 31, Ezech. XVI. 24
u. folg.) findet ihr Bestehen ausführliche Erwähnung, und welche einflußreiche Rolle
die P. im gesellschaftlichen Leben der Griechen und Römer gespielt, ist hinlänglich
bekannt.
Iml christlichen Mittelalter galt besonders dem Deutschen Bürgerthum die
reine züchtige Ehe als Grundpfeiler der Gesellschaft; jedoch erkannte man dem Natur-
drange seine Berechtigung auch außer der Ehe nicht ganz ab, stellte sogar die Per-
sonen, welche sich zur Befriedigung jenes Dranges hingaben, unter öffentlichen Schutz
und wies ihnen bestimmte Häuser, bestimmte Straßen, ja bestimmte Trachten an.
Die herrschende Auffassung unterlag jedoch im Laufe der Zeit manchen Wandelungen,
die man am Beifpiele der jetzigen Deutschen Reichshauptstadt anschaulich verfolgen
kann. In Berlin bestanden nachweislich seit dem 15. Jahrhundert privilegirte, eine
besondere Abgabe zahlende, Freudenhäuser, sowie auch „fahrende Weiber"“ die Er-