Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Parochiallasten. 15 
4) Im Königreich Sachsen, sowie in Oldenburg und Sachsen-Weimar 
haben die Parochianen einzutreten, wenn die Kirchenfabrik nicht zureicht; ebenso in 
Kurhessen. 
5) In Baden leisten die Gemeinden Hand= und Spanndienste, haben ferner 
Thurm, Glocken, Orgel, Seitenaltäre und Kirchenornat zu bestreiten, eventuell auch 
noch mehr, falls die Kirchenfabrik unfähig ist (Richter-Dove, § 319 N. 23 sub V). 
6) Im Gebiete des Französischen Rechtes ist die Unterhaltung der Pfarr- 
gebäude primär Sache der Civilgemeinde (so nach der Deutschen Praxis, anders 
die Französische. Vgl. hierüber die Arbeiten von Hüffer, die gesammte Literatur 
ist citirt bei Schulte, § 182° und Walter, S. 608 21. Ueber die Entstehungs- 
geschichte dieses Rechtssatzes s. die Motive zu dem Preuß. Gesetz vom 14. März 
1880 in Dove und Friedberg, Zeitschr. für Kirchenrecht, XV. S. 388. Hier 
sind auch die einschlägigen Französischen Gesetze seit 1789 mitgetheilt.) Bezüglich der 
Kirchengebäude ist die Civilgemeinde sekundär, die Kirchenfabrik primär verpflichtet 
(Französ. Dekrete v. 30. Dez. 1809 u. 14. Febr. 1810). Der protestantische Kultus 
war durch Gesetz v. 5. Mai 1806 ausdrücklich dem katholischen gleichgestellt worden. 
Nach dem Gesetz vom 14. März 1845 (s. hierüber Zeitschr. a. a. O. 393 ff.) 
sind in den linksrheinischen Theilen der Preuß. Rheinprovinz bei außerordentlichen 
Bedürfnissen an dritter Stelle auch die Kirchengemeinden verpflichtet. Jetzt ist aber 
maßgebend das Gesetz vom 14. März 1880, das von hoher prinzipieller Bedeutung 
ist (die Motive zu diesem Gesetz s. Zeitschr. für Kirchenrecht, XV. 385—403). 
Durch dasselbe ist die Verpflichtung der Civilgemeinden zur Bestreitung der 
kirchlichen Bedürfnisse endlich den heutigen Staatsprinzipien gemäß aufgehoben und 
denselben nur mit staatlicher Genehmigung gestattet, den Kirchengemeinden Zu- 
wendungen aus ihrem Vermögen für kirchliche Zwecke zu machen. Nur soweit die 
Pflicht der Civilgemeinden auf privatrechtlichen Titeln beruht, ist sie prinzipiell 
aufrecht erhalten worden. Die Kirchengemeinden haben ihre Bedürfnisse künftighin 
selbst zu bestreiten; alle Kirchen= und Pfarrgebäude gehen aber aus dem Eigenthum 
der bürgerlichen in das der Kirchengemeinden über, nicht aber freie Plätze, welche 
jene umgeben, Begräbnißplätze und Pfarrgebäude, die diesem Zweck nur sekundär 
dienen. Was GCivilgemeinden für Pfarrwohnung an Geld= oder Naturalbeiträgen 
bisher leisteten, bleibt unberührt. Forensen sind zu den Kirchenlasten nicht beitrags- 
pflichtig. Die aufrecht erhaltenen Pflichten der Civilgemeinden können von diesen 
letzteren nach sechsmonatlicher Kündigung mit dem 25fachen Betrag der Jahres- 
leistung abgelöst werden; verlangt die Kirchengemeinde diese Ablösung, so muß die 
Civilgemeinde hierauf eingehen, braucht aber dann nur mit 22 zu kapitalisiren. 
Die Ablösungssumme darf in vier Jahresraten, von denen jedoch keine unter 
300 Mark beträgt, abgezahlt werden. Streitigkeiten sind im verwaltungsgericht- 
lichen Verfahren auszutragen. 
7) Ueber partikularrechtliche Bildungen im Gebiete des Allg. Preuß. LR. vgl. 
Schulte, S. 58663 und besonders Jacobson, § 176. 
8) Ueber die Rechtsverhältnisse in den neuen Preuß. Provinzen vol. 
Richter-Dove, § 319 23, S. 1160. 
9) Ueber die sehr komplizirten und partikulär sehr verschiedenen Rechtsverhältnisse 
in Oesterreich s. die Nachweisungen ebenda S. 1157 ff.; Schulte, S. 579. 
III. Die wichtigste P. bilden heute die Kirchensteuern (s. darüber diesen Art.). 
Rechtsquellen ad II.: Trid. Sess. XXlI. c. 7 de ref. — Allg. Preuß. LR. Th. II. 
Tit. 11 §§ 699—760. — Für Rheinpreußen: Gesetz vom 14. März 185 (G. S. 163), jetzt in 
der Hauptsach- ersetzt durch Gesetz vom 14. März 1880 (G.S. 225). 
Lit.: Eichhorn, Kirchenrecht, II. 205, 803. — Mezjer, Kirchenrecht, §§ 156, *“ — 
Schulte, Lehrk. d. Kirchenrechts, § 192. — Richter-Dove, Kirchenrecht, * 3 — 
Walter, Kirchenrecht, 88 266, 271, 272. — Permaneder, Kirchenrecht, 88 beul # 
Derselbe, Kirchl. Baulast, 2. Aufl. München 1856, bef. 8 24. — Ueber Preußen: 
Jacobson, Kirchenrecht, §§ 96, 97. — Ueber Bayern: Silbernagel, Kirchenrecht, 88 107,
	        
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