Prozeßbetrieb. 213
forderungen dieselbe Klage gegeben wurde. Es bestand hierbei nur der Unterschied,
daß der Mäkler nur dann das P. verlangen konnte, wenn das durch ihn vermittelte
Geschäft zu Stande gekommen war, während die Bemühungen des Arztes, Lehrers
und Advokaten Erfolg nicht gehabt zu haben brauchten.
Diese Grundsätze sind im Wesentlichen unverändert in dem Gem. Recht beibehalten
worden. Bestritten ist, von wem der Mäkler das P. fordern dürfe, ob von beiden
Theilen oder ob nur von seinem Auftraggeber; jedenfalls ist es unzulässig, sich das
P. von beiden versprechen zu lassen, weil ja die beiderseitigen Interessen kollidiren,
der Mäkler also nicht beiden gegenüber mit der Treue verfahren könnte, welche bei
gegenseitigen Kontraktsverhältnissen regelmäßig vorausgesetzt wird. Die Höhe des
P. bestimmt der Richter; dabei wird weniger der Umfang der geleisteten Dienste,
als die Höhe des Objekts maßgebend sein; vielfach hat sich auch ein ganz be-
stimmtes Gewohnheitsrecht hierfür gebildet. Etwaige Auslagen kann der Mäkler
neben dem P. nicht fordern. Dagegen ist die Zulässigkeit eines P. gemeinrechtlich
nicht auf bestimmte Geschäfte beschränkt, sondern dasselbe kann z. B. auch für die
Vermittelung einer Ehe gefordert werden, wenn nur dabei nicht etwa unerlaubte
Mittel angewendet worden sind. Einige Gerichtshöfe abstrahiren von der Voraus-
setzung des Zustandekommens des Geschäfts durch den Mäkler und gewähren das P.
auch dann, wenn der Mäkler nur die sichere Aussicht auf den Abschluß des Ge-
schäfts eröffnet hat, und dieses dann ohne ihn perfekt wird.
Die Vorschriften der Partikularrechte über das P. sind seit der Emanation des
H#. vielfach aufgehoben worden, so die des Preuß. Allg. „RK. Das HGB. trifft
aber nur Bestimmungen über die Courtage der amtlichen Handelsmäkler, neben denen
es noch die Privathandelsmäkler und solche Mäkler giebt, welche Handelsgeschäfte
nicht gewerbemäßig oder Nichthandelsgeschäfte vermitteln, wie z. B. die Häuser= und
Gütermäkler. (Anders der code de commerce, wonach toute opération de courtage
ein Handelsgeschäft ist — art. 632.) Auf die letzteren beiden Kategorien können
die Art. 66—84 des H#B. nur insoweit Anwendung finden, als sie sich mit dem
sonstigen Civilrechte decken; insbesondere treffen die nur für Handelsmäkler geltenden
Vorschriften der Börsen= und Mäklerordnungen nicht ohne Weiteres für alle Fälle zu.
Das Saächsische BGB. hat noch die Besonderheit, daß es das Versprechen einer
Mäklergebühr für die Nachweisung einer heirathsfähigen Person oder für die Ver-
mittelung einer Ehe für nichtig erklärt, eine Bestimmung, deren Aufnahme in das
Deutsche BG#B. sich empfehlen dürfte. Anderer Ansicht über das jetzige Rechtsbewußt-
sein scheint das Reichsgericht zu sein. Vgl. das Erk. vom 8. Febr. 1881 (Annalen
des Reichsger. Bd. III. S. 350), wo in einer Kurhessischen Sache ein Mäkelgeld
für Vermittlung einer Heirath versagt wird auf Grund der Kurhess. Verordn. vom
20. Aug. 1800. S. im Uebrigen die Art. Mäkler und Courtage.
Quellen: Tit. de extraordinariis cognitionibus D. 50, 13 und de proxeneticis D.
50, 14. — Tit. de suffragio C. 4. 3. knd nt Art. 66—84. — Allgem. LR. II. 8 88 1379
bis 1384. — Vgl. dazu Preuß. E. GB. vom 24. Juni 1861 (Ges. Samml. S. 449
bis 479) Art. 9 zund 60. — Sächs. ** 88 1256—1259.
Lit.: Kuhn im Archiv für prakt. Rcchtswissenschaft. N. F. Bd. VI. S. 225 ff. —
Sintenis. Civilrecht, Bd. II. § 119. — Keller, Hawderten, " §*96. — Windscheid,
II. 8 404. — v. Hahn, Kommentar zum HGB. Zus. 2 nach Art. 84. — Gruchot, Das
Recht des Kommissionshandels, S. 269. — Dernburg, Preuß. Privatrecht, Bd. II. 5 190. —
Seuffert, Archiv, X. 48; XII. 155; XIII. 14; XI7“ 124, 229:; XXII. 39, 134; #l. 210;
XXVI. 240; XXVII. 225; XXIK. 125; XXX. 21, 22, 140. eil.
Prozeßbetrieb. Während im früheren Gemeinen Prozeß die formells Prozeß-
leitung dem Richter zukam, d. h. die Anbringung der Klage, das Ansuchen um
Prozeß, als ein allgemeines auf die Fortleitung des Verfahrens überhaupt gerichtetes
Begehren galt, welchem der Richter durch Anordnung der einzelnen zum Fortgang
des Prozesses nothwendigen Schritte und durch Ausführung seiner diesfallsigen An-
ordnungen zu entsprechen hatte, hat der Französische Prozeß zu Folge einer Ueber-
spannung der Verhandlungsmaxime und der Anschauung, daß das Wesen des Richter-