Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Prozeßlegitimation. 215 
darüber entscheidet nicht das Prozeßgesetz, sondern das Civilrecht in prinzipieller Weise. 
Auf dieses wird denn auch in § 50 der Deutschen CPO. verwiesen. Wegen der 
Bielheit der Civilrechte im Gebiete des Deutschen Reiches fand es aber der Gesetz- 
geber geboten, in der CPO. die P. insoweit einheitlich zu regeln, als es im In- 
teresse einer einheitlichen Prozeßgesetzgebung geboten ist. Die in dieser Richtung 
aufgestellten Grundsätze der CPO. sind: 
1) Wer sich durch Verträge verpflichten kann, ist prozeßfähig, soweit jene 
Fähigkeit reicht. 
2) Die patria potestas oder das eheherrliche Mundium, welchem eine Partei 
unterworfen ist, beschränkt ihre P. nicht, sofern im Uebrigen die Voraussetzungen 
ihrer Handlungsfähigkeit gegeben sind. 
3) Die Geschlechtsvormundschaft ist auf die P. ohne Einfluß. 
4) Zur Vornahme einzelner Prozeßhandlungen, welche nach bürgerlichem Rechte 
eine besondere Ermächtigung erfordern, bedarf es einer solchen nicht, wenn die 
Prozeßführung überhaupt ohne solche Ermächtigung zulässig ist oder gestattet wurde. 
5) Die Beurtheilung der P. eines Ausländers richtet sich nach dem Rechte 
des inländischen Prozeßgerichtes, wenn ihm das ausländische Recht diese Fähigkeit 
abspricht, das inländische dieselbe gewährt (CPO. 8§ 50—53). 
Was insbesondere den sub 2 ausgesprochenen Grundsatz anlangt, so ist die 
Folge desselben nur die, daß ein Urtheil nicht mehr deshalb als nichtig angefochten 
werden kann, weil eine der Parteien persona alieni juris war; dagegen präjudizirt 
ein solches Urtheil selbstverständlich den hausväterlichen und eheherrlichen Rechten 
an dem Vermögen des Hauskindes oder der Ehefrau, welche Parteien waren, nicht. 
Fälle der Nothwendigkeit einer „besonderen Ermächtigung“ (s. oben sub 4) nach 
Civilrecht sind angeführt bei Hellmann, Kommentar zur CPO., Bd. I. S. 192 ff. Nr. 5. 
Personen, welchen die P. fehlt, müssen durch andere Personen (gesetzliche Ver- 
treter) im Prozesse vertreten sein. Den Mangel der P. hat das Gericht ebenso wie 
die Legitimation des gesetzlichen Vertreters oder die erforderliche Ermächtigung zur 
Prozeßführung von Amtswegen zu berücksichtigen. Die Zulassung einer prozeß- 
unfähigen Partei oder eines nicht legitimirten gesetzlichen Vertreters kann bei Gefahr 
im Verzuge unter Vorbehalt der Beseitigung des Mangels vom Gerichte verfügt 
werden. Doch muß mit Erlassung des Endurtheils in diesem Falle zugewartet werden, 
bis die zur Beseitigung des Mangels festgesetzte Frist abgelaufen ist (CPO. 8§ 54). 
Wenn eine prozeßunfähige Partei verklagt werden soll, der ein gesetzlicher 
Vertreter fehlt, so muß der Vorsitzende einen Interimskurator bis zum Eintritte 
eines gesetzlichen Vertreters bestellen. Auch ohne Gefahr im Verzuge kann der 
Vorsitzende einen Spezialprozeßkurator bestellen, wenn eine prozeßunfähige Person im 
Gerichtsstande des dauernden Aufenthalts nach § 21 der CPO. verklagt werden soll. 
ellmann. 
Prozeßlegitimation (legitimatio ad processum) ist der Nachweis, daß der 
für einen anderen im Prozesse handelnde Vertreter zu der Vertretung des ersteren 
berechtigt ist. Beruht die Berechtigung dazu auf Gesetz, wie bei den Vertretern 
handlungsunfähiger Personen, den Vormündern von Unmündigen oder Minder- 
jährigen, oder den Vorstehern juristischer Personen, so wird die P. durch den Nach- 
weis der betreffenden zur Vertretung berechtigenden Stellung, z. B. durch Vorlegung 
der vormundschaftlichen Bestallung, geführt. Der von der Partei selbst ernannte 
Vertreter hat sich dagegen entweder durch die Prozeßvollmacht (s. diesen Art.) 
zu legitimiren oder durch Nachweis eines, wenn auch nicht speziell auf den Prozeß 
gerichteten, Vertretungsverhältnisses, welches ihn trotzdem zur Prozeßführung für 
seinen Machtgeber berechtigt, z. B. der Stellung als Generalbevollmächtigter, als 
Prokurist, als Schiffer, als Korrespondentrheder, als Inkasso-Mandatar. In einer 
Bevollmächtigung, welche dem Vertreter eine der erwähnten Stellungen giebt, liegt 
zugleich die Prozeßvollmacht. Der § 76 der Deutschen CPO., welcher ohne Unterschied
	        
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