Prozeßlegitimation. 215
darüber entscheidet nicht das Prozeßgesetz, sondern das Civilrecht in prinzipieller Weise.
Auf dieses wird denn auch in § 50 der Deutschen CPO. verwiesen. Wegen der
Bielheit der Civilrechte im Gebiete des Deutschen Reiches fand es aber der Gesetz-
geber geboten, in der CPO. die P. insoweit einheitlich zu regeln, als es im In-
teresse einer einheitlichen Prozeßgesetzgebung geboten ist. Die in dieser Richtung
aufgestellten Grundsätze der CPO. sind:
1) Wer sich durch Verträge verpflichten kann, ist prozeßfähig, soweit jene
Fähigkeit reicht.
2) Die patria potestas oder das eheherrliche Mundium, welchem eine Partei
unterworfen ist, beschränkt ihre P. nicht, sofern im Uebrigen die Voraussetzungen
ihrer Handlungsfähigkeit gegeben sind.
3) Die Geschlechtsvormundschaft ist auf die P. ohne Einfluß.
4) Zur Vornahme einzelner Prozeßhandlungen, welche nach bürgerlichem Rechte
eine besondere Ermächtigung erfordern, bedarf es einer solchen nicht, wenn die
Prozeßführung überhaupt ohne solche Ermächtigung zulässig ist oder gestattet wurde.
5) Die Beurtheilung der P. eines Ausländers richtet sich nach dem Rechte
des inländischen Prozeßgerichtes, wenn ihm das ausländische Recht diese Fähigkeit
abspricht, das inländische dieselbe gewährt (CPO. 8§ 50—53).
Was insbesondere den sub 2 ausgesprochenen Grundsatz anlangt, so ist die
Folge desselben nur die, daß ein Urtheil nicht mehr deshalb als nichtig angefochten
werden kann, weil eine der Parteien persona alieni juris war; dagegen präjudizirt
ein solches Urtheil selbstverständlich den hausväterlichen und eheherrlichen Rechten
an dem Vermögen des Hauskindes oder der Ehefrau, welche Parteien waren, nicht.
Fälle der Nothwendigkeit einer „besonderen Ermächtigung“ (s. oben sub 4) nach
Civilrecht sind angeführt bei Hellmann, Kommentar zur CPO., Bd. I. S. 192 ff. Nr. 5.
Personen, welchen die P. fehlt, müssen durch andere Personen (gesetzliche Ver-
treter) im Prozesse vertreten sein. Den Mangel der P. hat das Gericht ebenso wie
die Legitimation des gesetzlichen Vertreters oder die erforderliche Ermächtigung zur
Prozeßführung von Amtswegen zu berücksichtigen. Die Zulassung einer prozeß-
unfähigen Partei oder eines nicht legitimirten gesetzlichen Vertreters kann bei Gefahr
im Verzuge unter Vorbehalt der Beseitigung des Mangels vom Gerichte verfügt
werden. Doch muß mit Erlassung des Endurtheils in diesem Falle zugewartet werden,
bis die zur Beseitigung des Mangels festgesetzte Frist abgelaufen ist (CPO. 8§ 54).
Wenn eine prozeßunfähige Partei verklagt werden soll, der ein gesetzlicher
Vertreter fehlt, so muß der Vorsitzende einen Interimskurator bis zum Eintritte
eines gesetzlichen Vertreters bestellen. Auch ohne Gefahr im Verzuge kann der
Vorsitzende einen Spezialprozeßkurator bestellen, wenn eine prozeßunfähige Person im
Gerichtsstande des dauernden Aufenthalts nach § 21 der CPO. verklagt werden soll.
ellmann.
Prozeßlegitimation (legitimatio ad processum) ist der Nachweis, daß der
für einen anderen im Prozesse handelnde Vertreter zu der Vertretung des ersteren
berechtigt ist. Beruht die Berechtigung dazu auf Gesetz, wie bei den Vertretern
handlungsunfähiger Personen, den Vormündern von Unmündigen oder Minder-
jährigen, oder den Vorstehern juristischer Personen, so wird die P. durch den Nach-
weis der betreffenden zur Vertretung berechtigenden Stellung, z. B. durch Vorlegung
der vormundschaftlichen Bestallung, geführt. Der von der Partei selbst ernannte
Vertreter hat sich dagegen entweder durch die Prozeßvollmacht (s. diesen Art.)
zu legitimiren oder durch Nachweis eines, wenn auch nicht speziell auf den Prozeß
gerichteten, Vertretungsverhältnisses, welches ihn trotzdem zur Prozeßführung für
seinen Machtgeber berechtigt, z. B. der Stellung als Generalbevollmächtigter, als
Prokurist, als Schiffer, als Korrespondentrheder, als Inkasso-Mandatar. In einer
Bevollmächtigung, welche dem Vertreter eine der erwähnten Stellungen giebt, liegt
zugleich die Prozeßvollmacht. Der § 76 der Deutschen CPO., welcher ohne Unterschied