224 Prozeßvollmacht.
tragen hat oder der Prozeßbevollmächtigte, Gerichtsvollzieher, Gerichtsschreiber rc. in
die durch seine lata culpa verursachten Kosten verurtheilt werden kann. Denn es
sehlt in beiden Fällen an dem Prozeßmuthwillen einer Partei.
Dagegen stellt das Gerichtskostengesetz für das Deutsche Reich vom 18. Juni
1878 neue Prozeßstrafandrohungen auf. Indem es nämlich in § 47 eine Anzahl
von Progeßhandlungen von der Gebührenpflicht eximirt, bestimmt es zugleich in Abs. 2,
daß die sub Ziff. 2, 4, 5, 6, 7, 10 des § 47 Abs. 1 aufgeführten Prozeßhandlungen
mit einer Gebühr belegt werden können, wenn das bezügliche Verfahren nach freiem
Ermessen des Gerichtes muthwillig veranlaßt ist.
Außerdem sind unter die P. auch jetzt noch gewisse Nachtheile, welche das
Civilrecht hinsichtlich der Beweislast an das unberechtigte Leugnen des Klage-
grundes anknüpft, zu rechnen. Dahin gehören nach Gem. Rechte folgende Fälle:
1) Wenn der mit der rei vindicatio belangte, den Besitz leugnende Beklagte
des Besitzes überführt wird, kann der Kläger Uebertragung des Besitzes verlangen
und die Rolle des Beklagten übernehmen (s. Arndts, Pandekten, § 160).
2) Der mit der rei vindicatio belangte Beklagte, welcher das vom Kläger be-
hauptete Eigenthum des Autors leugnet und den Kläger zum Beweise zwingt, ist
mit der Einrede, daß ihm ein von dem gleichen Autor abgeleitetes jus in re zu-
stehe, ausgeschlossen (Windscheid, Pandekten, § 197 Note 1).
3) Den mit condictio indebiti belangten Beklagten, der die Zahlung leugnet,
trifft, nachdem sie bewiesen ist, die Beweislast des indebitum (I. 25 pr. D. 22, 3).
4) Der Bürge, der die Bürgschaft leugnet, derselben aber überführt wird, ver-
liert das beneficium excussionis, der socius, welcher die Sozietät leugnet, das bene-
ficium competentiae, der mit actio de pauperie belangte Eigenthümer des Schaden
stiftenden Thieres das Recht der noxae datio, wenn er das Eigenthum an dem
Thiere in Abrede gestellt hat (I. 10 § 1 D. 46, 1; 1. 67 § 3 D. 17, 2; 1. 22
§5 1D. 42, 1; 1. 1 815 D. 9, 1; Wetzell, System des Civ.Prz., 3. Aufl. S. 311).
Hellmann.
Prozeßvollmacht bedeutet ein doppeltes: einmal die Machtbefugniß zur
Durchführung des Prozesses Namens einer Partei, sodann die jene Machtbefugniß
übertragende Urkunde. Derjenige, welchen eine Partei mit solcher Machtbefugniß
ausstattet, ist der Prozeßbevollmächtigte. Die Aufstellung eines Prozeßbevollmächtigten
ist nach den Bestimmungen der Deutschen CPO. theils nothwendig, theils freiwillig.
Nothwendig ist dieselbe im Verfahren vor den Landgerichten und allen Gerichten
höherer Instanz, mit anderen Worten im Anwaltsprozeß (s. d. Art. Anwalts-
prozeß). Im Verfahren vor den Amtsgerichten oder einem beauftragten oder
ersuchten Richter und wo das Gesetz die Vornahme einer Prozeßhandlung zum
Protokoll des Gerichtsschreibers gestattet, hängt es von dem Willen der Partei ab,
ob sie persönlich handeln oder sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen will.
Bevollmächtigter kann nur eine prozeßfähige Person sein.
Der Umfang der Vollmacht für den Prozeß umfaßt alle den Rechtsstreit be-
treffenden Prozeßhandlungen, einschließlich derjenigen, welche durch eine Widerklage,
Wiederaufnahme des Verfahrens und die Zwangsvollstreckung veranlaßt werden, die
Bestellung eines Vertreters für die Instanz und eines Bevollmächtigten für die
höhere Instanz, die Beseitigung des Rechtsstreites durch Vergleich, Verzicht, An-
erkennung, die Empfangnahme der Prozeßkosten (CPO. 8§ 74—77).
Dagegen liegt die Befugniß zur Empfangnahme des Streitobjekts nicht schon
in der allgemeinen P.
Die Vollmacht für den Hauptprozeß umfaßt von Rechtswegen die Vollmacht
für eine etwaige Hauptintervention und das einen Arrest oder eine einstweilige Ver-
fügung betreffende Verfahren.