Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

234 Prügelstrafe — Publioclana actio. 
Prügelstrafe, körperliche Züchtigung, ehemals als Hauptstrafe für leichtere 
Vergehen oder als accessorische Strafe und Strasschärfung allgemein in Uebung, 
ward bereits vor dem Jahre 1848 durch einzelne Deutsche Staaten (Nassau, Braun- 
schweig, Baden) abgeschafft, von den Grundrechten 1848 verboten und seitdem mehr 
und mehr aus der Deutschen Gesetzgebung verdrängt. Am längsten erhielt sie sich im 
Königreich Sachsen, Altenburg, Mecklenburg, Württemberg. Die Schweizerische Bundes- 
verfassung untersagt die P. Durch das Deutsche StrafB. ist sie als richter- 
lich erkannte Strafe beseitigt. Sie kann also nur noch als disziplinares Strafmittel 
in Anwendung kommen (wie beispielsweise in Preußen) und wird, obschon auch in 
dieser Hinsicht durch die allgemeine Abneigung und sachverständige Beobachtung an- 
gefochten, als Zuchtmittel in den Strafanstalten angewendet. Am entschiedensten 
hatte Bayern mit der P. gebrochen. Art. 25 des Straf GB. von 1861 bestimmte: 
„Körperliche Züchtigung ist auch als Disziplinarstrafe in allen Strafanstalten und 
Gefängnissen unbedingt ausgeschlossen“, wobei es verblieben ist. Die P. findet sich 
noch in außerdeutschen Gesetzen: namentlich in England nicht nur bezüglich der Armee 
und Marine (1879 auf bestimmt bezeichnete Fälle und 25 Hiebe mit der „neun ge- 
schwänzten Katze“ beschränkt), sondern auch in den Strafanstalten (unter Zuziehung 
zweier Richter und nach Anhörung des Delinquenten) bei leichteren, summarisch ab- 
zuurtheilenden Vergehensfällen (Whipping). Sehr ausführlich ward der Gegen- 
stand auf dem zu London 1872 abgehaltenen internationalen Gefängnißkongreß er- 
örtert. Während die große Mehrzahl der Sachverständigen aus den kontinentalen 
Staaten die P. entschieden, sowol aus dem Grunde der Unsittlichkeit verwarf, als 
auch nach praktischen Erfahrungen als entbehrlich bezeichnet, blieben die Stimmen 
der Engländet sehr getheilt. Die Deutschen Strafanstaltsbeamten billigten in der 
Mehrzahl die disziplinare Anwendung der P. bei jugendlichen Delinquenten. Da- 
gegen verwarf der zweite internationale Gefängnißkongreß zu Stockholm mit Stimmen- 
mehrheit (gegen Engländer und Dänen) die P. 
Lit.: Für die ältere Zeit, in der die Beibehaltung der P. noch streitig war: Feuer- 
bach-Mittermaier, Lehrbuch, § 148. — Ueber die P. als Disziplinarstrafe: Elvers in 
v. Holtzendorff's Allg. Deutschen Strafrechts Ztg., 1861, S. 756. — v. Valentini, 
ebendas. 1865, S. 359 ff. — Transact. of the Intern. Prison Congress (1872), p. 384. — Le 
Congreès pénitentiaire intern de Stockholm, tom. I. p. 245 ss. 
v. Holtzendorff. 
Prugger, Johann Joseph, S 1717 in Landsberg, studirte in Ingol- 
stadt, sodann Soldat und herrschaftlicher Verwalter, ward 1753 Professor in Ingol- 
stadt, f 1788. 
Schriften: Observationes pract. ad Jus et Consuetudines Bavariae de Privilegüs 
Statuum Provincialium, 1762. — Diss. ad Jus et Consu. Bav. de Jure Foeminarum il- 
lustrium singulari, 1765. 
Lit.: Prantl, Geschichte der L. M. Univers. 1872, Bd. I. S. 593; Bd. II. 8S. 900. 
ezold. 
Publiciana actio ist die Klage, welche das prätorische Edikt demjenigen, der 
die Usukapion einer Sache begonnen, dann aber den Besitz derselben verloren hat, 
zur Wiedererlangung des letzteren gewährte. Das Edikt ist mitgetheilt in 1. 1 pr. 
D. h. t., die Klagformel bei Gaius, IV. 36. Laut derselben war die Klage 
mit der Fiktion versehen, daß die Usukapionsfrist für den Kläger bereits abgelaufen 
sei, und auf den Fall, daß unter dieser Voraussetzung der Kläger Eigenthum haben 
würde, der Richter zur Verurtheilung des Beklagten angewiesen. Insofern war sie 
eine utilis rei vindicatio (6 4 I. de act. 4. 6; 1. 7 § 6 D. h. t.). Nach der 
jetzt allgemein angenommenen Meinung konnte mit der P. sowol der bonitarische 
Eigenthümer, als der bonae fidei possessor den verlorenen Besitz verfolgen. Sehr 
streitig ist es aber, ob es für diese beiden Fälle zwei verschiedene Ediktsbestimmungen 
und Formeln gegeben habe (dafür zuletzt Huschke, S.7, 12, und Lenel, S. 27) 
oder nicht (Schirmer, S. 349; Brinz, Lehrb., § 178 Anm. 45), und welches 
das eigentliche Grundprinzip der Klage gewesen sei. Während die erstere Frage
	        
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