Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

236 Publikation — Publizität. 
Vierteljahrsschr. XVI. S. 251; Huschke, S. 29 ff. Viel gestritten wird über 
den Sinn der in I. 33 pr. D. de O. A A. 44, 7 vorkommenden P. rescissoria. 
Huschke, S. 101, faßt sie als eine dem Eigenthümer für zwei besondere Fälle 
verheißene P. Richtiger erklärt man sie mit Brinz (Lehrb., § 178, Anm. 75) als 
eine eben auch nur dem (gewesenen) bonae üfidei possessor zuständige Klage, bei 
welcher aber die eingetretene Erlöschung der bonae fidei possessio (z. B. in Folge 
von Usukapion des Beklagten) durch eine zweite Fiktion oder sonstwie außer Kraft 
gesetzt worden sei. Man hat auch versucht, die sämmtlichen utiles in rem actiones 
mit einer Fiktion als Anwendungen der P. darzustellen (Schulin, a. a. O.; 
dawider mit Recht Brinz in der Krit. Vierteljahrsschr. a. a. O.). — Endlich 
werden ebenso, wie die P. als Analogon der Vindikation stattfindet, auch nach 
Analogie der übrigen Eigenthumsschutzmittel (a. negatoria u. s. w.), ja der übrigen 
dinglichen Klagen überhaupt entsprechende Rechtsmittel auf Grund der (zur Gsitzung 
geeigneten) bonae fidei possessio gewährt und nach Vorgang der I. 11 § 1 D. h. t. 
in der Regel Publizianische Klagen genannt. Das Preuß. Recht hat die P. zufolge 
der zur Zeit seiner Abfassung üblichen Vermischung derselben mit dem possessorium 
ordinarium zu einer Klage umgewandelt, die jedem früheren Besitzer, ja dem bloßen 
Inhaber gegen den Schlechterberechtigten zusteht (§§ 161—163 Allg. LR. I. 7). 
Das Oesterreichische BG B. (§§ 372, 373) und das Sächsische BGB. (88 325 bis 
327) sind im Wesentlichen zum Röm. Recht zurückgekehrt. 
Quellen: Tit. Dig. de Publiciana in rem actione 6, 2. 
Neueste Lit.: Huschke, Das Recht der Publicianischen Klage, Stuttg. 1874. Dazu 
Schirmer, Krit. V.-J. Schr. XVIII. S. 347—362 und Schulin, das. S. 526—545. — 
Brinz, Lehrb., I. (2. Aufl.) §§ 178, 179. — Ueber Einzelnes: Lenel, Beiträge zur Kunde 
des prätor. Edikts, Stuttg. 1878. — Bruns in Bekker's Jahrb. des Gem. Rechts IV. 
S. 1—21. — Sonstige Lit. bei Windscheid, Lehrb., § 199. Eck. 
Publikation, s. Urtheilsverkündigung. 
Publizität (Th. I. S. 502) der Einschreibungen im Grund= und Hypotheken- 
buch bildet, verbunden mit der Legalität (s. diesen Art.), die Grundlage der 
publica fides, der sichern allgemeinen Erkennbarkeit der wichtigsten dinglichen Rechts- 
verhältnisse an Grundstücken und gleichgeltenden Gegenständen. Dies nicht in dem 
Sinne einer Veröffentlichung derselben durch die Presse, durch amtliche, etwa für 
Grundbuchs= und Hypothekenanzeigen besonders bestimmte Blätter, wie sie allerdings 
in Bremen sich finden. Vielmehr beruht die P. auf der vom Gesetz gewährten 
Möglichkeit, Einsicht von den amtlich und zum öffentlichen Glauben geführten 
Urkundenbüchern (s. d. Art. Hypothekenbücher, Grund= und) zu nehmen, 
oder daraus sich Abschriften geben zu lassen, welche zum öffentlichen Glauben amt- 
lich ausgefertigt werden. Entweder ist die Befugniß zur Einsicht oder kostenpflichtigen 
Abschriftnahme (Hypotheken-Instrumente, -Scheine u. drgl.) Jedem gestattet, der sich 
dieserhalb bei der Hypothekenbehörde meldet — so nach Franz. Recht, wo nur 
Personalfolien bestehen, doch auch in Oesterreich und Liechtenstein — oder nur dem- 
jenigen, welcher die Einwilligung des eingetragenen Besitzers nachweist oder auch 
ein besonderes Interesse bescheinigt oder mindestens glaubhaft macht; so überwiegend 
nach Deutschem Partikularrecht, wo Realfolien angelegt werden. — Die Vermerke 
und Eintragungen in den Büchern, soweit sie dingliche Rechtsverhältnisse betreffen, 
liefern vollständigen Beweis. Auch dann, wenn sie nicht erkennbare Fehler an sich 
tragen, also anfechtbar sind. Wenn aber Jemand die Eintragung benutzt, der den 
Fehler kennt, so muß der „individuelle schlechte Glaube den Glauben des Grund- 
buchs überwiegen“ (Bericht des Preuß. Herrenhauses 1872). Sonst könnte es da- 
hin kommen, daß der Anstifter einer betrügerischen Auflassung (z. B. Vorschiebung 
eines falschen Verkäufers) sich das Grundstück unanfechtbar sichert, indem er sich 
durch weitere Auflassung die Eintragung als Eigenthümer verschafft. Allein so ein- 
fach liegen die Streitfälle selten. Das Preuß. Allg. LR. erklärte Eintragungen 
schon für anfechtbar, sobald der Eingetragene zur Zeit der Eintragung auch nur
	        
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