Quafibesitz. 245
kennen auch die Trebelliana nicht mehr; und zwar diese Quart umsoweniger, als
der römisch-rechtliche Gegensatz zwischen Erbeinsetzung und N“ seine
(im Justin. Recht bereits abgeschwächte) Bedeutung Verloren ha
Lit. u. Quellen: Dernburg im Civ. Arch. XXXXVII. ar 307 ff. — Puchta,
Pand, §§ 546, 557. — v. BVangerow, Kehrbuch, II. § 536. — Tewes Snstem,
121. — Windscheid, Lehrbuch, III. 8 666 Anm s 5 lnst. 2, 23.— 35, 36,
, 36. — ce. 16, 18 X. 3, 26. — S Allg. LR. I. 12 § 44. — Eiinnb;
bos. czg 4% ¾7 — Sächsf. B68. ! 2503 ff. — Mommsen, Erbr.-Entwurf, e ff.
Quafibesfitz, iuris quasi possessio, (vgl. Th. I. S. 395, 396—397, 404)
ist das dem Besitz (s. diesen Art.) analoge Verhältniß, bei welchem sowol die
thatsächliche Herrschaft, als auch der darauf gerichtete Wille des Subjekts nicht in
dem Umfang, welcher dem Eigenthum entspricht, sondern in einer dem Inhalt anderer
Rechte gemäßen Beschränktheit vorhanden sind. Das Röm. Recht bildete einen
solchen O. zuerst bei Servituten aus; hier wurde die thatsächliche Ausübung gewisser
Grundgerechtigkeiten durch Interdikte gegen Eigenmacht geschützt, und dieser Schutz
dann auf den Begriff des O. und auf dieselbe theoretische Rechtfertigung, wie der-
jenige des Sachbesitzes zurückgeführt (Gai. 4, 139; 1. 20 D. de serv. 8, 1). Weiter
haben die Römer einen O. auch noch bei Emphyteuse und Superfizies
(s. diese Art.) anerkannt, weil auch diese eine fortgesetzte Ausübung ihres Inhalts
zulassen, nicht aber bei anderen Rechten. Ueber Wesen und Gegenstand dieses O.
spricht sich das Röm. Recht nicht näher aus und besteht daher heutzutage Streit.
Man darf ihn nicht als Verhältniß des Inhabers zu einem Rechte (Brinz,
Lehrb., I. § 196), sondern nur als eine servitutmäßig beschränkte Sachbeherrschung
auffassen, daher ist auch sein Gegenstand nicht, wie die Bezeichnung als juris possessio
nahe legt, das Recht, sondern die Sache, und folglich O. auch ohne Vorhandensein
bzw. nach Erlöschen des Rechts, dessen Inhalt man verwirklicht, möglich. Während
hiernach sowol das Anwendungsgebiet, als die dogmatische Ausbildung des O. im
Röm. Recht beschränkt geblieben sind, haben das Kan. Recht und auf dies gestützt die
spätere Theorie und Praxis, sowie die neuere Gesetzgebung beides bedeutend erweitert.
Das Kan. Recht ließ den O. an allen, eine dauernde Ausübung gestattenden Rechten
zu, insbesondere an Hoheitsrechten, Aemtern und Benefizien, Regalien, Reallasten,
Rechten aus der Ehe, ja sogar an obligatorischen Rechten wenigstens dann, wenn
sie auf ein Grundstück radizirt waren (Bruns, Recht des Besitzes, S. 186 ff.).
Dies rezipirte man in Deutschland und fügte jenen Rechten noch weitere, eigenthüm-
lich Deutsche Real= und Standesrechte hinzu. Auch das Preuß. LR. (88 5, 146,
147 Allg. LR. I. 7), der Code eiv. art. 2228 und das Oesterr. BG. § 311
nehmen diesen Standpunkt ein, indem die ersten beiden alle Rechte, vorausgesetzt,
daß sie nicht durch einmalige Ausübung erlöschen (uvgl. Heydemann, Einl., I
S. 329—336), das letzte wenigstens die Vermögensrechte (Randa, § 24 Anm. 2)
für besitzbar erklären. Gegen diese allzuweite Ausdehnung des O. erfolgte dann
eine Reaktion durch Savigny, der den O. nur bei dinglichen und bei den aktiv
mit Grund und Boden verknüpften eigenthümlich Deutschen Rechten gelten lassen
will (Bes., S. 504), weil nur bei diesen die Formen der Verletzung, gegen welche
die Ausübung geschützt werde, zu denken seien (7), und dessen Meinung lange die
herrschende geblieben ist. In neuester Zeit jedoch streben Theorie und Praxis mit
Recht wieder über diese Schranken hinaus und neigen dazu, auch ständig ausübbaren
Obligationen, wie Miethe und Pacht, namentlich aber den sog. Individualrechten,
wie Gewerberechten, dem Urheber-, Patent-, Firmen-, Marken-Recht u. s. w., Besitzschutz
zu verleihen. Näheres bei Bruns, a. a. O., S. 421; Windscheid, Lehrb.,
§ 464 A. 5; Randa, §24, S. 537—556. — Bei allen Rechten, welche besitzbar
sind, vollzieht sich der Erwerb des O. analog dem Besitzerwerb (s. diesen Art.)
corpore et animo, d. h. durch thatsächliche Herstellung der Herrschaft, welche den
Inhalt des Rechts bildet, in Zusammenhang mit dem Willen, diese Herrschaft für