Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Quesnel — Quinguennal-Falultäten. 251 
sammten novellenwidrigen Testaments bewirkt, so kann neben diesem Rechtsmittel 
eine quer. inoff. testamenti der Novellenerben nicht gedacht werden, sondern lediglich 
je nach Umständen bald eine quer. inoff. donationis vel dotis, bald eine actio 
suppletoria. Folglich wäre die quer. inoff. testamenti fortan beschränkt auf die in 
der Novelle nicht erwähnten Geschwister des Erblassers. Allein auch diese Querel 
hat, ganz abgesehen davon, daß jenes Pflichttheilsrecht nur für den seltenen Fall. 
der turpis persona praelata zustand und daß die Wirkung der Geschwisterquerel 
fortan auf die des Rechtsmittels der Nov. 115 beschränkt werden müßte (wofür die 
Quellen doch wiederum keinen Anhalt bieten), unseres Erachtens alsbald durch die 
Nov. 118 jeglichen Boden verloren, da die pflichttheilsberechtigten Geschwister nach 
der neuen Intestaterbfolgeordnung überall nicht mehr bestimmbar sind, demnach das 
alte Pflichttheilsrecht der consanguinei als stillschweigend beseitigt gelten muß, was 
auch in partikulärer Deutscher Praxis längst anerkannt gewesen ist. — Die neueren 
Gesetzgebungen gestatten ihren Pflichttheilserben, zu denen Geschwister nicht gehören, 
die Anfechtung pflichtwidrigen Testaments und liebloser Schenkung (abgesehen von 
dem Falle, wo dem Erblasser die Existenz des Notherben unbekannt gewesen) stets 
nur bis zum Betrage des Pflichttheils, und weichen lediglich ab in Be- 
stimmung ihrer Anfechtungsmittel. Der Code civ. giebt dem Verletzten bis zum 
Betrage der nichtdisponiblen Portion nur eine Reduktionsklage, welche etwa der 
actio suppletoria und der quer. inoff. donationis etc. zusammengenommen entspricht. 
Die in zwei Jahren verjährende „Beschwerde“ des Preuß. Allg. LR. hat je nach 
Umständen die Natur bald einer auf den Pflichttheil beschränkten Erbschaftsklage, 
bald eines bloßen Ergänzungsanspruchs (ähnlich die Anfechtungsklage des Oesterr. 
BG#.); eine in Maß und Zeit beschränkte Anfechtung von Schenkungen unter Leben- 
den vertritt die quer. inoff, donationis. Das Sächs. BG. giebt, unter Beseitigung 
der actio suppletoria, dem Pflichttheilsberechtigten stets die Erbschaftsklage sowol 
auf Ergänzung als auf Gewährung seines Pflichttheils; daneben eine Anfechtungs- 
klage wider lieblose Schenkung, Ausstattung oder väterliche Mithülfe; beide verjähren 
in drei Jahren. 
Lit. u. Quellen: Vgl. die Lit. hinter dem Art. Pflichttheilsberechnung. — 
Inst. 2, 18. — D. 5, 2. — C. 3, 28—30. — Nov. 92 c. 1. 115, c. 3—5. — Preuß. Allg. LR. 
II. 2 88 432 ff., 352 ff. Anh., 8 164; J. 11 88 1113 ff. — Oesterr. BGB. 88 775—7 3.— 
Unger, System, VI. 88 85 5 fl. — Code civ. art. 920 s8. — Sächs. BGB. "56 2586, 2589, 
2600—2616. — Mommsen, Erbr.-Entwurf, 89§ 498 ff. Schü ügze. 
Quesnel, Pasquier, 5 14. VII. 1634 zu Paris, gehörte dem Orden der 
Väter des Oratoriums an, flüchtete 1685 nach Brüssel, wo er das Haupt der 
Jansenisten wurde; 30. V. 1703 auf Antrieb des Erzbischofs von Mecheln verhaftet, 
entfloh er am 13. September nach Holland, 2. XII. 1719 zu Amsterdam. Durch 
seine Réffexions morales sur le nouv. test. 1671—178 veranlaßte er die Bulle 
Unigenitus vom 8. Sept. 1713 und ist bekannt durch die nach ihm genannte 
Sammlung von Konzilienbeschlüssen und päpstl. Dekretalen. 
Schriften: Opera S. Leonis, Paris 1675; Lugd. 1700; Venet. 1748. — Tradition. 
de I’église romaine sur la brédestination des Saints et la gräce eftficace, Cologne 1687 
(pseud. Germain). — Discipline de ’église, Lyon 1689. — Hist. de la vie et des ouvrages 
" Arnauld, 1695. — Causa Arvaldine, 1699. — Souveraineté des rois défendue, 1704. 
Lit.: Maaßen, Geschichte, I. 486—500. — Schulte, Geschichte. III. a 624. — 
Michaud. — Herzog' 3 Realencyklopädie. Teichmann. 
Quinquennal-Fakultäten (facultates quinquennales), d. h. die den Deutschen 
Bischöfen auf fünf Jahre vom Papyste ertheilten Vollmachten, von gewissen Vor- 
schriften des Gem. Rechts zu dispensiren oder von Folgen bestimmter unerlaubter 
Handlungen, soweit die Absolution dem Papste vorbehalten ist, loszusprechen. Diese 
Befugnisse werden den Bischöfen deshalb übertragen, weil es mit Rücksicht auf die 
Zustände ihrer Diözesen nicht angemessen erscheint, stets in jedem besonderen Fall 
erst die Dispensation, resp. Absolution aus Rom einzuholen. Dergleichen Ueber-
	        
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