260 Rau — Raub.
bezogen wird, wenn der Vertrag wegen Mangels einer freien und ernstlichen
Einwilligung (also wegen physischen Zwanges, Simulation, Trunkenheit) absolut
nichtig war.
Quellen: Tit. D. ratam rem haberi 46, S. — Fr. I. de auct. tut. 1, 21. — I. 5
bjge auct. tut. 26, S. — I. 16 § 1 D. de pignor. 20, 1. — 1.I. 29, 210 D. de R.
Lit.: Busse, De ratihabitione, Lips. 1831. — Agricola, De ratihabitione, Bonn-
Gothae 1848. — Beckhaus, Ueber die R. der Rechtsgeschäfte, Bonn 1859. — J. Grie-
singer, Zur Lehre von der R. der Rechtsgeschäfte, Tüb. 1862. — A. F. L. Gregory,
Spec. iur. civil, de ratihabitione, Hagae-Comitis 1864. — L. Seuffert, Die Lehre von der
R. der Rechtsgeschäfte, Würzb. 1868. P. Hinschius.
Rau, Frédéric-Charles, 3 3. VIII. 1803 zu Buchsweiler bei Straß-
burg, wurde 1826 docteur, 1833 prof., suppléant provisoire, erhielt 1841 die
chaire de droit civil, 1870 Rath am Kassationshofe, F 10. IV. 1877.
Schriften: Mit Aubry: Cours de droit civil français, d'après la méthode de
Zachariae, 1838—43, 4. éd. 1869—1879. — Abhandlungen in der Revue du notariat et de
Penregistrement und Revue Foelix t. II. III.
Lit.: Revue générale 1877, p. 300—304. — Nouv. Revuc bistorique 1877, p. 384. —
Gaz. des Tribunaux 1877, Nr. 15 644. — Le tribunal et la cour de Cassation, 1879 p. 328.
Teichmann.
Raub ist die in rechtswidriger Zueignungsabsicht unternommene Anwendung
von Gewalt oder Bedrohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben gegen
eine Person, um dadurch in den Besitz einer fremden beweglichen Sache zu gelangen.
Bei diesem Raubbegriffe liegt der Schwerpunkt in dem gegen die Freiheit der Person
gewaltthätig begangenen räuberischen Angriffe, eine in Thüringen, Hessen, Oesterreich
vertretene Ansicht. Hingegen forderten die Strafgesetze für Preußen, Bayern, Württem-
berg u. a. zum Thatbestande des R. auch die Wegnahme der fremden Sache
unter Anwendung von Drohung oder mit Gewalt, mit anderen Worten: den
Thatbestand des Diebstahls, erschwert durch Vergewaltigung gegen eine Person.
Diese Auffassung führt in der Praxis leicht zu falschen Konsequenzen, wie
v. Schwarze in seinen Bemerkungen zu dem Oesterr. Strafgesetzentwurf 1875
richtig bemerkt. Hiernach ist der R. seinem Zwecke nach ein Eigenthumsverbrechen,
seinem Mittel nach ein Angriff auf die Freiheit der Person und wo die ohne
Vergewaltigung einer Person begangene Wegnahme nicht als Diebstahl zuzu-
rechnen wäre, kann die gewaltsame Bemächtigung der fremden beweglichen Sache
nicht als R. beurtheilt werden. Wer seine ihm rechtswidrig entzogene Sache mit
Gewalt gegen eine Person an sich bringt, der Gläubiger, der eine gewaltsame rechts-
widrige Pfändung seines Schuldners unternimmt, wer nicht in rechtswidriger Zu-
eignungsabsicht oder, um sich unrechtmäßigen Gewinn zu verschaffen, die Ausfuhr
von Cerealien in das Ausland mit Gewalt gegen Personen vereitelt, der Schuldner,
welcher mit Gewalt gegen seinen Gläubiger sich des Schuldscheins bemächtigt oder
wer eine fremde bewegliche Sache mit Gewalt oder Bedrohung gegen eine Person
wegnimmt, um sie zu vernichten, — macht sich nicht des R. schuldig. Ebensowenig
ist der Dieb, welcher gegen eine Person Gewalt anwendet, um sich in dem Besitze
der gestohlenen Sache zu behaupten, als Räuber zu beurtheilen, obgleich mehrere
Strasgesetze denselben dem Räuber gleichstellen. Das RStrafGB. stellt den R. dem
Diebstahl in diesem Falle gleich (8 252). Nach 8 244 begründet R. auch Rückfall
beim Diebstahl. Zum Thatbestande des R. genügt Anwendung körperlicher Gewalt.
Ueberwältigung ist nicht nothwendig. Auch muß die Drohung mit einer gegen-
wärtigen Gefahr keine solche sein, welche den Bedrohten außer Stand setzt, durch
Gegenwehr den R. zu vereiteln. Schon das Ueberfallen mehrerer Personen, namentlich
zur Nachtzeit, an einsamer Stelle, kann als ein Anthun von Gewalt durch Drohung
angesehen werden. Arglistige Sinnesbetäubung, etwa durch Narkotisirung ohne Ge-
waltanwendung, schließt die Annahme eines R. aus. Ebensowenig macht sich des
R. schuldig, wer das Zimmer, in welchem sich eine Person befindet, ohne Gewalt-