Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Redakteur. 309 
desselben (§§. 10 ff.) zuwider ausgeübt worden ist. Die Berufung, welche sowol 
von dem von einer Disziplinarentscheidung betroffenen kirchlichen Beamten als auch 
dem Oberpräsidenten im öffentlichen Interesse eingelegt werden kann, wird in pro- 
zessualischen Formen und vor einem besonderen ständig besetzten, in seiner Mehrheit 
aus richterlichen Beamten bestehenden „Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten“ 
verhandelt, und kann zur Kassirung des Disziplinarerkenntnisses führen. Der Ge- 
danke, daß auch umgekehrt den Geistlichen eine Berufung wegen Mißbrauchs der 
Staatsgewalt zusteht, hat in dem Preuß. Gesetze über die Vorbildung 2c. der Geist- 
lichen (vom 11. Mai 1873) insofern Verwirklichung gefunden, als dasselbe eine 
Berufung an den gedachten Gerichtshof gestattet, wenn die Gesetzmäßigkeit der vom 
Kultusminister verhängten Maßregeln gegen geistliche Bildungsanstalten oder des 
vom Oberpräsidenten gegen die Anstellung von Geistlichen erhobenen Einspruchs in 
Zweifel gezogen wird. Ferner in dem Reichsgesetz vom 4. Mai 1874, betr. die 
Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern, welches dem aus- 
gewiesenen, internirten oder seiner Staatsangehörigkeit für verlustig erklärten Geist- 
lichen die Berufung an das höchste Strafgericht des Landes, in Preußen an den 
gedachten Gerichtshof darüber gestattet, daß die thatsächlichen, die erwähnten Maß- 
regeln rechtfertigenden Voraussetzungen nicht vorliegen. Außerdem hat die neueste 
Gesetzgebung einzelner Deutschen Staaten, nämlich Preußens (Gesetz vom 13. Mai 
1873), Badens (Gesetz vom 19. Febr. 1874) und Hessens (Gesetz vom 23. April 
1875) einzelne Fälle des Mißbrauchs der geistlichen Amtsgewalt, so namentlich 
der Straf- und Zuchtmittelgewalt, unter Kriminalstrafe gestellt. 
Lit: Van Espen, Tractat. de recursu ad principem. — Friedberg in Dove's 
u. seiner zeitschr. für Kirchenrecht III. 68; IV. 258; VI. 187. VIII. 280; IX. 397; Derfelbe, 
Grenzen zwischen Staat und Kirche, Kähiese 1872 (. Register unter appellatio ab abusu u. 
Rekurs). — Für Preußen: P. Hinschius, Die Preuß. Kirchengesetze des Jahres 1873, 
Berlin 1873, und von 1875, ebendaf. 1875; Machtragshest ebendas. 1881. — v. Sicherer, 
  
Staat und Rirche in Bayern, 1873. — P. Hin nschius, Die strafrechtl. Verantwortlichkeit der 
Kirchendiener, in v. Holtzendorff, Handbuch des Bascher Strafrechts, t . 497 ff. 
inschius. 
Redakteur. I. Die Herausgabe einer periodischen Druckschrift erscheint nicht 
nur als ein literarisches, sondern auch als ein gewerbliches Unternehmen. 
Denn sie erfordert — man denke an ein modernes Zeitungsblatt im großen Stile — 
bedeutendes Anlagekapital, werthvolles Betriebsmaterial; eine Anzahl von Preß-= 
gewerben steht im Dienste des Unternehmens oder ist unmittelbar mit demselben 
vereinigt; die interne Verbindung mit den Mitgliedern der Redaktion, mit dem 
Personale der Druckerei, der Expedition, der Administration ist geschäftlicher Natur; 
das Annoncenwesen besorgt in großartiger Weise die Vermittelung zwischen Nach- 
frage und Angebot, und in den meisten Fällen wird gewerblicher Gewinn beab- 
sichtigt und erreicht. Bei einfachen Verhältnissen liegt die Gesammtleitung sowol 
der gewerblichen wie der literarischen Thätigkeit des Zeitungsunternehmens in der 
Hand derselben Person; größere Ausdehnung des Unternehmens, sei es nach der 
einen oder der anderen, sei es nach beiden Richtungen hin, zwingt zur Arbeits- 
theilung. So entsteht der Begriff des „R.“; er ist diejenige Person, welche die 
literarische Thätigkeit der periodischen Druckschrift ganz oder zum Theile 
leitet. Ihm gegenüber steht der gewerbliche Leiter des Blattes, der Herausgeber 
oder Verleger, der mit dem Eigenthümer des Blattes identisch oder eine von 
diesem verschiedene Person sein kann (s. d. Art. Herausgeber). Sobald nun die 
Preßgesetzgebung es unternimmt, die Verantwortlichkeit für die durch die periodische 
Druckschrift begangenen Preßdelikte zu regeln, muß sie diesen Verhältnissen Rechnung 
tragen. So lange man — ausgehend von dem nur theilweise richtigen Gedanken, daß 
Subjekt eines Deliktes nur eine physische Persönlichkeit sein könne — Bedenken trägt, 
direkt gegen das Unternehmen als solches gerichtete Strafen (Geldstrafen, zeitweilige 
oder dauernde Einstellung) zuzulassen, wird der R. als der geeignete Träger der 
 
	        
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