Regentschaftsgesetze. 321
Wagner, Finanzwissenschaft, 2. Aufl., §§ 145, 146). Diesem Zuge der Zeit ist
denn auch die Gesetzgebung gefolgt, indem die drückendsten grundherrlichen R. seit
den letzten drei Jahrzehnten beseitigt sind. (Wegen des Jagdregals siehe die Zu-
sammenstellung bei Stobbe, II. § 151, — wegen des Bergregals aber Brassert
in der Zeitschrift für Bergrecht XVIII. S. 17 ff.) Das jüngste der R., das Post-
regal — der Inbegriff aller von der Staatspostanstalt in Anspruch genommenen
Beförderungsrechte — ist auch das wichtigste. Auch die Existenz dieser staatlichen
Erklusivberechtigung — des Postregals im engeren Sinne und des Postzwanges
(s. oben d. Art. Post) — ist aus volkswirthschaftlichen Gründen lebhaft bekämpft
worden: man fordert, daß der Staat jedes ausschließliche Postrecht aufgebe und eine
unbedingt freie Konkurrenz gestatte. Allein abgesehen von den gerade hier sehr
schwer wiegenden finanziellen Interessen, kommen doch auch noch andere Rücksichten
in Betracht, welche gegen die Aufgabe des Regals in seiner Totalität sprechen.
(Ueber das geltende Reichsrecht vgl. den oben angeführten Artikel und Laband,
Staatsrecht, II. §71. — Telegraphenregal? das. II. 311 ff.)
Für die Geschichte der R. und hinsichtlich der Rechtsverhältnisse, welche sich
aus der Verleihung eines Regals an Privatpersonen ergeben, ist auf die betreffenden
Abschnitte in den Lehrbüchern der Deutschen Rechtsgeschichte, des Staats= und Pri-
vatrechts zu verweisen. Im Allgemeinen vgl. die folgende Literatur.
Lit.: Gemeiner, Beitrag zur Lehre von den R., München 1842. — H. A. Zachariä,
Ueber R. überhaupt und das Salzregal insbesondere, in der Zeitschr. für Deutsches Recht, 1852,
Bd. XIII. S. 319 ff. — Zöpfl, Art. Hoheitsrechte, in Weiske's Rechtslex. V. S. 321 ff. —
Boechlau, De regalium notione et de salinarum iure regali, 1855. — Strauch, Ueber
Ursprung und Natur der R., Erl. 1865. — Arndt, Zur Geschichte und Theorie des Berg-
regals, Halle 1879. — Roscher, Geschichte der Nationalökonomik, München 1874, an ver-
schiedenen Stellen, insbesondere S. 158 ff. — v. Gerber, § 67.— Beseler, §94. — Stobbe,
II. 83. — Roth, III. § 240. — Für das Preuß. Recht insbes. vgl. Düsberg, Ueber das
System der R. im Allg. LR., in der Zeitschr. für wissenschaftliche Bearbeitung des Preuß.
Rechts, II. S. 59 ff. Franklin.
Regentschaftsgesetze. (Th. I. S. 856 ff.) Die Minderjährigkeit des
Monarchen macht nach allen Deutschen Verfassungen die Einsetzung eines
Reichsverwesers, Regenten, Regierungsvormundes nothwendig, welcher die Funk-
tionen des minderjährigen Souveräns auszuüben hat. Außerdem muß, obgleich
die Deutschen Verfassungen darüber nichts besagen, eine Regentschaft dann
eintreten, wenn der letzte Throninhaber ohne successionsfähige Descendenz verstirbt,
aber eine schwangere Wittwe hinterläßt, bzw. wenn der nächstberufene Agnat vor
dem letzten Throninhaber mit Hinterlassung einer noch beim Tode des Letzteren
schwangeren Wittwe verstirbt. Endlich liegt die Nothwendigkeit einer Regentschaft
stets dann vor, wenn der Monarch auf so lange Zeit — nach der Bayerischen und
Württembergischen Verfassung Ein Jahr — an der Führung der Regierung gehindert
ist, daß die Regierungsgeschäfte zu stocken beginnen, weil die nur unter persönlicher
Mitwirkung oder Initiative des Souveräns möglichen Regierungshandlungen nicht
vorgenommen werden können. Eine schwere geistige oder körperliche Krankheit, welche
dem Souverän die Ausübung der ihm zugewiesenen Funktionen unmöglich macht,
führt daher wie in den älteren, so auch in den neueren Deutschen Verfassungen zu
der Einsetzung einer Regentschaft.
Dagegen differiren die früheren Bestimmungen über die Wirkungen der geistigen
oder körperlichen Regierungsunfähigkeit des zur Thronfolge berufenen Agnaten von
den einschlagenden Sätzen der gegenwärtigen Verfassungen. Wie nämlich der Sachsen-
spiegel und das Longobardische Lehnrecht den nächstberufenen, aber zum Lehndienst
unfähigen, tauben, stummen, blinden, lahmen oder mit sonstwelchem körperlichen
Mangel behafteten Agnaten des letzten Vasallen wenigstens dann, wenn er mit
diesem Gebrechen geboren war, von der Lehnsfolge und damit auch von der Suc-
cession in die Landeshoheit ausschloß, so bestimmte auch die Goldene Bulle, daß
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon III. 3. Aufl. 21