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b) Entschädigung bei Lieferfristüberschreitung (§§ 69 und 70). Die publizirten
Lieferfristen (§ 57 des Bahnreglements) sind gewahrt, wenn innerhalb derselben das Gut
dem Empfänger vor die Wohnung oder das Geschäftslokal zugeführt ist oder im Fall.
der bedungenen Selbstabholung, wenn Avisirung innerhalb der Lieferfrist erfolgt ist.
Für die Entschädigung im Fall einer Lieferfristüberschreitung gelten folgende
Normen:
1) Der Entschädigung Beanspruchende hat den Nachweis des durch die Ver-
spätung ihm erwachsenen Schadens zu liefern.
2) Ohne Nachweis erhält er nur theilweisen Frachtnachlaß (' oder ½).
38) Ohne Interessedeklaration bildet die Hälfte, bzw. die ganze Fracht die
Maximalentschädigung.
4) Bei Interessedeklaration bildet die deklarirte Summe die Maximalgrenze
der Entschädigung.
Im Fall einer „böslichen Handlungsweise“" cesfiren wie bei a alle
Haftpflichtbeschränkungen und bildet weder der Normalsatz, noch die Werth= oder
Interessedeklaration eine Grenze für die Höhe der Entschädigung.
Lit.: Eger, Deutsches Frachtrecht, 1879, Bd. I., II. — Ruckdeschel, Kommentar zum
Betriebsreglement, 1880. — Wehrmann, Das Eisenbahntransportgeschäft, 1880.
Ruckdeschel.
Regredienterbin. (Th. I. S. 853.) Das Deutsche Erbrecht hatte schon
im späteren Mittelalter die Töchter nicht mehr zu Gunsten der Söhne von der
Erbfolge in Stammgüter ausgeschlossen, und vom 16. Jahrh. an war in Deutsch-
land unter dem Einflusse des Römischen Rechts die Ansicht zur allgemeinen Herr-
schaft gelangt, daß das Erbrecht wenigstens hinsichtlich aller Allodialgüter über-
haupt einen Vorzug des Mannsstammes vor den Frauen nicht kenne. Da nun
aber der Vorzug des Mannsstammes innerhalb der reichsständischen Häuser zur Er-
haltung des Familienglanzes nöthig schien und deshalb überall da, wo er sich nicht
herkömmlich behauptet hatte, wiederhergestellt werden sollte, so bediente man sich
zum Zwecke der von dem Rechte nicht mehr geforderten Ausschließung der Frauen
eines besonderen Rechtsgeschäftes: man veranlaßte nämlich die Töchter der
Deutschen hochadligen und reichsritterschaftlichen Häuser, das ihnen zustehende Erbrecht
durch ausdrückliche, meistens eidliche Erbverzichte entweder definitiv für sich und ihre
ganze Descendenz zu beseitigen oder doch bis zum Erlöschen des Mannsstammes —
bis auf den ledigen Anfall — zu suspendiren. Starb hierauf die männliche Linie
aus, so war diejenige Frau, bzw. die Linie derjenigen Frau, welche bei der erst
eingetretenen Konkurrenz mit einem männlichen Erben unter dem Vorbehalte des
ledigen Anfalls auf ihr Erbrecht verzichtet hatte, successionsberechtigt: die R.
Nachdem aber aus dem im 14. Jahrh. zuerst hervortretenden Bestreben, die
Stellung der hochadligen Häuser durch das Zusammenhalten der in ihrem Besitze
befindlichen Güter zu sichern, eine besondere durch Hausgesetze und Observanzen fest-
gestellte Successionsordnung hervorgegangen war, welche meistens die Primogenitur
und stets den Vorzug des Mannsstammes anerkannte, konnte auch den Erbverzichten
der Frauen und den ihnen beigefügten Vorbehalten eine rechtliche Bedeutung regel-
mäßig nicht mehr zugesprochen werden. Hausgesetze und Herkommen hatten die
Ausschließung der Frauen zum objektiven Rechtssatze erhoben: das Recht, auf welches
sie Verzicht leisteten, stand ihnen überhaupt nicht mehr zu; es war deshalb auch
unmöglich, sich dasselbe für den Fall des Erlöschens des Mannsstammes vor-
zubehalten. Vielmehr wurde der Verzicht der hochadligen Töchter, seitdem diese
rechtlich gezwungen waren, ihn zu leisten, ein Scheingeschäft, welches den Inhalt
eines an sich bereits vollkommen gültigen Rechtssatzes in der Gestalt eines über-
lieferten, aber an sich vollkommen überflüssigen Rechtsgeschäftes wiederholte. Beim
Ausgange der männlichen Linie eines reichsständischen Hauses konnte daher nicht
mehr die R. und ihre Descendenz berufen werden; vielmehr gelangte, trotz mehr-