Reichsbank. 369
von solchen Banken, welche ihr Notenrecht verlören oder ausgäben, dem Quantum
der R. hier zuwachsen solle. Auf Grund dieses „Accrescenzrechts“ hat die R. jetzt
das betreffende Quantum von 15 Zettelbanken, die seitdem auf ihr Recht verzichteten
(zum Theil gegen Entschädigung, zu deren vertragsmäßiger Gewährung die N. er-
mächtigt ist), übertragen erhalten, so daß das Normalquantum der R jetzt 273 875.000
Mark beträgt.
Eine Notenausgabe über diesen Betrag hinaus ist nun der R.,
wie den anderen Banken, — übrigens immer nur innerhalb der sonstigen reichs-,
landesgesetzlichen oder statutarischen Grenzen für die gesammte Notenausgabe, was
deren Höhe und Deckung anlangt — zwar gestattet, aber sie haben für die
Ueberschreitung eine Steuer von 5 Prozent jährlich für den Betrag des Plus
an die Reichskasse zu entrichten, nach einem im Gesetz näher angegebenen Berech-
nungsmodus (§ 10). Daher wird jenes eventuell ungedeckte Notenquantum auch
als die „steuerfreie" Notensumme und der Betrag, um welchen die jeweilig
wirklich „ungedeckte“ Summe Noten hinter diesem steuerfreien Betrag zu-
rückbleibt, als die „steuerfreie Notenreserve" bezeichnet. Das ganze,
etwas künstlich ausgedachte und mechanische System aber sollte als eine „indi-
rekte Kontingentirung“ des „ungedeckten Notenumlaufs“ wirken. Bei einer
Spannung auf dem Geldmarkt, bei hochgehender Spekulation, bei Abfluß von Metall
ins Ausland wegen schlechten Standes der Wechselkurse sollte die Verminderung der
Notenreserve eine Zettelbank nöthigen, das zu thun, was freilich in solchen
Fällen gutgeleitete Banken ohnehin in der Erkenntniß richtiger Diskontopolitik von
selbst thun werden: eine Erhöhung des Diskonts mit dämpfender Wirkung
für die Spekulation und hindernder Wirkung für den Metallabfluß rechtzeitig
und genügend eintreten zu lassen. Es ist dies ein ähnlicher Gedanke, wie der der
Peel'schen Acte bei der Englischen Bank zu Grunde liegende (s. oben III. 2). In
der Ausführung wich man nur ab, weil sich die Englische Vorschrift zu starr
mechanisch erwiesen und in den drei großen Krisen von 1847, 1857, 1866 jedesmal
hatte vom Ministerium (gegen spätere parlamentarische Indemnität) suspendirt werden
müssen. Eine Verbesserung dieses Mechanismus liegt auch ohne Zweifel vor
und da die R. im Uebrigen, unter Innehaltung bestimmter Deckungsvorschriften, ein
unbeschränktes Notenrecht hat, wird auch kaum eine ähnlich nachtheilige, die
Paniks steigernde Wirkung der gesetzlichen Vorschrift wie in England bei uns ein-
treten können. Eine eigentliche Probe hat aber in dem verflossenen Zeitraum noch
nicht stattgefunden, eine Ueberschreitung der gestatteten steuerfreien ungedeckten Noten-
ausgabe nur bei wenigen Privatbanken in kleinem Maße (am meisten bei der Sächsf.
Bank), weshalb denn auch bisher die Einnahme des Reichs aus dieser „Steuer“
ganz unbedeutend war. Bei den Privatbanken wird es sich eventuell in kritischen
Zeiten um rücksichtslose Einschränkung der Diskontirung und des Notenumlaufs
handeln, was unter Umständen bedenklich werden kann, oder um sehr starke, mehr
als sachlich nothwendige Diskontoerhöhung, was ebenfalls nicht unbedingt gerecht-
fertigt ist, oder endlich — und wol meistens — um vorübergehende Belastung des
Bankgewinns mit der Steuer: dann wird aber der Zweck der Einrichtung nicht er-
reicht. Bei der R. werden andere Rücksichten doch wol mit Recht meist noch mehr
maßgebend sein, als die, die Steuer auf den Verkehr abzuwälzen. Da das Reich
ohnehin den halben Gewinn dieser Bank bezieht, fällt auch die Notensteuer den
Privateigenthümern der Bank nur eventuell zur Hälfte zur Last. Gerade um die
R. in politischen und merkantilen Krisen ganz die sachlich richtige Stellung wählen
und sie frei nach bestem Ermessen ihre Aufgabe erfüllen zu lassen, wäre es wol
besser, wenn sie dieser „indirekten Kontingentirung“ nicht unterstellt worden wäre.
Dafür spricht auch die Geschichte der Preußischen und der Französischen Bank.
Von diesen Vorschriften sind noch diejenigen zu unterscheiden, welche das Gesetz
für die spezielle Notendeckung feststellt. Diese muß bei der R. und bei den-
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon III. 3. Aufl. 24