Reichsfinanzwesen. 375
bestimmt nicht, daß Jemand ohne seine Zustimmung R. werden könne, es muß
also die Zurückweisung der Anstellungsurkunde möglich sein. Der Uebernahme des
Amtes soll die Ableistung des Diensteides vorangehen (§ 3). Jeder R. hat die
allgemeine Pflicht eines achtungswürdigen Betragens (5 10); die Pflicht des
Gehorsams gegen die Gesetze steigert sich bei ihm zur Pflicht der Treue, welche die
Amtsverschwiegenheit in sich schließt (§ 11), und zum dienstlichen Gehorsam,
ohne daß jedoch der Beamte deshalb aufhört, für die Gesetzmäßigkeit seiner
Handlungen verantwortlich zu sein (§ 41); der Beamte hat überhaupt sein Amt
der Verfassung und den Gesetzen entsprechend gewissenhaft wahrzunehmen (§ 10).
Wer als Beamter zu einer Kautionsbestellung verpflichtet ist, bestimmt das Gesetz
(6 2) im Allgemeinen, die Einzelheiten sind durch Kaiserliche Verordnung im Ein-
vernehmen mit dem Bundesrath geregelt. Der R. hat das im Rechtswege geltend-
zumachende Recht auf die ihm zugesicherte Besoldung und einen Wohnungsgeldzuschuß
in Gemäßheit des Gesetzes vom 30. Juni 1873 (R.G.Bl. S. 166), bei dauernder
Bersetzung in den Ruhestand auf eine gesetzlich bestimmte Pension, bei einstweiliger
Versetzung in den Ruhestand auf Wartegeld. Auch der Wittwe und den ehelichen
Nachkommen eines R. stehen bestimmte Rechte zu. Die Art, wie dem Beamten
Auslagen und Reisekosten zu ersetzen sind, ist gesetzlich geregelt. Die Anstellung eines
R. gilt als auf Lebenszeit erfolgt, wenn nicht der ausdrückliche Vorbehalt einer
Kündigung oder des Widerrufs gemacht ist.
Jeder R. — außer den richterlichen — muß sich die Versetzung in ein anderes
Amt gefallen lassen, sofern dessen Rang und Diensteinkommen nicht geringer sind
als das bisherige (§ 23). Sonst kann derselbe seines Amtes ohne seinen Antrag nur
zur Strafe im Rechtswege oder im Disziplinarverfahren beraubt werden. Bei
Organisationsveränderungen und für die im § 25 des RGes. bezeichneten Be-
amten findet eine einstweilige Versetzung in den Ruhestand statt. Eine vorläufige
Dienstenthebung kann ferner in Folge eines Strafverfahrens oder eines Disziplinar-
verfahrens eintreten.
Ein R., welcher die ihm obliegenden Pflichten verletzt, begeht ein Dienst-
vergehen und hat Disziplinarbestrafung verwirkt (§ 72). Als Strafen kommen vor
die unter der Bezeichnung „Ordnungsstrafen“ zusammengefaßten: Warnung, Verweis
und Geldstrafe (§ 74), und die Entfernung aus dem Amte (§ 75), die als Straf-
versetzung oder Dienstentlassung im gerichtlichen Disziplinarverfahren erkannt werden
kann, während die Ordnungsstrafe im Verwaltungswege verhängt wird. Für die
Mitglieder des Reichsgerichts und gewisse andere Beamte (RGes. § 158) ist ein Dis-
iplinarverfahren nicht vorgesehen.
Freiherr v. S Neukirch, Die Rechtsverhältnisse der R., Berl. 1874. —
g Das Recht der Deutschen R., Berlin 1874. — Laband, Deutsches Staats-
recht 82. — Thudichum, Das R.Recht (in Hirth's Annalen, Leipz. 1876,
S. 2 Eccius.
bfinanzresen. I. Prinzipielle Erörterung. Die finanziellen
Mittel zur Erfüllung der Staatszwecke zu beschaffen, ist die Aufgabe der staatlichen
Finanzgewalt; dieselbe ist eines der Hoheitsrechte, welche in ihrer Einheit die
Souveränetät konstituiren, und theilt mit letzterer demnach auch die begrifflichen
Merkmale. Im Bundesstaat sind die staatlichen Aufgaben getheilt zwischen Central-
gewalt und Einzelstaaten: beide bedürfen demnach finanzieller Mittel. In welcher
Weise die Finanzquellen, welche überhaupt für den Staat in Betracht kommen, im
Bundesstaat zwischen Centralgewalt und Einzelstaaten zu vertheilen seien, ist lediglich
Sache der positiven Gesetzgebung: prinzipielle Richtpunkte für die letztere sind nicht
vorhanden. Ebensogut kann die Centralgewalt auf die indirekte, die Einzelstaaten
auf die direkte Besteuerung der Unterthanen angewiesen sein als umgekehrt. Nur
das ist prinzipiell nothwendig, daß die Centralgewalt ihre eigenen selbständigen
Finanzquellen besitze. Die Beschaffung der finanziellen Mittel für die Centralgewalt