Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Perizonius — Permaneder. 35 
befreit wird, sondern verpflichtet bleibt (1. 9 § 9; I. 11 pr. D. d. R. C. 12, 1), 
oder bei zweiseitigen Obligationen zwar befreit wird, aber zugleich sein Anrecht auf 
die Gegenleistung verliert (I1. 1 § 1; I. 4 pr. D. h. t.), in Bezug auf den Gläubiger 
dagegen kommt jene Wendung vor, wenn er seine Forderung ohne Ersatz, insbesondere 
bei zweiseitigen Obligationen auch ohne gleichzeitige Befreiung von seiner Gegen- 
verpflichtung einbüßt (I. 11 pr. D. cit.; 1l. 5 § 7 D. comm. 13, 6; I. 8 pr. D. 
h. t.; 1. 34 § 6 D. d. C. E. 18, 1). Vgl. v. Wächter, Arch. f. civ. Pr. XV. 
S. 97—115. Man hat sich vielfach bemüht, die Vertheilung der Gefahr bei allen 
Verträgen auf ein gemeinsames Prinzip zurückzuführen. Die ältere Theorie glaubte 
als solches den Satz aufstellen zu können: casum sentit dominus. Jetzt ist die 
Unhaltbarkeit dieser Formel, gegen die sich namentlich v. Wächter's angeführte Abhand- 
lung richtet, allgemein anerkannt. Aber auch die an deren Stelle gesetzten Regeln: 
impossibilium nulla obligatio und casus a nullo praestantur, sind zu allgemein 
und unbestimmt, um überall eine Grundlage der Entscheidung abzugeben. Prinzipiell 
kann nur soviel gesagt werden, daß der Gläubiger für eine kasuell, d. h. ohne Ver- 
schulden des Verpflichteten unmöglich gewordene Leistung, z. B. bei zufälligem Unter- 
gang eines individuell bestimmten Schuldgegenstandes, keinen Ersatz zu fordern hat, 
insofern also das P. trägt. Species perit ei cui debetur. Anders steht es jedoch 
dann, wenn zufolge Vertrages oder kraft Mora (s. diesen Art.) das P. auf den 
Schuldner übergegangen ist. Bei Genusschulden liegt eine Unmöglichkeit so lange 
nicht vor, als noch Sachen der Gattung, aus welcher geleistet werden soll, vor- 
handen sind; so lange trägt daher auch nicht der Gläubiger, sondern der Schuldner 
das P. Für die Fälle, wo die Schuld mit dem Recht auf eine Gegenleistung ver- 
bunden ist, enthält das Röm. Recht verschiedene Regeln. Beim Kauf behält der 
Verkäufer regelmäßig trotz Untergangs der Sache seine Forderung auf das Kauf- 
geld; daher heißt es, daß das p. emtoris est (s. den Art. Kauf). Bei der 
Miethe dagegen verliert der Vermiether, dem durch Beschädigung der Sache die 
Gewährung ihres Gebrauchs unmöglich wird, von da ab seinen Anspruch auf das 
Miethgeld; insofern kann man sagen: p. est locatoris (s. den Art. Miethe)r. 
Für die übrigen zweiseitigen Verträge finden sich durchgreifende Sätze nicht, weil 
jene meist nicht durch bloßen Konsens verbindlich wurden, und also bei kasueller 
Unmöglichkeit einer Leistung der auf dieselbe Berechtigte seine Gegenleistung ver- 
weigern, bez. wenn er sie bereits vollzogen hatte, mit condictio causa data causa 
non secuta zurückfordern konnte. Im heutigen Recht, nach welchem die Verträge 
grundsätzlich durch Konsens zur Perfektion gelangen, wendet man nun, je nachdem 
sie sich mehr dem Kauf oder mehr der Miethe nähern, die für jenen bez. für diese 
geltende Regel analog an. Andere Meinungen vgl. bei Windscheid, Lehrb., II. 
§ 321 Nr. 3. Auch die neueren Gesetzgebungen haben kein durchgreifendes Prinzip über 
die Gefahr aufgestellt, brauchen aber den Ausdruck in demselben Sinne, wie das 
Gem. Recht (§ 95 Allg. OR. I. 11. HG#B. Art. 345). Die Regeln sind daher bei 
den einzelnen Verträgen anzugeben. Die neuere Literatur verzeichnet Windscheid 
a. a. O. Anm. 13. Eck. 
Perizonius, Jacobus (Voorboeck), 5 26. X. 1651 zu Dam (Gröningen), 
wurde 1681 Prof. der Eloquenz und Geschichte in Franeker, 1693 in Leyden, # 6. 
IV. 1715. 
Schriften: Animady. historicae, Amst. 1685. — De doctrinae studiis, Lugd. Bat. 
Wes — Opuscula minora, Lugd. Bat. 1740. — Verzeichniß seiner Bibliothek, LLeyden 1715. 
Lit.: Michaud. — Te Water, Narratio de rebus acad. Lugd. Bat. saec. 18. 
rosperis et adversis, Lugd. Bat. 1802. — Schulte, Geschichte, III. b 267. — Kramer, 
4 P., Berol. 1828. Teichmann. 
Permaneder, Michael, 5.1794 zu Traunstein, studirte in Salzburg und 
Landshut Philosophie, die Rechte und später auch Theologie, wurde Studienlehrer 
und 1834 Prof. des Kirchenrechts, der Kirchengeschichte c. am Lyceum Freising, 
seit 1847 an der Universität München, J 1862. 
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