320 Regalien.
Umstand, daß letztere wesentlich, unveräußerlich, unübertragbar sind, also nur vom
Staate ausgeübt werden dürfen — sondern das ist das eigentlich Charakteristische, daß
die Hoheitsrechte nach unserer Ansicht vom Staate und der Staatsgewalt dem
Staate immer zustehen müssen; sie sind nicht Befugnisse, welche der Staat haben
kann oder nicht haben kann, sie sind überhaupt nicht selbständig zu denkende Rechte
des Staates, sondern sie sind Aeußerungen der Staatsgewalt und in letzterer so be-
gründet, wie etwa einzelne Rechte des Eigenthümers im Eigenthum enthalten sind.
Dagegen ist das Bestehen von R. bekanntlich für den Begriff und die Wirksamkeit
der Staatsgewalt unerheblich — selbstverständlich aber nur in staatsrechtlicher Be-
ziehung — und die Aufgabe derselben seitens des Staates durchaus gleichgültig;
eben deshalb kann auch die Ausübung eines Regals auf andere übertragen werden.
Nicht minder wichtig ist es aber, die R. von anderen Vermögensrechten des Staates
— zufälligen, wie man jetzt sagt, z. B. an Domänen, Forsten 2c. — genau zu
trennen; sie unterscheiden sich von letzteren zunächst hinsichtlich der Möglichkeit des
Erwerbes, insofern die der Regalität unterworfenen Objekte der Regel nach überhaupt
nicht ohne Verleihung der Staatsgewalt erworben werden können; sodann hinsichtlich
des Grundes der Zuständigkeit: der Staat erwirbt die R. nicht, wie etwa das
Eigenthum an Domänen, nach den Grundsätzen des Privatrechts, sondern sie stehen
nach dem Rechte des betreffenden Landes dem Staate als solchem zu; endlich in
Beziehung auf den Inhalt des Rechts: denn das aus dem Regal sich ergebende R.
ist nicht als eine einzelne Berechtigung, sondern als die ausschließliche Möglichkeit,
überhaupt Rechte hinsichtlich der regalen Objekte zu erwerben, zu qualifiziren. Aber
weder in der Gesetzgebung, noch in der Literatur, noch bei der Rechtsprechung
sind diese Grenzlinien immer beobachtet worden, und so ist es gekommen, daß vielfach
Hoheitsrechte oder zufällige Vermögensrechte des Staates als R. bezeichnet und
behandelt wurden; Nutzungen aus der Justizverwaltung z. B., das Recht ferner auf
herrenlose Güter, die Zollgerechtigkeit gar, sind keine RF. und werden im Allg. LR.
doch als solche angesehen. In den Partikularrechten ist die Zahl der R. sehr ver-
schieden angegeben; dies erklärt sich zum Theil eben aus der erwähnten Verschiebung
der Begriffe, zum Theil aber auch daraus, daß nach den Landesrechten bald mehrere,
bald wenigere Objekte der Regalität unterworfen sind. Ist doch selbst die Zahl der
gemeinrechtlichen R. streitig; nannte z. B. v. Gerber früher mit anderen Schrift-
stellern deren vier: Mühlen= und Fischereiregal in öffentlichen Flüssen, Jagd-, Berg-
und Salinen-, Postregal, so kennen andere eine größere, andere eine geringere Zahl,
wie z. B. einer der neuesten Schriftsteller über diesen Gegenstand (Böhlauy) die
Existenz nur zweier R. (des Bergwerks= und Salzregals) behauptete und alle sonst
genannten als auf den Hoheitsrechten des Staates beruhende Befugnisse bezeichnete.
Neuerdings spricht v. Gerber (13. Aufl. § 67) auch den eben genannten R. den
Charakter der Gemeinrechtlichkeit im eigentlichen Sinne überhaupt ab und nähert
sich hiermit der Ansicht von Befeler (§ 95 unter IV.), welcher die R. als ein
Institut des von ihm sog. bedingt Gemeinen Rechts bezeichnet, so daß eine Ver-
muthung für die Geltung desselben in den einzelnen Staaten nicht bestehe.
Unverkennbar ist es, daß die Richtung unserer Zeit der fortdauernden Anerken-
nung der R. längst widerstrebt. Es erscheint mit der Forderung nach wirthschaft-
licher und gewerblicher Freiheit auf der einen, nach vollkommener Rechtsgleichheit
auf der anderen Seite nicht vereinbar, daß der Staat sich die ausschließliche Mög-
lichkeit des Erwerbes gewisser Privatrechte vorbehält und die Unterthanen an deren
Ausübung ganz verhindert oder letztere wenigstens von der erlangten staatlichen
Konzession abhängig macht. Und wenn auch der Staat ein wesentliches Interesse
hat, die Einnahmequellen, welche ihm aus der Existenz der R. erflossen, nicht ver-
siegen zu lassen, so hat die Volkswirthschaftspolitik nach Mitteln zu suchen, diese
finanziellen Interessen zu wahren, ohne die grundherrschaftlichen oder Gewerbe R.
dauernd zu konserviren. (Ueber die hier in Betracht kommende Fragen val. Ad.