Remission des Pachtzinses. 429
finden und Eigenthum der Familie der Verschiedenen sind, stattgefunden haben, läßt
sich von Diebereien sprechen. Der Oesterr. Entwurf § 181 bestraft auch unbesugtes
Hinwegbringen einer Leiche oder Theile derselben von zur Aufbewahrung oder Be-
erdigung von Leichen bestimmten Orten. Wer von einem Grabdenkmal, einer Leiche
oder aus einem Grabe eine Sache in rechtswidriger Zueignungsabsicht wegnimmt,
ist gleich einem Diebe zu bestrafen (RStraf GB. § 168). Die Zerstörung oder Be-
schädigung von Gräbern und Grabdenkmalen ohne Entwendung wird als eine qua-
lifizirte Sachbeschädigung behandelt. Unrichtig wird dieses Delikt im Systeme dieses
Gesetzbuches dem Diebstahle beigezählt. Baden bestrafte die unbefugte Eröffnung
eines Grabes mit Gefängniß, wenn damit eine Entwendung aus dem Grabe ver-
bunden war, mit Kreisgefängniß oder Arbeitshaus. Wer einen nicht beerdigten
Leichnam oder Theile davon entwendet oder einen solchen Leichnam unbefugt ver-
stümmelt, wird auf Antrag von Gefängnißstrafe getroffen. Sind diejenigen, welchen
die Sorge für die Beerdigung obliegt, durch die Verstümmelung eines Leichnams zu
wissenschaftlichen Zwecken so tief verletzt, daß sie den Strafantrag stellen, dann soll
der Richter eine Strafe, wenngleich eine geringere aussprechen. Erschwerend ist, wenn
die Beschädigung von einer zur Aufsicht über die Gräber angestellten Person be-
gangen wurde.
Es geht zu weit, wenn die Wegnahme eines Theiles einer Leiche aus dem Ge-
wahrsam der berechtigten Personen mit längerem Gefängniß bedroht wird. Bedenkt
man, daß bei Sektionen von inneren Theilen der Leiche häufig aus wissenschaftlichen
Gründen Einzelnes angeeignet wird, so erscheint diese Strafe bei dem Nichtvorhan-
densein einer gewinnsüchtigen Absicht zu hart. Der beschimpfende Unfug gegen den
Todtenkultus ist es vor Allem, welcher die Strafbarkeit dieses Delikts begründet,
und liegt der Handlung gewinnsüchtige oder nichtswürdige Absicht zu Grunde, so
erscheint die Entziehung bürgerlicher Ehrenrechte begründet.
Lit. u. Gsgb.: Goltdammer, Arch. X. 793; XVI. 363, 442, 513. — Waser,
r1 Errichtsgitung 1853, Nr. 50. —v. Jagemann, Kriminallexikon, 1854, S. 405. —
Kuf nagel, Komment. zum Württemb. Strafgesetz, I. S. 497—500. — Motive zu dem
Nordd. Sirasgeset= Entwurf 1869. — Die Lehrbücher von Berner, Schütze v. Liszt. —
Wahlberg in v. Holtzendorff, 3 Handb. d. Strafrechts Bd. III. 263 ff. — Haager,
Sind die Mtkathori en in rechtlicher Hinsicht noch Mitglieder der be#ele Kirche und als
vsche berechtigt, den in § 166 des Straf GB. gewährten Staatsschutz in Anfpouch guzuebmen?,
erg
Remission des Pachtzinses (remissio mercedis) ist der auf Billigkeits-
gründen beruhende Nachlaß des Pachtzinses, welchen bei außerordentlichen Unglücks-
fällen der Früchte der Pächter eines Landgutes von dem Verpächter gesetzlich fordern
kann. Nach allgemeinen Grundsätzen muß der Verpächter dem Pächter gewähren:
ut re conducta frui liceat (I. 9 pr.; 1. 15 pr. D. 19, 2). Wenn also der Pächter
an sich in diese Lage versetzt worden ist, wenn er sich vertragsmäßig der verpachteten
Sache bedienen konnte, durch zufälligen Untergang oder Verschlechterung der stehenden
Früchte aber um den erhofften Genuß beraubt worden ist, so steht ihm ein juristi-
scher Anspruch auf Erlaß oder Schmälerung des Zinses gegen den Verpächter nicht
zu. Aber die Billigkeit erfordert es, daß der Verpächter in Mitleidenschaft gezogen
werde. Daß allein auf die aequitas der R.anspruch von den Römischen Juristen
begründet wurde, ergiebt sich daraus, daß dem Pächter keine Klage auf das Interesse,
sondern nur eine exoneratio mercedis gewährt wurde (I. 15 § 7 D. 19, 2),
welche von dem Recht aus Gewährleistung streng zu scheiden ist (Wernher,
Comment. ad Dig. XIX. 2, § 13). Im Gem. Recht hat man jedoch diese Unter-
scheidung aufgegeben und die R. juristisch zu rechtfertigen versucht. Man gelangte
zu der Auffassung, daß, da nach den Grundsätzen der Accession die noch nicht ge-
sammelten Früchte in das Eigenthum des Verpächters fallen, dieser die Früchte selbst
dem Pächter zu gewähren habe und daß die stillschweigende Voraussetzung der
Pachtzinspflicht die wirkliche Ziehung der Früchte sei (Glück, Bd. 17 S. 447).