Personallehn — Personenstand. 37
Personallehn. Während das Lehn in der Zeit der Anfänge des Lehn-
wesens nur ein zeitlich beschränktes Recht des Beliehenen begründete, hat sich schon
früh die Erblichkeit der Lehen zur durchgreifenden Regel ausgebildet, so daß das
Gegentheil als vereinzelte Ausnahme erscheint. Die Lehnserrichtung bezieht sich
demnach nicht blos auf den ersten Erwerber, sondern faßt auch alle lehnsfolgefähigen
Nachkommen desselben in sich, welche in der Investitur desselben stillschweigend mit
inbegriffen sind und daher bei dem Tode des jeweiligen Besitzers nach den Grund-
sätzen des Lehnrechts in das Lehn succediren. Vermöge der besonderen Bestimmungen
des Lehnkontrakts kann aber auch ein Lehn unter zeitlicher Beschränkung errichtet
werden. Ein derartiges betagtes Lehn (Zeitlehn) ist das P., welches nur auf
Lebenszeit des Empfängers verliehen wird. Am häufigsten erfolgten solche Ver-
leihungen an Lehnsunfähige, an Geistliche und an Frauenzimmer zur lebensläng-
lichen Versorgung, an letztere namentlich in der Weise, daß die Frau des Vasallen
ihr Witthum als ein P. erhielt.
: Hagemann, Vom P., 1786 (auch in dessen kleinen juristischen Auffätzen, Th. 1.
157 — v Gerber, § 117. Pfe iffer in Weiske's Rechtslexikon VI. 40 Ho-
meyer, System des Lehnrechts, Sachsenwpiegel, II. 2, 358, insbef. 363.
Heinrich Brunner.
Personenstand (Verbrechen gegen den). Das Rötraf# B. faßt unter dieser
Bezeichnung zwei Delikte zusammen: die Veränderung oder Unterdrückung des
Familienstandes (Personenstandes) eines Dritten und die betrügliche Eingehung
einer Ehe.
1) Den Gegenstand des ersteren Delikts bilden alle Familienrechte, welche durch
eheliche oder außereheliche Geburt, durch Adoption oder Arrogation oder durch die
Ehe erworben werden (v. Schwarze). — Zum Thatbestande gehört, daß diese Rechte
durch „Veränderung oder Unterdrückung“ ihres Grundes verletzt werden. Die bloße
Anmaßung fremder Familienrechte gehört nicht hierher. Wenn sie auf rechtswidrige
Bereicherung gerichtet ist, so kann der Begriff des Betrugs anwendbar werden.
Bayern hatte diesen Fall den Verbrechen gegen den Familienstand eingereiht. —
Die Handlung muß nach dem RStraf GB. gegen den P. „eines Andern“ gerichtet
sein. Ob die Einwilligung desselben das Delikt ausschließe? Die Konsequenz spricht
für die Bejahung der Frage. Gleichwol dürfte sie der Stellung und der Fassung des
§ 169 gegenüber zu verneinen sein (anderer Meinung: v. Schwarze im Handbuch c.
Komm.). — Daß die Absicht auf vermögensrechtliche Benachtheiligung des Andern
oder auf eigenen rechtswidrigen Gewinn gerichtet sei, wird nicht gefordert. Das
letztere Moment aber bildet nach dem Straf GB. einen Auszeichnungsgrund. Die
Aussicht auf den rechtswidrigen Vermögensvortheil muß dabei das Motiv der That
gebildet haben. — Ein Mittel zur Verübung des Verbrechens wird häufig in dem
Bewirken der Herstellung falscher öffentlicher Urkunden (insbesondere falscher Civil-
standsurkunden) gegeben sein. Baden hatte diesen Fall ausgezeichnet. Es werden
hier die Bestimmungen über intellektuelle Urkundenfälschung (§ 271 des Stras G.)
anwendbar. — Zur Vollendung gehört die Hervorbringung falscher Vorstellungen
über den P. der betreffenden Person. — Nach Rhein. Recht muß der Strafverfolgung
die Entscheidung der Eivilstandsfrage im Civilverfahren vorausgehen. — Der Haupt-
fall dieser Verbrechensart ist in der Kindesunterschiebung (s. diesen Art.)
gegeben.
Oesterreich kennt diese Verbrechensart nur als eine Betrugsspezies. Es stimmt
darin mit einigen älteren Gesetzen (vgl. Hessen 397, 6) und mit der gemeinrecht-
lichen Doktrin, insofern dieselbe hier die Gesichtspunkte des Betruges und der
Fälschung zur Anwendung brachte, überein.
2) Auch das zweite Delikt enthält eine durch Täuschung bewirkte Veränderung
des P. und konnte um deswillen mit dem ersten zusammengestellt werden. Voraus-
gesetzt ist eine auf die Voraussetzungen eines Eheschlusses bezügliche Täuschung, welche