Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Rente, Rentenkauf. 435 
wurde „in das Haus gethan“. „Das Haus zinste“, das heißt, nur die belastete 
Sache war für die R. verhaftet. Der Besitzer konnte nicht auch mit seinem übrigen 
Vermögen im Exekutionswege in Anspruch genommen werden; er war in der Lage, 
sich durch Dereliktion des belasteten Objekts von der Haftung für die R. (sowol 
die laufenden, als die verfessenen Zinsen) zu befreien. Rückstände blieben auf der 
Sache liegen, sie bildeten nicht etwa eine persönliche Schuld desjenigen, unter dessen 
Eigenthumsperiode sie entstanden waren, sondern es mußte der Besitzer der Sache 
auch die Schulden des Vorbesitzers bezahlen, wenn er es nicht darauf ankommen 
lassen wollte, daß der Rentenberechtigte sich aus dem Hause bezahlt machte. Eine 
durchschlagende Belegstelle für diesen früher vielfach angezweifelten Rechtssatz bildet 
die Glosse zu Art. 20 des Sächs. Weichbilds (vgl. Thl. I. 190): Von Eigen wie 
man das vorgebin moge zu wichbilde rechte. Sie sagt nämlich: Wäre ver- 
sessener Zins auf dem (aufgelassenen) Gute und hätte der, welcher den Zins versaß, 
das Gut verkauft mit allen Rechten, wie er es hatte und der andere es in dieser 
Weise empfangen vor gehegter Bank, er müste den zins selber legen, dem is vor- 
reicht wart (aufgelassen wurde). Der Rentenherr hatte eine Zinsgewere an der 
Sache, welche sich auch vom Standpunkte des heutigen Rechts als ein Recht an der 
Sache darstellt, und im Fall der Säumniß darin äußerte, daß er das Gut sich zu- 
eignen oder verganten lassen konnte. Partikularrechtlich hatte der Rentner wegen 
versessener Renten auch ein außergerichtliches Pfändungsrecht an den auf dem Gute 
befindlichen Mobilien. Die R. war auf beiden Seiten unkündbar (Ewigzins, Ewig- 
geld); weder konnte der Rentherr das bezahlte Kapital zurückverlangen, noch konnte, 
wenigstens ursprünglich, der Rentenschuldner durch Rückgabe des Hauptgeldes sein 
Grundstück ohne Zustimmung des ersteren frei machen. 
Die wirthschaftliche Bedeutung des Rentenkaufs beruhte namentlich darin, daß 
er Jahrhunderte hindurch das von der Kirche verbotene zinsbare Darlehn ersetzte 
und schließlich der allgemeinen Zulässigkeit desselben Bahn gebrochen hat. Darum 
darf man aber die Entstehung des Rentenkaufes nicht aus dem Bedürfniß und der 
Absicht einer Umgehung des kanonischen Zinsverbotes erklären wollen. Die Ent- 
stehungsursachen sind vielmehr in der ausschließlichen Produktivität von Grund und 
Boden und in der beschränkten Haftung des Erben für die Schulden des Erblassers 
zu suchen, welch' letztere einen Personalkredit, wenn auch sonst die Voraussetzungen 
desselben vorhanden gewesen wären, füglich nicht aufkommen lassen konnte. 
Das Rechtsverhältniß aus dem Rentenkaufe bietet in den verschiedenen Stadien 
seiner Entwickelung Uebergänge zur Erbleihe einerseits, zum zinsbaren Darlehn 
andererseits dar. Leiheverhältnisse wurden namentlich in den Städten häufig ein- 
gegangen, um Kapitalien fruchtbringend anzulegen und sich den Bezug einer festen 
R. zu verschaffen. Der Kapitalsbesitzer kaufte der Form nach für eine bestimmte 
Geldsumme ein städtisches Grundstück und ließ sich dasselbe auflassen, um es dann 
dem Verkäufer gegen einen vereinbarten Leihezins zur Leihe zu geben. Formell 
lagen ein Kauf mit nachfolgender Eigenthumsübertragung und eine Erbleihe vor, 
faktisch lief das Geschäft auf einen Rentenkauf hinaus. Im weiteren Verlauf der 
Entwickelung hat sich das ursprüngliche Verhältniß mitunter der Art verdunkelt, daß 
das R. des Eigenthümers auf ein bloßes R.recht reduzirt wurde, während der 
Leihebesitz in Eigenthum überging, welches mit einer schließlich der Ablösung anheim- 
fallenden R. belastet war. Ob man deshalb annehmen könne, daß der Rlkauf 
überhaupt aus dem Institute der Erbleihe hervorgegangen sei, ist eine noch nicht 
abgeschlossene Frage. Seit dem 13. Jahrhundert beginnt das R.verhältniß sich dem 
zinsbaren Darlehn allmählich zu nähern. Während früher die Ablösbarkeit der 
R. im R. vertrage speziell bedungen werden mußte, wird nunmehr zuerst partikular- 
rechtlich die allgemeine Ablösbarkeit der R. ausgesprochen (Wiederkaufsgülten). 
Dies geschah z. B. in Lübeck wahrscheinlich schon 1251, in München von 1391 
an, in Basel seit 1441. Später wurde dann reichsgesetzlich (RPO. von 1577 
28“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.