486 Rentenbriefe.
Tit. 17 § 9; Tit. 19 § 3) bestimmt, daß alle jährlichen Gülten ohne Rücksicht
auf die Vertragsbestimmung des einzelnen Falles für den Schuldner einseitig ab-
lösbar sein sollten. Da andererseits hier und da die Auflassung hinwegfiel und die
dingliche Beziehung der R. zu einem bestimmten Grundstück durch die Ausdehnung
der Haftung auf das gesammte Vermögen des Schuldners beseitigt wurde, so unter-
schied sich das zinsbare Darlehn von derartigen Renten nur noch durch das
Kündigungsrecht des Darlehnsgläubigers, welches dem R.gläubiger fehlte. Soweit
durch Vertrag oder durch Partikularrechte diese letzte Scheidewand niedergerissen
wurde, flossen R.= und Darlehnsvertrag völlig zusammen. Im Anschluß an den
für die Ablösung der R.kaufsgülten aufgestellten Zinsfuß wurde nun auch das zins-
bare Darlehn durch die Praxis der Reichsgerichte anerkannt. Trotz dieser Um-
wandlung, die im Allgemeinen vor sich gegangen ist, haben sich die R. und der
R.kauf im heutigen Rechte ein beschränktes Geltungsgebiet bewahrt. Das Sachf.
BGB. kennt sie unter dem Namen „eiserne Kapitalien“; in München sind die Ende
des 15. Jahrhunderts gesetzlich geregelten „Ewiggelder“ noch von tiefeingreifender
praktischer Bedeutung. Der Code JNap., die Gesetzgebung Hollands, Italiens und
einzelner Schweizerkantone nehmen auf den R.kauf Rücksicht. Für das heutige
Deutsche Priv.R. bietet die juristische Konstruktion des R.kaufs insofern Schwierigkeiten,
als die Grundsätze des älteren Deutschen R. nicht durchweg mehr als gemeinrechtlich
betrachtet werden können und andererseits streitig ist, welche von den jüngeren
Entwickelungsformen für die heutige R. als typisch zu betrachten sei. Was die
Konstituirung der R. betrifft, so ist an Stelle der Auflassung die Eintragung in
die öffentlichen Bücher oder gerichtliche Konfirmation getreten. Demgemäß setzt
die Tilgung der Kaufrente im Rechtsgebiete der Grundbücher, mindestens soweit sie
gegen Dritte wirksam sein soll, die Löschung im Grundbuch voraus. Die Haftung
des belasteten Objekts für die unter einem früheren Besitzer ausgelaufenen Rückstände
ist fast allgemein außer Geltung gekommen. Jedoch hat in München das Ewiggeld
auch noch in dieser Beziehung den Charakter einer dinglichen Last, wenn nicht die
persönliche Haftung des Schuldners durch besondere Vereinbarung begründet worden
ist. Der R.schuldner hat das Recht- der Ablösung. Die Höhe der R. ist
durch RPO. von 1577 auf 5 Prozent festgesetzt worden, doch folgte daraus
nicht die Anwendbarkeit der übrigen gesetzlichen Zinsbeschränkungen, z. B. des
Verbots des Anatocismus. Dem Gläubiger kann im Fall der Säumniß ein
Kündigungsrecht vertragsmäßig eingeräumt werden (RDA. von 1600, § 35);
andernfalls hat er das Kündigungsrecht nicht, wenn nicht ein Partikularrecht es
im Fall der Mora gewährt. Im Uebrigen gelten für das Rechtsverhältniß aus
dem R.kaufe die allgemeinen Grundsätze der Reallast.
Lit.: Albrecht, Die Gewere, 157 ff. — Auer, Das Stadtrecht von München, 1840.—
Riedel, Das Ewiggeld-Institut in München, 1819. — Duncker, Reallasten, 69 ff. —
Göschen, Die Goslar'schen Statuten, 228 ff. — Stobbe in der Zeitschr. für Deutsches
Recht, XIX. 178. — Arnold, Geschichte des Eigenthums in den Deutschen Städten, 1861.—
Pauli, Die Wieboldsrenten, 1865. — Neumann, Geschichte des Wuchers, 212. —
v. Wyß, Die Gült. u. der Schuldbrief, in d. Zeitschr. f. Schweiz. Recht IX. — Höpken im
Bremischen Jahrb. VII.— Stobbe, § 104.— v. Gerber, §§ 188 ff. — Bluntschli, §§ 97 ff.—
Gengler, §78. — Insbesondere Roth, Bayer. Civilrecht, II. 336. Heinrich Brunner.
Rentenbriefe. Zur Erleichterung der Ablösung bäuerlicher Grunddienstbar-
keiten sind in Deutschland (Sachsen 1832, Bayern 1848, Preußen 1850 2c.) in den
letzten Jahrzehnten besondere Kreditinstitute (Rentenbanken 2c.) errichtet, welche,
zwischen den Berechtigten und den Pflichtigen tretend, Kredit nehmend bzw. gebend,
den Mangel eigenen, zur Ablösung hinreichenden Kapitals bei dem Pflichtigen er-
setzen. Fast überall ist die Sache gesetzlich in der Art geordnet, daß der Berechtigte
an Stelle des Entschädigungskapitals einen entsprechenden Betrag in „R.“ (so in
Preußen; „Grundentlastungsobligationen“ in Oesterreich= Ungarn; „Land-R." in
Sachsen, „Grundrentenablösungsschuldbriefe“ in Bayern 2rc.) erhält, welche von der