460 Retention des Pfandes — Retentionsrecht.
Retention des Pfandes. Auf der I. un. Cod. etiam ob chirographariam
pecuniam pignus retineri posse beruht der Satz, daß ein Gläubiger, der sich im
Besitz einer ihm verpfändeten Sache befindet, auch nachdem er volle Befriedigung
wegen der Pfandforderung erhalten hat, dem Schuldner das Pfand vorenthalten
kann, solange er noch irgend welche andere Ansprüche an den Schuldner hat. Der
Einwand aus dieser durchaus singulären Vorschrift, deren Billigkeit wenigstens zweifel-
haft ist, beseitigt die persönliche Klage des Pfandschuldners auf Herausgabe des
Pfandes. Der Wortlaut des Gesetzes rechtfertigt die mehrfach versuchte Einschrän-
kung der Vorschrift auf Faustpfänder oder vertragsmäßige Pfandrechte nicht. Gegen
die dingliche Klage Anderer, insbesondere anderer Pfandgläubiger ist das Retentions-
recht nicht wirksam, und auch der spätere Pfandgläubiger kann dem Besitzer des
Pfandes diesen Besitz vermöge des jus offerendi et succedendi durch Zahlung der
bloßen Pfandschuld entziehen. Streitig war, ob das Retentionsrecht im Konkurse
von Bestand sei. Die Frage ist schon nach Gemeinem Recht zu verneinen, heute
aber müßig, da das Reichskonkursrecht für eine solche Zurückbehaltung keinenfalls
Raum läßt. — Dem Preuß., Sächs., Franz. R. ist die R. d. Pf. fremd.
Lit. u. Gsgb.: S. die Lit. hinter d. Art. Retentionsrecht. — C. tit. 8, 27. — Preuß.
Allg. LR. 1. 20 F. 171. Eccius.
Retentionsrecht, Zurückbehaltungsrecht ist das Recht des Inhabers einer fremden
Sache, dieselbe dem dinglich oder persönlich zum Verlangen nach Herausgabe der-
selben Berechtigten bis zur Erstattung eines aus seinem Vermögen der Sache zum
Besten gekommenen oder durch sie verlorenen Vermögenswerthes vorzuenthalten.
Nach dieser Begriffsbestimmung (Großkopff, Sintenis) fällt nicht nur die
singuläre Retention des Pfandes für chirographarische Forderungen außerhalb des
Begriffes, derselbe grenzt sich auch nach anderen Richtungen hin scharf ab. Die
bis auf Großkopff herrschende Lehre definirte mit mannigfacher Verschiedenheit
in der Formulirung das R. als das dem rechtmäßigen Inhaber einer an sich heraus-
zugebenden Sache zustehende Recht, dieselbe wegen einer konnexen Gegenforderung
zurückzubehalten. Die wenigstens als Naturalobligation wirksame Gegenforderung müsse
zur Sache in einer Beziehung stehen. Als Hauptfälle solcher Konnexität wurden
aufgezählt, wenn die Forderung auf Verwendungen in die Sache oder in Beziehung
auf dieselbe beruhe, wenn sie durch die Sache selbst, insbesondere vermittelst einer
durch dieselbe bewirkten Beschädigung, ihren Ursprung gewonnen habe, und wenn
die Forderung aus demselben Rechtsverhältniß entstanden sei, auf welches das Recht
zur Herausforderung der Sache sich gründe. Der letzte dieser Fälle wird durch die
obige Begriffsbestimmung abgeschlossen. Er fällt, soweit dabei überhaupt das Recht
auf Herausgabe der Sache zu bekämpfen ist, unter den Gesichtspunkt der exceptio
non adimpleti contractus. Diese ist, wie das R., eine Anwendung der exceptio
doli generalis (v. Savigny); sie unterscheidet sich vom R. dadurch, daß auf
Grund ihrer alle möglichen Leistungen, nicht blos fremde Sachen zurückgehalten
werden, und daß durch sie das Klagerecht selbst geleugnet, als nicht verfolgbar hin-
gestellt wird. Im Prozeß tritt der materielle Unterschied der beiden Einreden da-
durch hervor, daß mit der exc. n. ad. contr. zeitweise Abweisung der Klage, mit
der Einrede des R. eine Bedingung der Verurtheilung zur Herausgabe erstritten
wird. Der Ausdruck retinere wird freilich auch von dem Zurückhalten einer Leistung
überhaupt gebraucht; eine Vermischung der beiden Begriffe führt aber zu einer
Verflüchtigung des R., welches nur mit dem hier angenommenen beschränkten Begriff
als ein eigenthümliches, gewissen allgemeinen Regeln unterworfenes Institut aufrecht
erhalten werden kann.
Großkopff ging in der Beschränkung des Begriffs noch weiter. Es erkannte
auch den zweiten der obigen Konnexitätsfälle nicht an. (Dagegen Sintenis.)
Er leugnete ferner, daß durch das R. überhaupt eine Forderung, eine Natural-