Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

472 Revision. 
wie in allen übrigen Fällen durch Urtheil erledigt, d. h. es muß Hauptverhand- 
lung anberaumt werden. 
3) Das Verfahren in der Revisionsinstanz ist im Wesentlichen ein schriftliches, 
die Anwesenheit des Angeklagten oder eines Vertheidigers desselben daher nicht er- 
forderlich, aber auch nicht ausgeschlossen. Der Angeklagte oder auf dessen Wunsch 
der Vertheidiger ist deshalb von dem Termine der Hauptverhandlung zu benach- 
richtigen. Der nicht auf freiem Fuße befindliche Angeklagte hat jedoch keinen An- 
spruch auf Anwesenheit. 
Auf die Hauptverhandlung vor dem Revisionsgericht finden die für die Haupt- 
verhandlung erster Instang geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Ein 
Berichterstatter setzt das Gericht in Kenntniß über das Sachverhältniß, soweit es für 
die Entscheidung nothwendig ist, und über die Beschwerdegründe. Es folgen hierauf 
die Ausführungen und Anträge der Staatsanwaltschaft und des etwa erschienenen 
Angeklagten oder Vertheidigers. Der Beschwerdeführer spricht zuerst, dem Angeklagten 
gebührt das letzte Wort. Eine besondere Beweisaufnahme wird in der Revisions- 
instanz nur selten eintreten. In diesen Fällen ist es dem freien Ermessen des Re- 
visionsgerichts überlassen, wie es sich den Beweis für die festzustellenden Thatsachen 
verschaffen will. Das Revisionsgericht ist nur insofern eingeschränkt, als die Beob- 
achtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nur durch 
das Protokoll bewiesen werden kann, wenn nicht eine Fälschung des letzteren be- 
hauptet wird. 
Bei der durch das Revisionsgericht stattfindenden Prüfung ist zu unterscheiden, 
ob die R. sich darauf stützt, daß die Verletzung des Gesetzes in der Entscheidung 
selbst oder in dem ihr zu Grunde liegenden Verfahren befunden wird. Im ersteren 
Falle entscheidet das Revisionsgericht, ohne an die Angriffe und Ausführungen des 
Beschwerdeführers gebunden zu sein. Das angefochtene Urtheil kann daher aus 
anderen als den von dem Beschwerdeführer angegebenen, auf das materielle Recht 
sich beziehenden Gründen aufgehoben werden. Im zweiten Falle ist das Revisions- 
gericht sehr beschränkt; es darf nur diejenigen Thatsachen berücksichtigen, welche bei 
Anbringung der Revisionsanträge bezeichnet worden sind, und muß Verletzungen des 
materiellen Rechts vollständig unbeachtet lassen. Es kann mithin leicht der Fall 
eintreten, daß das Revisionsgericht die R. verwerfen muß, obwol sich herausgestellt 
hat, daß eine Vorschrift des materiellen Rechts nicht richtig angewendet worden 
ist — ein Refultat, welches gewiß nicht zu billigen ist. 
4) Das Urtheil des Revisionsgerichts lautet entweder auf Verwerfung der 
eingelegten R. oder auf gänzliche oder theilweise Aufhebung des angefochtenen Ur- 
theils. Mit der Aufhebung des Urtheils hat das Revisionsgericht die dem Urtheile 
zu Grunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung 
betroffen werden, wegen deren die Aufhebung des Urtheils erfolgt. Die Folge 
hiervon ist, daß das Verfahren in einer dem Gesetze entsprechenden Weise zu er- 
neuern ist. 
Das Revisionsgericht entscheidet in der Sache felbst: a) wenn 
die Aufhebung des Urtheils nur wegen eines Mangels des Verfahrens erfolgt ist, 
  
erscheinen lassen; b) wenn die Aufhebung des Urtheils nur wegen Gesetzesverletzung 
bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urtheile zu Grunde liegenden Feststellungen 
erfolgt ist und ohne weitere thatsächliche Erörterungen nur auf Frei- 
sprechung oder Einstellung des Verfahrens oder eine absolut bestimmte Strafe zu er- 
kennen ist oder das Revisionsgericht, in Uebereinstimmung mit dem Antrage der 
Staatsanwaltschaft, die gesetzlich niedrigste Strafe für angemessen erachtet. 
In allen übrigen Fällen erfolgt Zurückverweisung der Sache, und zwar 
a) an das Gericht, dessen Urtheil aufgehoben ist, oder b) an ein demselben Bundes- 
staate angehöriges benachbartes Gericht gleicher Ordnung, oder c) an das zuständige
	        
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