Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

46 Pfandleihen. 
daß der Aermere für den Fall der Noth in Wucherhände gerieth. Es beginnt daher 
schon im frühen Mittelalter die öffentliche Wohlthätigkeit mit der Begründung von 
Banken, welche den geringen Leuten auf Pfänder Geld vorstreckten. Nach den Einen 
soll die erste dieser öffentlichen P. im Jahre 1850 in Salins (Frankreich), nach 
Anderen etwa ein Jahrhundert später in Perugia auf Anstiften eines Minoriten— 
mönchs entstanden sein, in Deutschland erfolgte die Gründung einer solchen zuerst 
durch Maximilian I. in Nürnberg (1498). Die Bedenken, welche von Kanonischer 
Seite gegen die Zulässigkeit dieser P. erhoben wurden, hörten auf, nachdem unter 
Leo X. das Lateranensische Konzil (1514—1517) sich für dieselbe erklärt hatte. 
Von Italien breiteten sich die P. bald über Flandern, Frankreich und Deutschland 
aus. Die öffentlichen wurden besonders privilegirt und erhielten den Namen mons 
pietatis nach dem Italienischen monte di pietà (das Wort „monte“ bedeutet in 
dieser Verbindung soviel wie Masse oder Bank). Die privaten P. knüpfen an die 
Lombarden, die Bankiers des Mittelalters an; sie bedurften ebenfalls der obrig- 
keitlichen Konzession. 
Die Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten P. ist auch im Deutschen 
Reich geblieben. Die öffentlichen wurden namentlich im vorigen Jahrhundert als 
ein besonderes Schutzmittel gegen den Wucher angesehen und ihre Gründung vom 
Staat selbst übernommen, so in Wien 1707 mit einer Reorganisation, in Berlin 
1787. In Preußen regulirte die Kab. Ordre vom 28. Juni 1826 (Ges. Samml. 
S. 81) die Grundsätze für die öffentlichen städtischen P. und die Kab. Ordre vom 
25. Febr. 1834 stellte ein Reglement für das Königl. Leihamt in Berlin auf. Die 
privaten P. wurden allenthalben der Aufsicht der Polizeiobrigkeit unterworfen und 
konnten nur mit deren Bewilligung betrieben werden. Ihre Inhaber waren ver- 
pflichtet, öffentliche Register zu führen, dieselben jederzeit der Behörde zur Einsicht 
vorzulegen; sie mußten sich mit dem polizeilich festgesetzten Zinsfuß, welcher jedoch 
den landesüblichen überschritt, begnügen, hatten aber das Recht, die Pfänder nach 
der Verfallzeit ohne vorherige Klage unter polizeilicher Kontrole zu verkaufen. 
Partikularrechtliche Pfandreglements ordneten das Weitere, so in Preußen das erste 
vollständige vom 13. März 1787 mit Abänderungen vom Jahre 1801, 1803 u. s. w.; 
in Hannover die Gew. O. vom 1. August 1847 § 40 und die Min.Bek. vom 
15. Okt. 1847; in Hessen-Nassau, Schleswig-Holstein und in den Gebieten des 
Französischen Rechts bestanden nur einzelne polizeiliche Verordnungen. In der Regel 
fanden in neuerer Zeit die P. ihre Stelle in den Gew. Ord. (so auch in Preußen; 
vgl. ferner das Gesetz vom 22. Juni 1861). 
Auch das neue Deutsche Reich hat sich mit den P. besonders beschäftigt. Schon 
das Bundesgesetz vom 14. November 1867, welches die Höhe des Zinsfußes bei 
kreditirten Forderungen der freien Vereinbarung anheim gab, ließ die Landes- 
bestimmungen über gewerbliche Leihanstalten bestehen. Die Norddeutsche Gew. O. 
vom 21. Juni 1869 § 35 Abs. 2 ließ den Gewerbebetrieb eines Pfandleihers ohne 
besondere Erlaubniß zu, doch konnte derselbe demjenigen versagt werden, welcher wegen 
Verbrechen oder Vergehen, gegen das Eigenthum oder aus Gewinnsucht begangen, 
bestraft war. Die Freigebung des Gewerbes hatte jedoch erhebliche Mißstände zur 
Folge, deren Beseitigung das RGes. vom 23. Juli 1879 anstrebt. Hiernach bedarf 
derjenige, welcher das Geschäft eines Pfandleihers betreiben will, der obrigkeitlichen 
Erlaubniß, welche versagt werden kann, wenn die Unzuverlässigkeit des Nachsuchenden 
in Bezug auf den beabsichtigten Gewerbebetrieb durch Thatsachen begründet ist. Die 
Erlaubniß darf nicht auf Zeit ertheilt werden (Gew.O. § 40), der Widerruf ist nur 
gestattet, wenn nachträglich Umstände sich ereignen, welche die Versagung der Er- 
laubniß gerechtfertigt hätten (Gew. O. §§ 55, 143). Auch können die Landes- 
regierungen bestimmen, daß in Ortschaften, für welche dies durch Ortsstatut (Gew. O. 
§ 142 festgesetzt wird, die Erlaubniß von dem Nachweis des Bedürfnisses abhängig 
gemacht werden kann. Als Pfandleiher gilt nach dem Gesetz aber auch der sog. Rück-
	        
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