534 Schadensersatz.
das schädigende Ereigniß nach regelmäßigem Verlauf unter den obwaltenden Um-
ständen der Schaden nicht zugegangen wäre, und in Betreff eines Gewinns, daß der
Ersatzansprechende die nachgewiesene Gelegenheit zum Gewinn nicht ungenützt lassen
konnte, ohne die Sorgfalt eines umsichtigen Mannes zu verletzen (Mommsen).
Die Möglichkeit der Vereitelung durch außerordentliche Ereignisse bleibt außer Be-
rücksichtigung. Auseinandergehende Entscheidungen in den Quellen (z. B. § 10
Inst. ad leg. Aqd. 4, 3 und l. 63 pr. D. ad leg. Falc. 35, 2) bezeugen nicht einen
Widerspruch innerhalb der Römischen Jurisprudenz, sondern weisen darauf hin, daß
bei der Prüfung des ursächlichen Zusammenhangs der Zweck des Anschlags sowie
der Grund der Ersatzpflicht maßgebende Momente bilden und daß da, wo die Ersatz-
pflicht auf Verschuldung beruht, auch der Grad der Verschuldung einen Einfluß übt.
Der Beweis des ursächlichen Zusammenhangs wird weniger streng beurtheilt, wenn
dem Belangten ein rechtswidriges Verhalten zur Last fällt, und wird leichter als
erbracht angesehen gegenüber demjenigen, welcher absichtlich oder in grober Fahr-
lässigkeit zum Nachtheil eines Andern gehandelt hat, als wenn der Belangte nur
wegen geringer Fahrlässigkeit verantwortlich ist. Das Gleichgewicht zwischen Schuld
und Strafe, ein zunächst das Strafrecht beherrschendes Gesetz, macht sich auch in der
civilrechtlichen Verpflichtung zum S. geltend (Ihering). Auf denselben Grund-
gedanken führt Dernburg die freilich zu weit getriebene und zu formalistische
Unterscheidung des Preuß. LR. (I. 6 §8 10 — 15) zurück, wonach bei Vorsatz und
grobem Versehen der „gesammte Schaden und der entgangene Gewinn“, bei mäßigem
Verfehen der positive Schaden und der nach allgemeinen Verhältnissen erzielbare
Gewinn, bei geringem Versehen sogar nur der unmittelbare Schaden und kein Ge-
winnentgang zu vergüten ist. (Vgl. auch Oesterr. BSB. § 1324; Zürcher G.
§§ 997, 1000, 1004.) Der „Nothstand in Schädenprozessen“ ist gehoben, seit die
Würdigung aller Umstände bezüglich der Frage, ob und in welchem Umfang ein
Schaden verursacht wurde, der freien richterlichen Ueberzeugung überantwortet ist
(für ganz Deutschland zunächst durch einzelne Reichsgesetze wie Urheberrechts-, Haft-
pflicht-, Markenschutz-, Musterschutz-, Patentgesetz und dann allgemein durch RPO.
§ 260). Für den Beweis der Höhe des zugefügten Schadens kam das Romische
Recht dem Beweispflichtigen durch das sog. juramentum in litem, Schätzungs= oder
Würderungseid zu Hülfe; ähnlich die Preuß. Allg. Ger. O. I. 22 §§ 9 ff. Die
ReCPO. 8§ 260 hat den Eid als Recht des Beweispflichtigen beseitigt, dagegen in
das Ermessen des Gerichts gestellt, dem Beweisführer die eidliche Schätzung des
Schadens aufzuerlegen, jedoch unter Festsetzung einer unüberschreitbaren Grenze. Eine
vertragsmäßige Bestimmung, daß der Richter bei der Schadensermittelung auf gewisse
Beweismittel, z. B. Zeugen und Sachverständige mit Ausschluß des Eides beschränkt
sein soll (wie zuweilen in Versicherungsverträgen vorkommt), entbehrt, weil gegen
die Vorschriften des öffentlichen Rechts über die freie Würdigung der Thatfrage ver-
stoßend, der verbindlichen Kraft.
5. Neben dem Erforderniß des ursächlichen Zusammenhangs den S. anspruch
noch davon abhängig zu machen, daß der Schaden die nothwendige und un-
mittelbare Folge des zu vertretenden Ereignisses sei, hat weder die Natur der
Sache noch das positive Recht für sich. Ebensowenig, daß der Erfolg vom Han-
delnden vorausgesehen werden konnte (val. jedoch Code civil art. 1149—1151).
Die Ersatzpflicht umfaßt auch denjenigen Nachtheil, welchen die verpflichtende That-
sache nur durch das Mitwirken ungewöhnlicher Umstände verursacht hat (z. B. wegen
nichtersichtlicher Zerbrechlichkeit der Sache, wegen anderweitigen Versprechens der
geschuldeten Sache unter Konventionalstrafe). Indessen bemerke man: a) Die Haf-
tung aus Delikten ist auch durch die Beziehung des Erfolges auf den Millen des
Handelnden (Zurechnung zur Schuld) bedingt. Deshalb kann trotz Vorhandenseins
des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Handlung und Erfolg die Ersatzpflicht
wegen Mangels des subjektiven Erfordernisses wegfallen. Insofern wird zuweilen