Schadensersatz. 535
die Voraussehbarkeit des Erfolgs von rechtlichem Belang (1. 31 D. ad leg. Ad. 9, 2;
Preuß. LR. I. 6 § 4). b) Eine Ersatzforderung findet nicht statt, wenn der ein-
getretene Erfolg zugleich in einer Schuld des Beschädigten seinen Grund hat (sog.
Kulpakompensation); doch hebt sich nicht rechtswidrige Absicht gegen Fahrlässigkeit
(I. 98 4 D. ad leg. Aq. 9, 2). Zur Schuld kann auch werden die Unterlassung der
Thätigkeit behufs Abwendung der nachtheiligen Wirkung einer fremden Handlung
oder Unterlassung, nicht blos in Vertragsverhältnissen (l. 21 § 3 A. E. V. 19, 1;
Sächs. BGB. § 688), sondern auch bei außerkontraktlichen Verletzungen, nur ist hier
das Maß der zum Zweck der Abwendung zuzumuthenden Thätigkeit weniger be-
stimmt und den Umständen des einzelnen Falls zu entnehmen (bestritten, dafür
RO., Entsch. XXIII. S. 373). Der Grundsatz findet sich auch im Preuß. Allg.
LR., jedoch mit „unerträglicher“ Kafuistik (I. 6 5§ 18—21). Eigenthümlich Oesterr.
BGB. 8 1304.
6. In Vertragsverhältnissen kann unter Umständen der Ersatz fremden
Schadens gefordert werden, dann nämlich, wenn der Fordernde den Vertrag mit
dem Schädiger im Interesse des beschädigten Dritten geschlossen hat und wegen der
versprochenen Leistung dem Letztern, gleichviel in welchem Umfang, wenn auch nur
auf Anspruchsabtretung haftbar ist (bestritten, dafür ROHG., Entsch. XVII. S. 78).
7. Innerhalb der jetzt gezeichneten allgemeinen Grenzen stellt sich der Um-
fang der S.pflicht, ob positiver Schaden oder auch entgangener Gewinn, ob
unmittelbarer oder auch mittelbarer Schaden, verschieden nach dem Grund der Ersatz-
pflicht. Hierbei macht sich der Gegensatz geltend zwischen Verletzungen in und außer
Vertragsverhältnissen, zwischen der Haftung in Folge Verschuldung und ohne Ver-
schuldung, und bei der ersteren ist auch das Maß der Verschuldung, dolus und
culpa lata gegenüber der culpa levis zuweilen von Bedeutung.
Regel bildet nach Gemeinem Recht und dem H##. (Art. 283) die Vergütung
jedes erweislichen Schadens, des sog. vollen Interesses. (Sächs. BGB. S§ 124,
125, 685 ff.; Code civil art. 1149, 1382, 1383.) Anders das Preuß. LR. I. 2
§§ 116, 117: „der gemeine Werth“, jedoch mit vielen Ausnahmen (z. B. I. 5
§§ 285—291), Oesterr. BGB. 88 1323, 1324.
Wo indeß auch das volle Interesse zu ersetzen ist, da wird doch a) nur Ver-
mögensschaden berücksichtigt, kein Affektionswerth (womit nicht zu verwechseln
das Affektionsinteresse als obligatorisches Bindemittel, s. den Art. Interesse);
b) nicht unehrenhafter Gewinn, nicht Gewinn vom Gewinn, sofern jener
nicht vom Ersatzpflichtigen gezogen ist (1. 8, 1. 15 D. de usur. 22, 1; Sächs. BGB.
D 125 a. E.) und wenigstens nach Römischem Recht (bestritten) nicht übermäßiger
Luxus (aber auch im Fall von dolus und culpa lata? 1. 45 § 1 A. E. V. 19, 1).
c) Entsprang aus demselben Ereignisse für den Betroffenen Nachtheil und Ge-
winn, so mindert sich der S. um den Betrag des letzteren, sofern nicht das Ereig-
niß für den Gewinn nur Anstoß, nicht Grund war oder sofern nicht auf den Ge-
winn der Empfänger ohnehin rechtlichen Anspruch besaß (nicht unbestritten, dafür
ROHGWG., Entsch. XXII. S. 184; anders das Preuß. Expropr.-Ges. § 10). d) Um
Ueberforderungen vorzubeugen, hat das Röm. Recht für den Ersatz wegen Verletzung
einer obligatorischen Verbindlichkeit eine Grenze aufgestellt: die zuzubilligende Summe
soll das Doppelte des allgemeinen Verkehrswerths des Schuldgegen-
standes nicht übersteigen. Dagegen HGB. Art. 283 (Entsch. des ROHG. XIX.
S. 304). Auch dem Preuß. Recht ist der Satz als allgemeine Norm fremd, aber
Anklänge daran fehlen nicht (I. 5 § 301; I. 6 § 95; I. 11 § 545).
8. Bei der Ermittelung des S. kommt auch in Betracht, welcher Ort und
welche Zeit zu Grunde zu legen ist, und zwar sowol für die Frage, ob und in
welchem Umfang Schaden vorliegt, als für die Schätzung des Gegenstands. Doch
sind die hierüber geltenden Rechtssätze nicht einfach genug, um in wenige Worte ge-
faßt zu werden. Nur so viel kann Erwähnung finden. In der Behandlung treten