538 Schard — Schatullgut.
losen Zustand vorsätzlich herbeigeführt habe. Die geschändete Person muß sich ohne
Zuthun des Thäters im Zustande der Willenlosigkeit oder der Wehrlosigkeit befunden
haben. Hatte derselbe Gründe zur Annahme, daß die geschlechtlich mißbrauchte
Person die Mündigkeit schon überschritten oder nicht nur das Alter des erlaubten
Geschlechtsumganges, sondern auch das reife Verständniß für die Bedeutung des
Beischlafs habe, so befand er sich in einem die Zurechnung des Verbrechens aus-
schließenden Irrthume. Bis zu 10 Jahren bestraft das RStrafetB. § 176, wer eine
in einem willenlosen oder bewußtlosen Zustande befindliche oder geistestranke Frauens-
person außerehelich schwächt.
Sachsen strafte den außerehelichen Beischlaf mit Personen in wehr= oder be-
wußtlosem Zustande mit Arbeitshaus oder Zuchthaus bis zu vier Jahren. Hat
aber der Verbrecher die Gemißbrauchte zuvor in dieser Absicht auf arglistige Weise
in einen Zustand versetzt, in welchem sie seinen Lüsten nicht zu widerstehen ver-
mochte, so fand zwei= bis achtjährige Zuchthausstrafe statt. Letzteren Fall behandelt
Oesterreich als Nothzucht. Der Oesterr. Entwurf von 1867 bedrohte das Verbrechen
der S., wenn es an einem noch nicht zwölf Jahre alten Mädchen oder an einem
noch nicht vierzehn Jahre alten Knaben begangen wird, wie Nothzucht, wenn es
an einer ohne Zuthun des Thäters im Zustande der Willens= oder Wehrlosigkeit
befindlichen Person verübt wird, mit Zuchthaus bis zu vier Jahren und letzteres in
der Regel nur auf Verlangen der verletzten Person; wenn aber dadurch schwere
Nachtheile verursacht worden, von Amtswegen.
Gsgb.: Deutsches Straf. § 176 3. 2, 178. — Sachsen Art. 182, 353. — Bayern
Art. 206. — Oesterr. Straf GB. § 128. — Braunschweig § 174. — Hamb. § 148. — Oesterr.
Entwurf von 1867 §. 192, von 1870 8 161.
Lit.: G. J. Fr. Meister, Principia juris crim., edit. III., § 295. — Klein, Peinl.
Recht, § 407. — v. Grolmann, Grundsätze der Keiminelrcchtswissenaf, 239; Der-
selbe, Begriff der Schändung, Srrchsial (Wien 1860) Nr. 4 Wächter, Abhandl.,
I. 1835 S. 300—310. — Hälschner, System, III. — Sch Erntct 335 — Sammlun straf-
Fitcher Entscheidungen von Adler, Krall, v. Walther, Wien 184 r orff,
erg.
Schard, Simon, 5 1535 zu Neu-Haldensleben, ging nach Italien zur
Durchforschung von Bibliotheken, eine Zeit lang in Basel, 1566 Beisitzer des Kammer-
gerichts in Speier, Pfalzgraf, 28. VI. 1573.
Schriften: Ausg. d. Eustathios, Basil. 1561. — De imperiali jurisdictione, auctoritate
et praeeminentia imperü atque juribus regni synt. tractt., Basil. 1566. — German. rerum
quatuor celebriores vetustioresque Chronographi, Fecf. 1566. — Historicum opus, Basil.
I578 (Schardius redivivus, Gissae 1673). — Lexicon juridicum, Basil. 1582, ed. Kamp-
hausen: Colon. 1593.
: Schirmer, Schardi Fpistolae 7, Regim. 1864. — v. Stintzing, Geschichte der
gae- Rechtswissenschaft 1380)) 1 238, 296, 504, 505, 508—512, 518, 662, 683. —
Schulte, Geschichte, III. b S. 2 Teichmann.
Schatullgut (von Scatull, Schachtel) bezeichnet dasjenige Vermögen, vor-
nehmlich Grundbesitzvermögen, dessen Einkünfte unmittelbar zur fürstlichen Ver-
fügung stehen und dessen Substanz unabhängig von den für Domänen geltenden
Regeln entweder nach den Grundsätzen der hausgesetzlich fideikommissarischen Erb-
folge oder durch freie Verfügung des fürstlichen Eigenthümers vererbt wird. Die
Rechtsverhältnisse der Schatullgüter ergeben sich somit aus der begriffsmäßigen
Trennung von Staatsgut und fürstlichem Familiengut; ihre Ordnung gehört theils
ins Staatsrecht, soweit nämlich in Frage kommt: was zu den Domänen zu rechnen
ist, theils in das Privatfürstenrecht und in die Hausgesetze, soweit nämlich, als die
Erbfolge und die Verwaltung der Schatullgüter in Betracht kommen. In Preußen
ward durch Verordnung vom 13. August 1713 der Unterschied zwischen Domänen
und liegenden Schatullgütern aufgehoben und beide für unveräußerlich erklärt, so
daß hier die kronfideikommissarische Qualität der letzteren zu präsumiren ist. Da-
neben können aber immer noch Güter zu völlig freier Verfügung des ersten Erwer-