Schiffspapiere. 575
hältnisse auszuweisen vermag und, wenn er noch unter väterlicher Gewalt steht oder
minderjährig ist, die Einwilligung des Vaters oder Vormundes beibringt. Das
Dienstverhältniß des Schiffsmannes wird begründet und geregelt durch den Heuer-
vertrag (s. diesen Art.); doch enthalten auch die Gesetze darüber eingehende Be-
stimmungen. Der Schiffer erscheint aber nicht nur als Dienstherr des Schiffsmanns,
sondern es steht ihm auch eine Disziplinargewalt über diesen zu, welche sich sogar einer
obrigkeitlichen Gewalt nähert. Derselbe darf nach der Deutschen Seemannsordnung
alle zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Sicherung der Regelmäßigkeit des
Dienstes erforderlichen Maßregeln ergreifen; hierbei auch namentlich herkömmliche
Erschwerungen des Dienstes und mäßige Schmälerung der Kost (letztere bis auf die
Dauer von drei Tagen) eintreten lassen. Dagegen ist demselben die Verhängung
von Geldstrafen, körperlicher Züchtigung und Einsperrung der Regel nach untersagt.
Allein um Widersetzlichkeit und Ungehorsam zu brechen, kann er alle erforderlichen
Maßregeln ergreifen und selbst zur Fesselung der Widerspenstigen darf er schreiten,
wenn dies durch die Sicherheit des Schiffs und der darauf befindlichen Personen
und Waaren gefordert wird. Die Schiffsleute haben bei Vermeidung von Kriminal-
strafen dem Schiffer hierbei auf Erfordern Beistand zu leisten. Verletzung der
Dienstpflichten und Widersetzlichkeit haben für die Schiffsleute auch Kriminalstrafen
zur Folge. Im Interesse der Aufrechterhaltung der Disziplin und mit Rücksicht
auf die Interessen der Rheder und Ladungsbetheiligten verbietet das Gesetz (ab-
gesehen von einem Falle) dem Schiffsmann, den Kapitän vor einem fremden Gericht
zu belangen. Doch gestattet es demselben in dringenden Fällen die vorläufige Ent-
scheidung des Seemannsamtes nachzusuchen, welche auch für den Schiffer einstweilen
bindend ist. Auch ist zur Verhütung von Mißbrauch der Disziplinargewalt die
Eintragung aller seitens des Schiffers angeordneten Maßregeln in das Journal
vorgeschrieben, und dem Schiffer, der sich eines solchen Mißbrauchs schuldig macht,
sind Kriminalstrafen angedroht. Wegen Seeuntüchtigkeit des Schiffs oder Un-
zulänglichkeit des Proviants können ein Offizier oder wenigstens drei Schiffsleute
Beschwerde bei einem Seemannsamt erheben. Diefes hat alsdann eine Untersuchung
der gedachten Thatsachen zu veranlassen, deren Ergebniß in das Journal einzutragen
und, falls die Beschwerden begründet sind, für geeignete Abhülfe Sorge zu tragen.
Dagegen sind grundlose Beschwerden, wenn sie wider besseres Wissen oder leicht-
fertiger Weise erhoben werden, mit Strafe bedroht.
Gsgb. u. Lit.: Deutsche Seemannsordnung vom 27. Dez. 1872. — Lewis, Deutsches
Seerecht, I. S. 134—179. — Tecklenborg, Handlexikon für Rheder, Versicherer u. Schiffs-
kapitäne (2. Aufl. Bremen 1863), S. 405 ff. — Kranz. Code de comm. art. 250—272. —
Belg. Code de comm. L. II. (Gesetz vom 21. August 1879), art. 47—65. — Engl. Mer-
chant shipping act von 1854 (17. 18. Victoria c. 104), sect. 141 ss.; von 1862 (25. 26.
Victoria c. 63), sect. 13 ss.; von 1867 (30. 31. Victoria c. 124), sect. 7 ss.; von 1871
(34. 35. Victoria c. 110), sect. 7; von 1873 (36. 37. Victoria c. 85), sect. 7 88. —
Maclachlan, On the law of merchant shipping (2. ed. Lond. 1876), p. 200 — 259. —
Oliver's sbipping law manual (6. ed. Lond. 1879), p. 262 ss. — dGresp. Laurin,
Cours de droit maritime, I. (Paris 18760), p. 456 ss. Lewis.
Schiffspapiere (papiers de bord, lettres de mer), Urkunden, die zum Aus-
weis über Nationalität oder Eigenthum eines Schiffes, über dessen Mannschaft, La-
dung oder Reise dienen. Die Gesetzgebungen der Küstenstaaten schreiben vor, welche
Urkunden zu diesem Zweck am Bord eines Schiffes geführt werden müssen. Zahl
und Art der in den einzelnen Ländern erforderten Papiere stimmen keineswegs mit
einander überein. Diese Nichtübereinstimmung ist ein großer Uebelstand, da es in
Folge derselben zweifelhaft bleibt, ob eine nach den Gesetzen des Inlandes aus-
reichende Legitimation auch von den Gerichten und Behörden des Auslandes als ge-
nügend angesehen werden wird. Namentlich im Falle eines Seekrieges kann eine
derartige Ungewißheit gefahrbringend werden, wenn es sich darum handelt, auf
Grund der S. die Neutralität von Schiff oder Ladung nachzuweisen. Es wäre