Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Schuldhaft. 609 
haben daher den ordentlichen Rechtsweg über die Schulbaustreitigkeiten wol mit 
Recht beseitigt. 
Nur kurz und beiläufig zu berühren ist in dem Umfang dieses Artikels die- 
Erhaltung der höheren Unterrichtsanstalten. Sie beruht auch in Deutsch- 
land noch zu einem ansehnlichen Theil auf älteren Stiftungen. Im Uebrigen theilen 
sich Staat= und Stadtgemeinden in ziemlich zufälligem Verhältniß in die Unter- 
haltungspflicht. Die Städte haben im letzten Menschenalter sehr große Opfer für 
die Errichtung und Erhaltung von Gymnasien, Real= und Spezialschulen gebracht, 
von welchen jedenfalls ein sehr bedeutender Theil (mindestens die Hälfte) angemessen 
nach dem Gebührenprinzip durch Schulgelder aufzubringen ist. Im Verlauf der 
Fortbildung unserer Unterrichtsgesetze werden auch für dies Gebiet gleichmäßigere 
Normativbestimmungen über die Vertheilung der Last und der Verwaltung zwischen 
Staat und Gemeinde nothwendig werden. 
Lit.: K. A. Schmid, Encyklopädie des Erziehungs= und Unterrichtswesens (über die 
Stulacher insbef. Bd. VIiI. S. 31 ff.). — v. Rönne, Das Preuß. Unterrichtswesen, Th. I. 
— Gneist, Die Selbstverwaltung der Volksschule, 1869. Gneist. 
Schuldhaft (Personalhaft, Leibeshaft, contrainte par corps) ist zunächst und 
im gewöhnlichen Sinne des Wortes ein Exekutionsmittel, d. i. ein auf die Erfüllung 
einer durch richterliches Urtheil festgestellten Verbindlichkeit abzielendes Zwangsmittel, 
welches darin besteht, daß der Schuldner durch obrigkeitlichen Zwang seiner Freiheit 
für eine bestimmte Zeit beraubt wird, damit er der aus der Verurtheilung ent- 
springenden Verpflichtung möglichst rasch nachkomme. Außerdem wird aber unter 
S. auch der als schleunige Vorsichtsmaßregel verfügte Sicherheitsarrest (provisorische 
Haftnahme u. dergl.) verstanden. Als Vollstreckungsmittel, sowie als Vorsichts- 
maßregel hat das Institut der S. seine Wurzeln im Röm. und im älteren Deutschen 
R.; insbesondere im letzteren findet sich die Personalhaft als subsidiäres, bei Frucht- 
losigkeit der Exekution in das Vermögen des Schuldners häufig vorkommendes 
Vollstreckungsmittel, dem sich der insolvente Schuldner nicht selten freiwillig unter- 
warf; so bereits in den Volksrechten: 1. Sal. C. 58; 1. Visigoth. V. 6 § 5; 
1. Burgund. XIX. 7; 1. Bainv. II. 1 §§ 4, 5; später ausführlicher in den Rechts- 
büchern, so Ssp. III. 39. § 1; Sp. d. L. a. 271; Schwsp. 304 a, b. Als später 
die Schuldknechtschaft wegfiel, blieb die S. ein Mittel, den Schuldner und wol 
auch seine Verwandten und Freunde zu nöthigen, alles ihnen Mögliche zur Be- 
friedigung des die Haft veranlassenden Gläubigers aufzubieten. Diesen letzteren 
Zweck suchte namentlich die im Mittelalter entstandene eigenthümliche Art einer 
freiwilligen S., das Einlager (obstagium, das Einreiten, Leisten, die Geißelschaft) 
zu erreichen, d. i. die gewöhnlich vertragsmäßig übernommene Verpflichtung eines 
Hauptschuldners oder eines Bürgen, sich für den Fall, daß die ihnen obliegende 
Verbindlichkeit nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt wird, allein oder mit einer be- 
stimmten Anzahl von Begleitern oder vertreten durch eine Art von Bürgen, an 
einen bestimmten Ort zu begeben und dort bis zur Befriedigung des Gläubigers 
aufzuhalten. Nach der Rezeption des Röm. R. blieb die S. zwar fortbestehend, 
aber doch mehr mit dem Charakter eines nur ausnahmsweise in Anwendung zu 
bringenden außerordentlichen, indirekt wirksamen Zwangsmittels. Nur zur Exekution 
von Wechselschulden und von Schulden, welche Studirende kontrahirten, sofern solche 
nach den akademischen Gesetzen klagbar waren, erhielt sich die S. in allgemeiner 
und nicht blos subsidiärer Geltung bis in die neueste Zeit; ja für das W.R. wurde 
der Personalarrest von nicht wenigen Juristen der zweiten Hälfte des vorigen Jahr- 
hunderts geradezu als wesentlich und charakteristisch erachtet und die Wechselstrenge, 
der „rigor cambialis“, einzig in der Zulässigkeit der S. erblickt. So fehlte denn 
die letztere in keinem der zahlreichen Wechselrechte des vorigen und unseres Jahr- 
hunderts, und auch die Allg. Deutsche WHO. (1847) statuirte dieselbe ausdrücklich. 
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon III. 8. Aufl. 39
	        
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