Schulen — Schullehrer. 613
Gewalt an, Zwischen der zweiten und dritten ist die praktische Differenz nicht sehr
bedeutend. Sie besteht hauptsächlich darin, daß die erstere auch bei unentschuldbarem
Irrthum Gegenbeweis, die letztere nur bei entschuldbarem Anfechtung zuläßt. Den
Vorzug verdient aus praktischen, wie aus theoretischen Gründen die letztere. Auch
jene beiden Römischen leges stehen nicht im Wege, da sie mit der Theorie der Sti—
pulation, wie sich dieselbe in der Kaiserzeit entwickelt hatte, eng zusammenhängen
und mannigfacher Deutung fähig sind (vgl. Windscheid, § 412b Anmerk. 2).
Fraglich kann nur sein, woran man erkennt, ob die Absicht der Parteien auf Be-
weismittel oder Versprechen, auf Konstatirung oder Konstituirung einer Schuld ge-
richtet war. Man wird für das erstere präsumiren müssen, wenn der Inhalt des
S. mehr Thatsachen, für das zweite, wenn er mehr Rechtsverhältnisse bezeugt. Die
letztere Auffassung muß auch dann Platz greifen, wenn ein S. über ein gegebenes
Darlehn ausgestellt wird, während ein solches weder gegeben war, noch gegeben
werden sollte. Anders freilich §§ 866, 867 des Allg. LR. I. 23. Vgl. jedoch
Dernburg, Lehrb., II. § 15 Anm. 13. Der S. muß vom Gläubiger gegen Em-
pfang der Zahlung zurückgegeben werden (§ 125 des Allg. LR. I. 16). Aus jeder
Rückgabe des S. durch den Gläubiger, sowie aus der von letzterem bewirkten Kassa-
tion des S. entspringt die Präsumtion, daß die Schuld getilgt sei (I. 24 D. de
prob. 22, 3; § 97 des Allg. LR. I. 16). Näheres bei Windscheid § 344 Anm.
5 und Dernburg, II. § 97. Befondere Bestimmungen gelten über den S. beim
Darlehnsvertrag (.. diesen Art.).
Lit.: Die Lit. ist im Allgemeinen dieselbe wie in Bezug auf den Anerkennungs-
vertrag (s. diesen Art.). — pervorzuheben ist: Bähr, Die Anerkennung als Verpftichtus 3-
rund, * Aufl., Kassel u. Gött. 1867. — Bruns, Zeitschr. für Rechtsgeschichte, I. S. 1 fl.
Th. I. S. 421—422. — Buhl, Beiträge Zur Lehre vom Anerkennungsvertrag, Heidelb.
18#. — Karlowa, Das Rechtsgeschäft, S 262. ck.
Schulen, konfessionelle und Simultanschulen, s. Schulaufsicht.
Schullehrer. Ein besonderer Berufsstand der Lehrer, insbesondere der
Volksschullehrer, konnte in der Europäischen Welt sich nicht bilden, so lange die
Schule lediglich als Annexum der Kirche galt. Der Lehrer ist nach dieser Auffassung
ein Glied der kirchlichen Hierarchie, der Ortslehrer ein dem Presbyter untergeordneter
„Klerikus“ zur Katechisation. Universitäten, Akademien und eine Anzahl gelehrter
Schulen können sich als privilegirte Körperschaften unter dem Protektorat des Staates
der Kirche in einer gewissen Selbständigkeit nebenordnen, bleiben aber doch ein Glied
des konfessionell fundirten Staates (s. d. Art. Schulaufsicht). Dies Verhältniß
hat sich in den westlichen Kulturstaaten als Regel erhalten mit der Einheit der
Staatskirche. Auch in Deutschland entstand in dem Zwiespalt der Kirchen zu-
nächst noch kein besonderer pädagogischer Beruf, in welchem sich Lehre und Erziehung
unabhängig von einem kirchlichen System als Berufsstand gestaltet hätten. Univer-
sitäten und gelehrte Schulen bilden nur privilegirte Körperschaften in einer gewissen
Selbständigkeit neben dem Landeskirchenregiment. Auch als im 18. Jahrhundert
die Volksschule als „Veranstaltung des Staats“ sich gewissermaßen zwischen die
Kirchen stellte, hörte die Abhängigkeit der Ortsschule von den „bkirchlichen Oberen“
nicht auf, und für das zahlreiche Personal der Elementarlehrer fehlten zunächst alle
Vorbedingungen zur Anerkennung eines besonderen Berufsstandes. Soweit der
Lehrer mit dem Küster identisch war, haftete ihm die wenig geachtete Stellung der
niederen Kirchendiener an. Soweit Lehrer und Küster nicht identisch waren, ergänzte
sich das Lehrerpersonal aus den niederen Handwerken und anderen wenig geachteten
Schichten, und es war nur das Bewußtsein eines wichtigen, für die bürgerliche Ge-
sellschaft unentbehrlichen Berufes, welches ein gewisses Selbstgefühl in dem dürftig
ausgestatteten Lehrerstand erhielt. Die durchgehende Unterordnung des Ortslehrers
unter die Gutsherrschaft, die landesherrlichen Aemter und die Stadtmagistrate im