Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

658 Seeversicherung. 
Formvorschrift gebunden (vgl. Entsch. des ROHG. Bd. III. S. 85 und die dort 
Cit.), doch ist der Versicherer verpflichtet, eine von ihm unterzeichnete schriftliche 
Urkunde (Police) über den Versicherungsvertrag dem Versicherungsnehmer auf dessen 
Verlangen auszuhändigen. Die Police kann an Ordre gestellt werden und ist dann 
durch Indossament übertragbar. Ueber die Policen s. d. Art. Polize und die dort 
cit. Lit. Ebenda s. die Begriffe: „taxirte“, „vorläufig taxirte“ und „offene Police". 
Den S. vertrag schließt der Versicherungsnehmer mit dem Versicherer (Ver- 
sicherungsgesellschaft) ab, gleichviel ob Ersterer Rheder oder Befrachter oder eine 
dritte Person ist; denn der Versicherungsnehmer kann entweder sein eigenes Interesse, 
nämlich das Interesse, welches er selbst daran hat, daß Schiff oder Ladung die Ge- 
fahren der Seeschiffahrt bestehe, oder das Interesse eines Dritten zum Gegenstande 
der Versicherung machen; ersteren Falls liegt eine „Versicherung für eigene Rechnung“, 
nämlich des Versicherungsnehmers, letzteren Falles eine „Versicherung für fremde 
Rechnung“ (und zwar mit oder ohne Bezeichnung der Person des Versicherten) vor, 
ja es kann im Vertrag auch unbestimmt gelassen werden, ob die Versicherung für 
eigene oder für fremde Rechnung genommen wird (für Rechnung „wen es angeht“). 
Ergiebt sich bei einer Versicherung für Rechnung „wen es angeht“, daß dieselbe für 
fremde Rechnung genommen ist, so kommen die Vorschriften über die Versicherung 
für fremde Rechnung zur Anwendung. 
Die Versicherung gilt als für eigene Rechnung des Versicherungsnehmers ge- 
schlossen, wenn der Vertrag nicht ergiebt, daß sie für fremde Rechnung oder für 
Rechnung „wen es angeht“ genommen ist. 
Die Versicherung für fremde Rechnung ist jedoch für den Versicherer nur dann 
verbindlich, wenn entweder der Versicherungsnehmer zur Eingehung derselben von 
dem Versicherten beauftragt war, oder wenn der Mangel eines solchen Auftrags 
von dem Versicherungsnehmer bei dem Abschluß des Vertrags dem Versicherer an- 
gezeigt wird; ist die Anzeige unterlassen, so kann der Mangel des Auftrags dadurch 
nicht ersetzt werden, daß der Versicherte die Versicherung nachträglich genehmigt; ist 
die Anzeige erfolgt, so ist die Verbindlichkeit der Versicherung für den Versicherer 
von der nachträglichen Genehmigung des Versicherten nicht abhängig. 
Gegenstand der S. kann nach heutigen Rechten jedes in Geld schätzbare Inter- 
esse sein, welches Jemand daran hat, daß Schiff oder Ladung die Gefahren der 
Seeschiffahrt besteht, insbesondere können versichert werden: Das Schiff (entweder 
im Ganzen — Cascoversicherung — oder in einzelnen Schiffsparten), die Fracht 
(in älteren Rechten von der Versicherung ausgeschlossen, ein Verbot, zu dessen Um- 
gehung man sich der polices d'honneur bediente), die Ueberfahrtsgelder (vgl. Entsch. 
des ROPG. Bd. VII. S. 309, XVII. S. 342), die Güter (Cargoversicherung), die 
Bodmereigelder, die Havereigelder, andere Forderungen, zu deren Deckung Schiff, 
Fracht, Ueberfahrtsgelder oder Ladung dienen (nicht aber die Heuerforderungen), die 
zu verdienende Provision (z. B. eines absendenden Kommissionärs), die von dem 
Versicherer übernommene Gefahr (S. als Rückversicherung) und der vor der An- 
kunft der Güter am Bestimmungsorte erwartete Gewinn („imaginäre Gewinn"). 
In Folge der Zulassung der Versicherung dieses letzteren Interesse sowie der der 
Provision erfährt das sonst im Versicherungsrecht geltende Verbot der Ueberversicherung 
eine eigenthümliche Modifikation: Bei der Versicherung von Gütern ist der imagi- 
näre Gewinn oder die Provision, selbst wenn der Versicherungswerth der Güter taxirt 
ist, als mitversichert nur anzusehen, sofern es im Vertrage bestimmt ist. 
Ist im Falle der Mitversicherung des imaginären Gewinns der Versicherungs- 
werth taxirt, aber nicht bestimmt, welcher Theil der Taxe auf den imaginären Ge- 
winn sich beziehe, so wird angenommen, daß zehn Prozent der Taxe auf den imagi- 
nären Gewinn fallen. Wenn im Falle der Mitversicherung des imaginären Gewinns 
der Versicherungswerth nicht taxirt ist, so werden als imaginärer Gewinn zehn 
Prozent des Versicherungswerthes der Güter als versichert betrachtet.
	        
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