60 Placentinus — Plaret.
Mailand, F 16. VII. 1872 zu Carnago. Unvollendet blieb eine Arbeit über
Familienrecht (Studi sui poteri e sui diritti di famiglia im Archivio giuridico
VIII. 361—3800.
Lit.: In morte di Clemente Pizzamiglio, Modena, tip. Sociale 1878. — Revue de
droit international, V. 315. — Brusa, Appunti, 1880, p. 18. Teichmann.
Placentinus, § zu Piacenza, lehrte zu Mantua, Bologna, Montpellier, wo
er eine Rechtsschule gründete, später wieder in Piacenza u. in Montpellier, F 1192.
Sigle P. Pla. Plac.
Schriften: (ilossae. — De WVarietate actionum, Mogunt. 1530; Francof. 1609. —
Summa zum Codex, Mogunt. 1536. — Summa Iustitutionum, Mogunt. 1535. — Jumma zu
den tres libri, Papine 1484.
Lit.: Savigny, IV. 244—285, 537—543. — v. Stinfing. Geschichte der populären
Lit. des Röm. Wan. Rechts in Deutschland, Leipz. 1867, S. 29 ethmann-Hollweg,
Civ. Prz., Bd. VI. S. 19—24. — Germain, Bcole de M., 1877. Teichmann.
Placet, jus placeti regii, heißt das von der Staatsgewalt in Anspruch
genommene Recht, von den Erlassen der geistlichen Behörden (des Papstes, der Erz-
bischöfe und Bischöfe) vor ihrer Publikation Einsicht zu nehmen und die Ver-
öffentlichung derselben zu gestatten, resp. zu verbieten. Ein solches Recht ist schon
seitens einzelner Fürsten im Mittelalter geübt worden und später findet sich dasselbe
fast in allen Staaten in Geltung. Die katholische Kirche hat in dem P. stets
eine Verletzung der ihr nach göttlichem Recht zustehenden Freiheit gefunden. In der
Bulle: In coena domini werden daher diejenigen, welche die Verkündigung und Voll-
ziehung päpstlicher Bullen und Breven verhindern, mit dem Banne belegt, auch
Pius IX. hat in dem Syllabus vom 8. Dezember 1864 Nr. 28 die Lehre: „die
Bischöfe dürfen ohne Erlaubniß der Staatsregierung sogar apostolische Schreiben
nicht verkündigen“, als irrthümlich reprobirt, und endlich hat die Konstitution des
vatikanischen Konzils vom 18. Juli 1870 c. 3 die Nothwendigkeit des P. als
Bedingung der Gültigkeit päpstlicher Anordnungen verworfen. Nicht dadurch ver-
anlaßt, wol aber in Folge der überhaupt der katholischen Kirche gewährten größeren
Selbständigkeit haben einzelne Staaten das P. ganz aufgegeben, so z. B. Preußen
(Verf.Urk. Art. 16) und Oldenburg. Ebenso ist es in Oesterreich im Jahre
1850 und nachmals durch das Konkordat von 1855 Art. 2 beseitigt worden; jedoch
hat das Ges. vom 7. Mai 1874 über die äußeren Rechtsverhältnisse der katholischen
Kirche § 17 den Bischöfen die Pflicht auferlegt, ihre Erlasse (Verordnungen, In-
struktionen, Hirtenbriefe 2c.) zugleich mit deren Publikation der politischen Landes-
behörde zur Kenntnißnahme mitzutheilen. In Württemberg hat man dasselbe
in dem Ges. von 1861 Art. 1 nur für diejenigen Anordnungen fallen lassen, welche
rein geistliche Gegenstände betreffen, diese müssen jedoch mit der Verkündigung der
Staatsregierung zur Einsicht vorgelegt werden. Das Bad. Ges. von 1860 §. 15
und das Königl. Sächs. Ges. von 1876 8§ 2, 3, verlangen das letztere für alle
kirchlichen Verordnungen, und haben das P. für diejenigen, welche in bürgerliche
oder staatsbürgerliche Verhältnisse eingreifen, beibehalten. In Bayern hat man
dagegen das P. in dem alten Umfange bestehen lassen.
In der evangelischen Kirche, welche niemals das Aussichtsrecht des
Staates und die Uebung des P. beanstandet hat, ist dasselbe viel seltener zur An-
wendung gekommen, weil es bei der Vereinigung der höchsten Staatsgewalt und des
obersten Kirchenregiments in der Hand des Landesherrn überflüssig war, und nur
da, wo die evangelische Kirche eine volle Autonomie besitzt, oder der Landesherr
einer anderen Konfession angehört, von Bedeutung sein kann. In Frankreich ist das
P. auch der evangelischen Kirche gegenüber vorgeschrieben und das vorhin erwähnte
Bad. Gesetz macht ebensowenig wie das Bayer. Religionsedikt von 1818 einen
Unterschied zwischen der katholischen und evangelischen Kirche.