Senckenberg — Seniorat. 671
können. Die praktisch-theologische Vorbildung zu regeln, überläßt das Gesetz der
Kirche selbst. Dagegen unterwirft dasselbe ferner alle Lehranstalten der Staats-
aufsicht, welche durch den Oberpräsidenten geübt wird und sich in Revisionen der—
selben bethätigen kann. Auch müssen die Hausordnungen und Disziplinarregle-
ments sämmtlicher Anstalten, ferner die Lehrpläne der Knaben-S. und theologischen
Lehranstalten (nicht der Priester-S.) dem Oberpräsidenten eingereicht werden. End-
lich setzt es die Oualifikation der Lehrer näher fest und unterwirft ihre Anstellung
dem staatlichen Einspruchsrecht. Bei Nichtbefolgung der gesetzlichen Bestimmungen
kann der Kultusminister die für die betreffende Anstalt bestimmten Staatsmittel
einbehalten, die Zöglinge von dem Besuche der Gymnasien und Ablegung der Abi-
turientenprüfung zurückweisen, und auch die Anstalt selbst schließen. — Das
Badische Gesetz vom 19. Febr. 1874 ordnet die Schließung der Knaben-Konvikte
und der Internate für Theologie Studirende an, und läßt der Kirche nur Freiheit
in der Errichtung von Anstalten zur theologisch-praktischen Vorbildung. — In
Bayern und Württemberg stehen die theologischen Bildungsanstalten ebenfalls
unter staatlicher Ausfsicht.
In der evangelischen Kirche kommen zwar auch Seminarien vor, diese dienen
aber nur dem Zwecke der praktischen Vorbereitung auf das geistliche Amt und der
Erweiterung und Vertiefung der theologischen Kenntnisse. Für die Regel nehmen
sie die Kandidaten erst nach vollendetem Universitätsstudium oder erst nach ab-
solvirtem ersten oder zweiten Examen auf. Einzelne vereinigen auch die Kandidaten
zur Hausgenossenschaft, bilden also Konvikte.
Quellen: Conc. Trid. Sess. XXII. c. 18 de reft.
n½ Aug. Theiner, Geschichte der geistlichen Bildungsanstalten, Mainz 1835. — De
Téducation cléricale et des seminaires provinciaux in den Analecta jur. Pontis I. p. 654,
1067; III. p. 281. — Schulte, Kirchenrecht, II. 181 Dlselben Lehrb. d. Kirchenrechts,
S. 597. — Richter-Dove, Kirchenrecht, 7 Aufl., P. Hinschius. 2 Die Preuß.
Kirchengesetze, Berlin 1873, S. XIX., 107 ff. P. Hinschius.
Senckenberg, Heinr. Christ. Freih. v., 5 1704 zu Franksurt a. M.,
wurde 1730 erster Rath zu Dhaun in rheingräfl. Hr, 1735 Prof. in Göttingen,
1738 in Gießen, 1745 Reichshofrath und Freiherr, f 3. V. 1768 zu Wien.
Schriften: Selecta jur. et hist. tum anecd. tum jam edita et rariora, Francof.
1734—42. — Anfangsgründe der alten, mittleren u neueren teutsch. gem. Rechtsgelehrsamkeit,
Gött. 1737. — Corp. jur. feud. Germ., 1740. — erpe jur. Germ. publ. ac priv. hactenus
ineditum, 1760—66. — Gedanken von 'd jeder Zeit lebhaften Gebralcche d. uralten teutschen
bürg. u. Staatsrechts in den bisherigen Reichsgesetzen und Gewohnheiten, 1759. — Neue und
vollttänd. Sammlung d. R. A., Frankf. 1747. — De jure primarum precum regum Germ.,
Francof. 1789.
Lit.: Pütter, Litt., I. 446—355.
Sein Sohn Renatus Karl, 5.1751 zu Wien, that sich hervor als Fort-
setzer v. Häberlin's Deutscher Reichsgesch., Bd. 21—27, Frankf. 1798, 1799;
+ 1800.
Lit.: Stobbe, Rechtsquellen, I. 11. — Schulze, Einl. in das Deutsche Staatseecht,
S. 83. — Kriegk, Die Brüder S., Frankfurt 1869. — Preußische Jahrbb. XXIV. 758.
Te ichmann.
Seniorat. Für die Güter des Adels gilt in Folge von Hausstatuten, Ob-
servanzen oder Fideikommißstiftungen häufig das Prinzip der Individualsuccession,
welchem zufolge das Familiengut ungetheilt nur auf einen Erben übergeht. Mit-
unter ist diese Erbfolge nach dem S. geordnet, d. h. es ist stets das älteste der
erbberechtigten Familienglieder — ohne Rücksichtnahme auf Parentel und Grad —
zur Succession berufen. In Deutschland hat der S. für die Erbfolge stets nur eine
sehr vereinzelte Anwendung gefunden.
Lit. u. Gsgb.: Rudloff, De iure senü in familiis illustribus, 1769. — v. Salza
und Lichtenau, Die Lehre v. Familien-, Stamm= u. Geschlecht sideikommissen, §§ 77, 78.—
Wildner, Fideikommisse, 169. — Preuß. Allg. LR. II. 4 §§ 1 140.
Heinrich Brunner.