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Es soll also für die Wette noch charakteristisch sein, daß die Parteien verschiedene
Meinungen als richtig behaupten (vgl. auch Stobbe, a. a. O. S. 326).
Diese Verschiedenheit der Meinungen ist aber auch beim S. vorhanden, wenn
nicht in demselben eine Schenkung enthalten sein soll. Zwar werden beim
S. dieser Meinungsverschiedenheit gewöhnlich nicht Worte geliehen, aber sie ist
immer als vorhanden anzunehmen und ist sie vorhanden, so ist der Inhalt von
S. und Wette identisch. Wenn aber Stobbe (a. a. O. S. 326 Note) nicht auf
das Vorhandensein, sondern auf das Aussprechen der verschiedenen Meinungen Ge-
wicht legt, so giebt er doch damit zu, daß es den Spielern jederzeit möglich wäre,
durch die Beobachtung jenes Unterschiedes, also durch das ausdrückliche Aussprechen
verschiedener Behauptungen, das klaglose S. zum klagbaren Wettvertrage zu machen.
Thöl (Verkehr mit Staatspapieren 1855, S. 257 und a. a. O. § 304) hält es
für unmöglich, den Unterschied des S. und der Wette durch Abstraktion zu finden
und, indem er sich lediglich an das Römische Recht anschließt, gelangt er zu dem
Resultate, daß beim S. lediglich die Thätigkeit der Interessenten das Eintreten
oder Nichteintreten des (entscheidenden) Thatumstandes herbeiführe, während sich bei
der Wette die Interessenten passiv verhielten. Er sagt: „Der Vertrag, den zwei
Engländer schlossen, daß der Eine oder der Andere eine bestimmte Summe an den
Gegner verlieren solle, je nachdem von zwei auf das eine Ende eines Tisches gesetzten
Schnecken die eine oder die andere zuerst das entgegengesetzte Ende erreichen werde,
ist ein S. Hätten die Kontrahenten die Schnecken so vorgefunden, daß sie, die Kon-
trahenten, auch nicht im Mindesten auf die Entscheidung des Vertrages eingewirkt
hätten, so wäre es eine Wette gewesen.“ Die Ansicht Thöl's ist nach Römischem
Rechte berechtigt, an sich ist aber dieser Gegensatz weder ein logischer, noch ein
juristisch relevanter für die Frage, weshalb er beim S. Klagbarkeit, bei der Wette
Klaglosigkeit begründet. Andere, wie Wilda, Beseler, v. d. Pfordten suchen
den Unterschied zwischen S. und Wette in den Motiven. Das juristisch relevante
S. soll nur des Gewinnes beziehungsweise der Unterhaltung Willen getrieben, die
Wette nur zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit eingegangen werden. Gegen
diese Auffassung läßt sich einwenden, daß bei der Wette nicht weniger als beim S.
Zeitvertreib und Unterhaltung beabsichtigt sein kann und daß auch ein S. zum
Zwecke der Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit eingegangen werden kann. —
Bruck (a. a. O. S. 71) scheidet aus der juristischen Betrachtung die S. zum Ver-
gnügen völlig aus. Solche S., auch wenn sie um einen mäßigen Preis gespielt
werden, haben die Gesetze zu allen Zeiten erlaubt. Anders verhält es sich aber,
wenn Gewinn oder Verlust dem Vermögen droht, denn jetzt tritt das Spiel als sog.
Geld-S. in den Kreis der civilistischen Betrachtung und nun scheidet sich genau das-
jenige Verhältniß, welches das juristisch relevante Moment in sich trägt, von dem
unjuristischen. Dieses juristische Verhältniß wird begründet durch einen Vertrag
zweier Parteien, von welchen sich jede von beiden im Falle des Eintretens oder
Nichteintretens eines bestimmten, aber für die Parteien noch ungewissen That-
umstandes verpflichtet, etwas an die andere verlieren zu wollen. Eine genauere
Untersuchung dieses, das juristische Moment des Geld-S. in sich tragenden Verhält-
nisses ergiebt, daß in ihm alle charakteristischen Merkmale der Wette enthalten sind,
sodaß eine Scheidung des Geld-S. und der Wette dem Begriffe nach unmöglich ist,
indem das erstere eine Spezies des letzteren ist. Geld-S. und Wette sind also für
den Juristen völlig identische Begriffe; das eigentliche S. (im Gegensatze zum
Geld-S.) hat für ihn gar keine Bedeutung, es ist kein Rechtsgeschäft, es wird
vielmehr nur der in ihm liegenden Handlungen wegen betrieben, es ist Selbstzweck,
der Gewinn ist durchaus nicht Zweck, vielmehr das Resultat einer an das S. ge-
knüpften Wette, wonach die unterliegende Partei der siegenden eine gewisse Summe
verspricht. Das eigentliche S. interessirt den Juristen dabei nur, insofern es als
eins der unzähligen Entscheidungsmittel des eigentlichen Rechtsgeschäfts, der Wette,