Staatsanleihen. 733
gesonderten Bericht behufs Ertheilung der Decharge der von jener Kasse gelegten
Rechnungen.
Im Reich wurde anfangs die Einrichtung einer selbständigen Staatsschulden-
verwaltung beabsichtigt. Ueber die desfallsigen Entwürfe (1867 und 1868) kam in—
dessen eine Einigung mit dem Reichstage nicht zu Stande. Eine Aushülfe gewährte
das Reichsgesetz vom 19. Juni 1868, betr. die Verwaltung der nach Maßgabe des
Gesetzes vom 9. Nov. 1867 aufzunehmenden Bundesanleihe, welches die Kontrole
der Verwaltung dieser Anleihe der Preuß. Hauptverwaltung der Staatsschulden
übertrug und neben derselben eine Reichsschuldenkommission, bestehend aus je drei Mit-
gliedern des Bundesraths und des Reichstags, sowie dem Präsidenten des Rechnungs-
hofes, einsetzte. Für die später ausgenommenen Reichsanleihen ist in den betreffenden
Gesetzen jedesmal die Anwendung des Gesetzes vom 19. Juni 1868 vorgesehen.
Hervorzuheben ist, daß der § 1 des letzteren Gesetzes die unbedingte Verantwortlich-
keit der Hauptverwaltung auch darauf erstreckt, daß eine Konvertirung der Schuld-
verschreibungen nicht anders als auf Grund eines Gesetzes und nach Bewilligung
der erforderlichen Mittel vorgenommen werde. In Preußen bestand hierüber ein
aus Anlaß der Konvertirung von 1862 im Abgeordnetenhause entstandene Kon-
troverse.
Arten und Formen. — S. sind in allen Formen vorgekommen, in denen
das Privatrecht die Benutzung des Kredits zugelassen hat. Es können hier nur die
Grundformen hervorgehoben werden, in denen die modernen Staaten ihre Schulden
aufzunehmen pflegen.
Zunächst unterscheidet man: ob die S. eine schwebende Schuld (dette
fiottante) oder eine fundirte Schuld begründen, welche erstere auf kürzere Zeit
mit bestimmtem oder durch freie Kündigung festzusetzendem Termin, letztere dagegen
für längere Zeit oder formell für immer kontrahirt werden. — Die wichtigste hier
in Betracht kommende schwebende Schuld sind die sog. Schatzan weisungen.
Die Anleihen sind ferner unverzinsliche oder verzinsliche. Bei unver-
zinslichen Anleihen kann eine Vergütung durch Emission unter Pari oder Abzug
des Diskonto's vom Nominalbetrage (letzteres auch bei Schatzanweisungen ge-
bräuchlich), oder durch Gewährung einer Prämie der Rückzahlung (Lotterieanleihen)
gewährt werden. Bei Lotterieanleihen kommt auch Verzinsung (zu einem niedrigen Zins-
fuß) und gleichzeitig Prämie vor. Die prinzipiell verwerflichen Prämienanleihen
haben für Deutschland durch das RGes. vom 8. Juni 1871, betr. die Inhaber-
papiere mit Prämien, eine wesentliche Einschränkung erfahren. Nach § 1 dieses Gesetzes
dürfen Inhaberpapiere mit Prämien nur auf Grund eines Reichsgesetzes und nur zum
Zweck der Anleihe eines Bundesstaates oder des Reiches ausgegeben werden. Der
Handel mit neuen ausländischen Prämienpapieren ist durch jenes Gesetz verboten,
und auch ältere ausländische Papiere dieser Art von der behördlichen Abstempelung
im Inlande (bis 15. Juli 1871) abhängig gemacht — beides bei Strafe. Den
wichtigsten Theil der unverzinslichen S.schuld bildet das sog. Staatspapiergeld,
d. h. auf einen bestimmten Geldbetrag lautende, unter öffentlicher Autorität aus-
gestellte Werthzeichen. Das eigentliche Papiergeld ist uneinlösbar und hat
Zwangskurs, d. h. ist gesetzliches Zahlungsmittel (Papierwährung). Beifpiele: Die
Assignaten der Französischen Revolutionszeit, die Green backs von Nordamerika
(Gesetz vom 25. Februar 1862) 2c. Das eigentliche Papiergeld giebt der Staat
entweder selbst aus oder er versieht die Noten seiner Hauptbank mit Zwangskurs,
wie z. B. gegenwärtig die Noten der Oesterreichischen und Italienischen National-
bank, zeitweise auch der Bank von Frankreich. — Das uneigentliche Staats-
papiergeld dient neben Gewährung unverzinslichen Kredits zur Vermehrung ange-
messener Umtauschmittel. Es hat keinen Zwangskurs für den Privatverkehr, wird
aber von den Staatskassen zum Nennwerth in Zahlung angenommen oder gegen
baares Geld umgetauscht. In diesem Sinne hat das Deutsche Reich durch Gesetz