Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

788 Staatsanleihen. 
keit, und zwar privatrechtlich sowol, wie finanziell, ist die Art der Ausführung 
der Anleihen, die Begebung oder die sog. Emission. Es kann hier nur in Umrissen 
auf die verschiedenen Formen hingewiesen werden, in denen neuerdings die Kontrahi- 
rung von Anleihen stattzufinden pflegt. Früherhin war es allgemein gebräuchlich, 
daß eine Hauptobligation (mit Pfand= oder Hypothekenverschreibung) für einen 
Dritten (Bankier, Konsortium), welcher entweder Selbstverleiher oder Mandatar war, 
ausgestellt und diese in Theilbeträgen (Partial-Obligationen) zerlegt wurde. Gegen- 
wärtig bildet es die Regel, daß nur eingelne Schuldverschreibungen über gewisse 
Kapitalbeträge und Zinsenappoints oder über Rentenbeträge nebst Coupons ausgefertigt 
und an den Markt gebracht werden. Die Begebung der Anleihe (Emission) erfolgt 
entweder durch den Staat selbst oder durch eine Mittelsperson, wie in dem ersteren 
Fall die Regel ist. Die Arten der Begebung sind danach hauptsächlich folgende: 
Freihändiger Verkauf der Schuldverschreibungen seitens der Finanz- 
verwaltung direkt oder durch Vermittlung eines Bankinstituts. In dieser Weise sind 
in der Regel gleichzeitig nur geringere Beträge unterzubringen. Sie empfiehlt sich, 
wenn der Geldmarkt gut ist und keine dringenden Bedürfnisse von großem Umfange 
vorliegen. Besonders gebräuchlich ist diese Art der Begebung in England, wo die 
Finanzverwaltung von Zeit zu Zeit stocks (Rentencertifikate) auf den Markt bringt. — 
Volksanleihen im Wege böffentlicher Subskription. Im Prinzip ist dieses die 
vollkommenste Art der Begebung von S., da sie sich an die Gesammtheit wendet. 
Von derselben wird namentlich in Zeiten patriotischer Erhebung Gebrauch gemacht 
(Preußen 1859, Deutschland 1870), ihr Erfolg ist aber oft zweifelhaft. Diese Art 
der Begebung bildet in Frankreich die Regel. Das Rechtsverhältniß zwischen Staat 
und Subskribent richtet sich nach den veröffentlichten Bedingungen. — Börsen- 
anleihen; — der Darleiher (in der Regel ein Konsortium) übernimmt einen 
bestimmten größeren Anleihebetrag durch einen Vertrag, dessen Modalitäten sehr 
verschieden sein können. In der Regel verpflichtet sich der Darleiher unter Kautions= 
bestellung den Anleihepreis in bestimmten Terminen gegen Aushändigung der Schuld- 
titel (oder Interimsscheine) zu zahlen. Er vertreibt die Schuldtitel unter der Hand 
oder an der Börse, oder legt selbst eine öffentliche Subskription auf, welche letztere 
ihm im öffentlichen Interesse behufs Betheiligung des Gesammtpublikums in dem 
Begebungsvertrage zur Pflicht gemacht sein kann. Bei diesen Geschäften ist zu unter- 
scheiden zwischen dem Begebungskurs (dem Preis des Darleihers), dem Sub- 
skriptionskurs (dem Preis des zeichnenden Publikums) und dem Börsenkurs 
(dem wechselnden Verkehrspreis). Nach der Differenz dieser Kurse richtet sich der 
Gewinn der Betheiligten. Die richtige Abmessung des Begebungskurses bildet hierbei 
die Hauptschwierigkeit für den Staat. — Als eine besondere Art der Börsenanleihen 
erscheinen die Anleihen im Wege öffentlicher Submission. Es ist dieses ein 
Verding an den Hoöchstbietenden (in der Regel ein Konsortium). Ein Beifpiel neuerer 
Zeit bietet die in Oesterreich auf Grund des Gesetzes vom 25. März 1880 erfolgte 
Emission von 20 Millionen Gulden in Obligationen der durch Gesetz vom 18. März 
1876 geschaffenen 4 % igen Goldrente, welche mit gutem Erfolge durchgeführt wurde. 
Welche Art der Begebung dem Staate am vortheilhaftesten ist, richtet sich nach 
den jeweiligen Verhältnissen auf wirthschaftlichem und politischem Gebiete. 
Lit.: I. Finanzwirthschaftlich: Nebenius, Der öffentliche Kredit, 2. Aufl., 
Karlsr. 1829. — Dietzel, System der Staats-Anleihen, Heidelb. 1855. — Wirth, Grund- 
züge der National-Oekonomie, 3. Aufl., Bd. II. S. 653 (1869). — Ad. Wagner, Art. 
Staatsschulden, in Bluntschli's Staatswörterbuch (1867). — Nasse, Steuern und Staats- 
anleihen, in der Tübinger Zeitschr. f. d. gesammte Staatswissenschaft (1868). — Michaelis 
(Otto), Volkswirthsch. Schriften, Bd. II. S. 183 ff. (Berlin 1873). — v. Stein, Lehrbuch 
der Finanzwissenschaft, Bd. II. S. 340 ff. (4. Aufl., Leipzig 1878). — Für Preußen: 
Krug, Geschichte der Preuß. Staatsschulden, Breslau 1861. — Richter (Eugen), Das 
Preuß. Staatsschuldenwesen, Breslau 1869; Derselbe, Das Gesetz betr. die Konfolidation 
der Preuß. Staatsanleihen, Breslau 1870. — Bergius, Grundsätze der Finanzwirthschaft, 
2. Aufl., Berlin 1871, S. 623 ff. — II. Rechtswissenschaftlich: Laband, Das Finanz-
	        
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