Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

746 Staatsbeamte. 
Staatsbeamte. Beamter ist derjenige, welchem die Verwaltung eines Amtes 
anvertraut worden. Je nachdem das Amt ein privates oder ein Staatsamt ist, werden 
Privat= und Staatsbeamte unterschieden. Die Erklärung enthält selbstredend eine 
Definition des Begriffs „S.“ nicht, da sie sich auf den undefinirten Begriff eines 
Staatsamtes stützt. Es sind von der Wissenschaft und der Gesetzgebung vielfach 
Anstrengungen gemacht worden, eine erschöpfende Definition zu geben. So sagt 
z. B. Dernburg, § 198, daß Staatediener derjenige sei, der zum Staate behufs 
Verwaltung von öffentlichen Aufgaben (7) in ein besonderes Dienstverhältniß getreten 
sei; ferner Schütze, § 105, daß Beamter sei, wem ein vom Staate verfassungs- 
mäßig anerkanntes Amt (7) vom Staate selbst oder dessen dazu bestellten Organen 
anvertraut worden und zwar mit selbständiger Verantwortlichkeit für die Amtsführung: 
und v. Holtzendorff, daß unter einem S. derjenige zu verstehen sei, welcher die 
Berechtigung und Verpflichtung zur Vornahme gewisser auf den Staatszweck bezüg- 
licher, gesetzlich vorgeschriebener oder zulässiger Handlungen habe. Förster dagegen 
verweist den Begriff eines S. in das Staatsrecht und bezeichnet als einen solchen 
denjenigen, welchem von dem mit der Aemterhoheit bekleideten Inhaber der Staats- 
gewalt ein Amt (7) übertragen wird. Alle diese Definitionen sind nicht erschöpfend. 
Das Röm. Recht hat eine Definirung nicht für nöthig erachtet, sondern sich begnügt, 
gewisse Verpflichtungen zu bezeichnen, welche dem Beamten obliegen. Man wird 
auch jetzt von einer erschöpfenden und zugleich präzisen Definition absehen und sich 
mit einer näheren Bezeichnung der Pflichten und Rechte eines Beamten, also einer 
Umschreibung seiner Stellung begnügen lassen müssen. Der Staat nämlich hat 
seinen Angehörigen gegenüber sowol Rechte wie Pflichten, die im Allgemeinen überall 
dieselben, in ihren Ausläufen aber, je nach den einzelnen Staatsrechten und Ver- 
fassungen, verschiedene sind. Die mit der Ausübung dieser Rechte und der Erfüllung 
der Pflichten betrauten Personen sind die Staatsbeamten, oder, wie einzelne Landes- 
rechte nicht unzutreffend sich ausdrücken, die Staatsdiener. Diesem Gedanken folgend, 
hat das Preuß. Obertribunal in dem Erk. vom 25. März 1859 (Entsch. Bd. 42. 
S. 32) denjenigen für einen Staatsdiener erklärt, welcher den bestimmten Beruf von 
dem Landesherrn oder einem anderen durch ihn dazu Berechtigten empfangen hat, 
für einen der sog. Zwecke des Staats thätig zu sein. Die charakteristischen Merkmale 
eines Beamten müssen sonach einestheils in dem Umfange seines Berufs und dem 
Inhalte seiner Pflichten, anderntheils in dem Akte bzw. der Art seiner Anstellung 
gefunden werden. 
Im Allgemeinen unterscheidet man Militär= und Civilbeamte und bei den 
letzteren wiederum unmittelbare und mittelbare S., je nachdem der Inhaber der 
Staatsgewalt bei der Wahl und Ernennung derselben unmittelbar oder nur mittel- 
bar betheiligt ist. Die letzteren stehen im Dienst von kommunalen und staatlichen 
Verbänden und Korporationen oder auch von Standesherren und unterscheiden sich 
von anderen Bediensteten dieser Korporationen und Personen dadurch, daß durch die 
ihnen obliegenden Pflichten und ihre Dienste öffentliche Zwecke erfüllt werden sollen. 
Die Militärbeamten gehören in Deutschland zur Zeit zu den Reichsbeamten und 
interessiren daher hier nicht. Zu den Civilbeamten, und zwar zu den mittelbaren 
Staatsdienern zählt das Preuß. LR. II. 11 8§ 19, 96 auch die Geistlichen der 
evangelischen und katholischen Landeskirche. Diese Auffassung ist mit Recht angefochten 
worden (Schulze, Staatsrecht, S. 314) und in neuerer Zeit aufgegeben. Die 
Reichsgesetze, z. B. das Straf G., die CPO. u. a. m., nennen die Religionsdiener 
neben den Beamten. Auch in den Maigesetzen des Preuß. Landesrechts werden die 
Geistlichen nicht als S. angesehen. Dennoch aber werden gewisse Bedienteste privi- 
legirter Religionsgesellschaften nach Analogie der S. zu behandeln sein. 
Das die Stellung der S. begründende Recht ist die Anstellung bzw. Ernennung. 
Das Wesen und die Natur derselben ist verschieden, je nach der Person des Anstellen- 
den. Es hat nämlich die Staatsgewalt die Ausübung einzelner Rechte und Pflichten,
	        
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