Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

750 Staatsgerichtshof. 
laubniß der Landesregierung, bzw. eine zu Recht bestehende Staatsservitut kann die 
Behörden eines fremden Staates zu bestimmten obrigkeitlichen Funktionen innerhalb 
des S. autorisiren. Die Ausübung irgend eines Hoheitsrechtes durch eine fremde 
Regierung ohne eine solche Berechtigung ist eine Verletzung der Souveränetät des 
Staates und berechtigt zu der Anwendung aller der Mittel, welche das Völkerrecht 
einem in seinen Rechten gekränkten Staate gegen andere Staaten gewährt. 
Quellen: Deutsche Reichsverf. Art. 1, 11; Abs. 1, 3; Art. 4. — Preußen, Irfg 
Urk. Art. 1, 2, 48. — Bayern: Brfg.-Urk. Tit. Ul. § 1. — Sachsen: Brfg.-Urk. *§2 
Württember rfg.-Urk. §§ 1, * — Weimar: Revid. Grundgesetz § 4 sub 7. — 
Meiningen: Giaatsahundges. & 1, 2 — Koburg-Gotha: Staatsgrundges. § 113. — 
Braunschweig: Neue Landschasis. Ordn. 8 1. — gl- 
182, Art. 3881, 
Lit.: v. # sueber die Untheilbarkeit der Deutf en S. (Zeitschr. für Teutsches 
Staatärch herausgeg. v. Aegidi, Zd. 1 S. 5 ff.). — K. V. Fricker, Vom S., Tüb. 1 
v. Inama- Sterucen in der Zeitschr. f. d. gef. Staatswissensch., B. XXV. Heft 31 " — 
Uußerdem v A. Zachariä, Deutsches Staats= u. Bundesrecht, 3. Aufl., Bd. II. 3 5 3 
241, u. r p. Grunds. d. gem. Deutschen Staats-Rechts, 5. Aufl., Bd. II. 88 442 4 
vgl. mit *7# 385—397. — Laband, Das Staatsrecht d. Deutschen Reiches, Bb. J. 88 — — 
G. Meyer, Lehrb. des Deutschen rs § 74 S. 163, § 87 S. 191. — v. Rönne, 
Preuß. Staatsrecht, 3. Aufl., Bd. I. Abth. 1 S. 142—14, 45. 5 Note 6; Derselbe, 
Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, 2. Aufl., Bd. II. Abth. 2 307—309. 
F. Brockhaus. 
Staatsgerichtshof. Unter dieser Bezeichnung versteht man Verschiedenes: 
Entweder diejenigen Gerichte, welche, sei es als ständige oder gelegentlich eingesetzte, 
über Ministeranklagen zu entscheiden haben (s. d. Art. Ministerverantwort- 
lichkeit), oder solche Behörden, die über die Kompetenzkonflikte zwischen Justiz und 
Verwaltung erkennen (in Oesterreich: Reichsgericht nach dem Verfassungsgesetz vom 
21. Dezember 1867) oder die Ausnahmezjustiz für schwere politische Verbrechen. 
Letztere Bedeutung hatte der Preußische S. Die Neigung, politische Verbrechen 
nicht nur durch harte Strafbestimmungen im Kriminalrecht, sondern auch durch be- 
sondere prozessualische Abweichungen dem Rechtsgange nach auszuzeichnen, tritt in 
den Gesetzgebungen aller Völker hervor und zieht sich durch die Rechtsgeschichte der 
Griechen, Römer und sämmtlicher neueren Kulturvölker hindurch. Vor und nach 
der Französischen Revolution ist die Verfassungsgeschichte reich an Beispielen für die 
doppelte Bestrebung, einerseits die perfönliche Freiheit im höheren Maße zu 
sichern durch Garantien gegen politische Verurtheilungen, andererseits die öffentliche 
Ordnung zu wahren durch nachdrückliche Geltendmachung der herrschenden Gewalt 
im Strafprozeß. Während des Bestandes des Deutschen Bundes wurden zur Ab- 
urtheilung demagogischer Umtriebe Ausnahmekommissionen eingesetzt. Auch in 
Preußen ward 1835 das Kammergericht als Spezialgerichtshof in Staatsverbrechen 
eingesetzt. Entgegen dem ursprünglichen Inhalt der Verf. Urk. vom 31. Jan. 1850 
bestimmte das Gesetz vom 21. Mai 1852 Art. 3, daß ein besonderer Gerichtshof 
zur Aburtheilung schwerer politischer Verbrechen eingeseßt werden sollte. In Aus- 
führung dieser Bestimmung erging das Gesetz vom 25. April 1853, betreffend die 
Kompetenz des Kammergerichtes zu Untersuchung und Entscheidung wegen der Staats- 
verbrechen und das dabei zu beobachtende Verfahren. (Ueber die Frage der Ver- 
fassungsmäßigkeit s. Rönne, Staatsrecht der Preußischen Monarchie, 2. Aufl., I. 
2, 270.) — Für das Deutsche Reich kamen die Art. 74, 75 der Bundesverfassung 
in Betracht. Für den Hochverrath und den Landesverrath gegen das Reich war das 
Oberappellationsgericht zu Lübeck als zuständige Spruchbehörde in erster und letzter 
Instanz bezeichnet. Das zur näheren Bestimmung des Verfahrens verheißene Gesetz 
unterblieb im Hinblick auf die einheitliche Ordnung des gesammten Prozesses. Als 
S. fungirt nunmehr das Reichsgericht. Dasselbe ist in erster und letzter 
Instanz zuständig in Fällen des Hochverraths und Landesverraths, insofern diese 
Verbrechen gegen den Kaiser oder das Reich gerichtet sind (GVG. § 136). — In 
Frankreich bestand nach der Kaiserlichen Verfügung von 1852 art. 54, 55, dem 8S. 
enburg: Revid. Staatsgrundges. Art.
	        
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